Prolog
Wir tragen das Universum in uns. Es ist Teil von uns und tief in unseren unwissenden Seelen verwurzelt.
Ganze Galaxien schlummern in unseren Genen.
Sterne strahlen im Licht unserer Augen.
Planeten kreisen in unseren Köpfen umher wie ziellose Gedanken.
Eigentlich müsste mir beim Anblick des Nachthimmels mulmig zumute werden. Ich sollte mich klein und unbedeutend fühlen.
Stattdessen versetzt mich das Aufblitzen der Sterne in Euphorie. Meine Haut kribbelt und meine Finger tasten nach dem Himmel. Die Sterne sind Abertausend Lichtjahre entfernt, doch das hält ihr Licht nicht davon ab, auf meiner Haut zu tanzen. Mondschimmer fließt über die Arme und taucht mich in silbrigen Schein. In diesen Momenten strahlen meine Augen sicherlich im Licht fremder Galaxien.
Ich fühle mich mit allem verbunden. Mit dem Sternenschimmer, dem Mondlicht und der samtenen Schwärze des Universums. Die unersetzlichen Gegebenheiten des Kosmos sind aus demselben Stoff, den gleichen Atomen und Teilchen gesponnen wie ich. Wie wir alle.
Jeder Mensch trägt einen Teil des Universums in sich, ohne es zu wissen. Der Kosmos in unseren Köpfen leitet uns. Manche nennen es Zufall oder Schicksal. Ich weiß, dass es viel mehr ist. Die Universumsfragmente in unseren Körpern sind Naturgewalten, Überbleibsel fremder Welten, die stärker an uns zerren als die Anziehungskraft der Erde. Materie zerfällt niemals. Sie setzt sich immer wieder, ebenso wie die Fragmente, neu zusammen.
In uns vereinen sich die Milchstraße, die Sterne, alle toten Sonnen und der Urknall. Wir sind der Kosmos.
Mit der Geburt des Universums sind auch wir entstanden. Mir gefällt der Gedanke, dass wir Menschen die Funken sind, die der große Knall bei der Entstehung unseres Universums gesprüht hat, und dass der Kosmos seitdem unsere Wege lenkt.
Schließlich wird sich niemand jemals seinem inneren Universum widersetzen. Vermutlich, weil niemand weiß, dass es existiert.
Niemand, außer mir ...
Denn ich sehe das Miniaturuniversum in euren Augen strahlen und könnte innerhalb von Sekunden bis auf den Grund eurer Seele hinabschauen, um eure dunkelsten Geheimnisse zu ergründen.
Fremde Seelen werden auf meinen Befehl hin in ihre kleinsten Teilchen zerlegt. Meistens zeigt sich mir das Universum in einer Ahnung, dem Gefühl von gut und böse. Bezeichnet es ruhig als Bauchgefühl, doch an solche Dinge, die einem Zufall gleichkommen, glaube ich nicht, wie ihr wisst. Die Pläne des Universums sind zu durchdacht, um Zufälle zuzulassen.
Allerdings grenzt mein Wissen mich aus. Einmal auf den Seelengrund geschaut, bin ich kaum in der Lage, mich ihm zu entziehen. Neugierde wird durch Gewissheit ersetzt und Nähe kommt nicht zustande. Menschen sind kompliziert und verwirren mich. Ständig widersprechen sie sich, lügen oder verschleiern die Wahrheit. Dabei lese ich die Realität in ihrem Blick ab.
Deshalb bevorzuge ich die Sterne und den Nachthimmel gegenüber anderen Menschen. Sie sind ehrlich zu mir. Ihr Schein hat mich noch nie fehlgeleitet. Wenn ich zu ihnen spreche, dann spüre ich, dass sie zuhören. Sie leiten mich selbst durch die dunkelsten Stunden meines Lebens.
Seltsam, dass ich mich der Unendlichkeit des Weltalls verbundener fühle als Nachbarn oder meinen eigenen Eltern. Niemand versteht mich und im Gegenzug erwarte ich auch von niemandem Verständnis.
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LESEPROBE "Mondstaub und Sonnenstürme"
Fantasy"Stell dir vor, du siehst in die Augen deines Gegenübers und erblickst sein Universum. Du erkennst Gedanken, die wie Planeten in seinem Kopf umherkreisen. Gefühle, die sich in Sternenbildern auf seinen dunklen Pupillen abzeichnen. Geheimnisse, die s...