Kapitel 4

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Tatsächlich schaffte Julia es, das Spiel Löwen gegen Kiel zu schauen. Und es war wie immer, Steppi wurde nicht eingesetzt, sondern saß hinter der Spielerbank. Wenn er doch mal in ein Kamerabild rutschte, verriet sein missmutiger Blick, dass ihn seine Rolle nicht besonders freute. Er hatte den Kopf auf die Hände gestützt und verfolgte das Spielgeschehen. Die Löwen gewannen das Spiel knapp und die Freude darüber war groß.

Kaum 24 Stunden später saß Julia wieder mit ihren Schülern in dem heute sehr stickigen Unterrichtsraum zusammen. Das Wetter drückte zusätzlich zu den Reisestrapazen noch auf die Stimmung, es wurde kaum gelacht. Trotzdem wollte es Julia professionell durchziehen und kündigte wieder eine Partnerübung an.

"Steppi, kann ich dich wieder mit Mads zusammenstecken? Ein paar Sätze über dein Zuhause in Island kannst du auf Deutsch auch schon, das weiß ich."

Sie versuchte zu lächeln, aber Steppi schien ihr gar nicht zugehört zu haben. Sein Blick war fest auf ein Fenster geheftet und er wirkte tief in Gedanken versunken. Julia berührte ihn sanft am Arm. "Steppi? Ist alles in Ordnung mit dir?".

Davon schreckte er schließlich auf und musterte Julia im ersten Moment verwirrt. "Ähm, ick denk schon, hat du was gesagt? Tut mir leid, ick habe gerade nachgedacht, ick habe nicht zugehört."

"Das habe ich gemerkt. Willst du drüber reden?".

Steppi schüttelte nur abwehrend den Kopf, dann ging er hinüber zu Mads, der ihn zu sich winkte. Auch er musterte ihn kritisch, sagte aber nichts zu ihm sondern erklärte, welche Übung sie zu machen hatten. Obwohl Steppi offenbar nicht zugehört hatte, schüttelte er die deutschen Formulierungen einfach aus dem Ärmel. Wenn Mads in einem Jahr auch so gut Deutsch könnte, nahm er sich vor, dann hätte er es wirklich geschafft.

"Viel Erfolg nächste Woche", verabschiedete Julia später alle und mit erleichtertem Seufzen verschwanden die Collegeblöcke voller Grammatikregeln schnell vom Tisch. Harry und Mads winkten zum Abschied, während Steppi mit den Händen in den Hosentaschen im Raum stand und vor sich hin starrte. Heute war er fast die ganze Zeit völlig abwesend gewesen, fiel Julia im Nachhinein auf und sie beschloss ihn darauf anzusprechen. "Steppi, magst du jetzt vielleicht reden? Du schaust irgendwie nicht glücklich aus. Wenn es nicht zu privat ist, kannst du gerne mit mir reden."

Mit kritischem Blick verlagerte Steppi sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen. "Ick weiß nicht. Dein Angebot ist nett, danke, aber ick will dir nicht die Zeit nehmen, und ob das dann helfen würde weiß ick auch nicht. Ick glaube das ist einfach nur Frust und damit das besser wird, muss ich an mir arbeiten."

"Ach, Zeit nehmen, so ein Quatsch", winkte Julia ab, "so viel Zeit habe ich gerade noch. Kann es sein, dass du wegen dem Handball gefrustet bist? Einsatzzeiten?". Steppi hob die Augenbrauen. Er hätte nicht geglaubt, dass sie sich so gut auskannte. "Woher weißt du das denn? Das war sozusagen ein Volltreffer."

Julia grinste nur und hob die Schultern. "Also wenn man die Spiele ein bisschen verfolgt sollte das einem auffallen. Wir könnten uns hier um die Ecke ein bisschen an das Neckarufer setzen und quatschen, was meinst du? Ich denke das würde dir gut tun."

Steppi verwirrten die widersprüchlichen Signale. Eigentlich hatte sie nie Zeit wegen der Arbeit. Aber jetzt auf einmal doch. Er machte sich Hoffnungen,vielleicht mochte sie ihn ja besonders gerne, . Mit einem kleinen, seligen Lächeln auf den Lippen sagte er zu. Gegen eine Verabredung war absolut nichts einzuwenden. Gemeinsam spazierten sie ein paar Straßenecken weiter, dann über die große Hauptstraße direkt auf das Ufer zu.

Die Wiese war radikal kurz gehalten und bevölkert von einer großen Menge junger Leute, die das schöne Wetter genossen. Manche grillten sogar und ab und an fuhr ein Touristenschiff vorbei, dessen Gäste den Landratten zuwinkten.

Omnia vincit Amor I-FeelingsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt