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Nur langsam sickert das gleichmäßige Geräusch der Regentropfen an meinem Fensterglas in meine Ohren.

Der stetige Rhythmus hat etwas beruhigendes an sich, holt mich aber dennoch aus meinem Schlaf.

Regen hatte früher immer eine beruhigende Wirkung auf mich. Ich habe aufgehört zu zählen, wie oft ich früher einen Spaziergang im Regen gemacht habe, wenn mich etwas belastet hat - dieser hat mich früher immer mit nassen Liebkosungen willkommen geheißen und mich ein Stück weit von meinen damaligen aktuellen Sorgen befreit. Er hat mich auf den Boden der Tatsachen gebracht und die schweren Gedanken aus meinem Kopf gespült, so, wie er auch alles andere reingewachsen hat.

Wenn Dinge in unserem Leben geschehen, die uns in die Knie zwingen und uns an dem Sinn zweifeln lassen, dann denken wir oft, dass es nicht mehr weitergeht, dass die Welt sich doch jetzt nicht mehr weiterdrehen kann, denn für uns ist sie doch zusammen gebrochen?! Aber die Welt dreht sich nicht um uns, wir sind nur klein und unbedeutend.

Nichts was passiert, ist so weltbewegend, dass nicht alles wie vorher weitergehen wird. Die Erde wird sich trotzdem weiter um ihre eigene Achse drehen und der Regen wird nach wie vor weiter fallen.

Dieser Gedanke spendet mir in gewisser Weise Trost.

Immer noch im Halbschlaf drehe ich mich zur anderen Seite und versuche, trotz des stetigen Trommelgeräusches und meiner mittlerweile erwachten Gedanken einzuschlafen.

Wäre ich doch bloß nicht aufgewacht, dann würde mir nicht schon wieder so viel durch den Kopf schwirren. Deswegen liebe ich Schlafen. Eben genau, weil die Gedanken für einen Moment verschwinden und ich einfach bloß in ein großes Nichts eintauche, die Stille genieße und der Realität entfliehe. Zumindest so lange, bis mein Wecker mich wieder zurück in die reale Welt befördert, indem er seinen nervtötenden Ton von sich gibt.

Ich habe, als ich vor ein paar Wochen einmal die Zeitung studiert habe, gelesen, dass ›der Schlaf ein unvollständiger Vollzug des Todes ist.¹‹

Und wenn sich also der Schlaf, welcher nur eine Vorstufe vom Tod ist, schon so wundervoll anfühlt, dann möchte ich nicht mehr leben, denn dann ist der Tod das Paradies, oder nicht?

So ist solch süßliche Ruhe doch tausendmal angenehmer, als das Leben auf der Erde. Ist das nicht eine schöne Vorstellung?

Nun ist es doch endgültig um meine Ruhe geschehen.

Ein Blick aus dem Fenster verrät mir nicht viel, da durch den Regen alles zu einer grauen Wand verschwimmt, welche einzeln von den bunten Lichtern der Umgebung beleuchtet wird.

Ich will mich gerade aus meiner Decke schälen, als plötzlich ein greller Blitz das triste Grau erleuchtet.

Wie erstarrt bleibe ich sitzen. Normalerweise würde ich mich sofort voller Begeisterung an das Fenster setzen und förmlich an der Scheibe kleben, um das Naturschauspiel in mich aufzusaugen, so, wie ich es früher immer getan habe, aber jetzt kann ich nichts anderes, als verängstigt meine Fingernägel in meine Handflächen zu graben.

Nur wenige Sekunden später zerreißt auch schon ein lautes Donnern das gleichmäßige Geräusch des Regens. Ich versuche gleichmäßig zu atmen und das aufsteigende Gefühl von Panik zu unterdrücken, aber die Angst kriecht mir mit ihren Spinnenfingern meine Wirbelsäule hinauf und setzt sich in meinem Kopf fest.

Es kommt mir vor, als hätten sich meine Kopfschmerzen in der vergangen Minute verdoppelt und auch mein Herzschlag ist rapide angestiegen.

Als ein nächster Blitz aufleuchtet und von einem peitschenden Donnern begleitet wird, zucke ich wieder verängstigt zusammen und merke, wie Tränen in meine Augen treten.

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