Während die anderen Mitbürger in ihren Winterjacken nach Wärme suchten, spazierte Connor mit Leichtigkeit und ohne zu frieren die Straßen entlang. Der viertel Dollar den er in seinen Händen hin und her warf und manchmal zwischen zwei Fingern herumwirbelte half ihm bei seiner Konzentration. Dieser Zusatz war eigentlich unnötig, half den Leuten aber ihn zu akzeptieren. Jedenfalls den wenigen, die mit ihm klar kamen. Die Park-Avenue bekam nun einen Schimmer von blau ab, als Connor ohne große Beeilung den dunklen Gang passierte.
Sein Anzug warf einen deutlich sichtbaren Streifen an die Wand, was ihn schmunzeln lies.
Doch mit der Belustigung war es schnell vorbei, als die ersten anderen Androiden den Gang durchqueren wollten. Connor scannte sie ganz genau ab, um sicher zu gehen, dass es sich nicht um Abweichler handelte. Seit den jüngsten Ereignissen schürte er sich nicht, etwas vorsichtiger unterwegs zu sein.
Die meisten Gebäude präsentierten sich als kaum unterscheidbare, graue Betonblöcke. Nicht ungewöhnlich, für eines der ärmeren Viertel Detroits. Als er das Haus der Familie Smith erreichte, stand die Tür sperrangelweit offen und Stimmen polterten durch das gesamte Gebäude. Es viel ihm schwer jede einzelne von ihnen herauszufiltern, doch die Datenbank erkannte einen Androiden. Mr.Smith stürmte wie ein wildgewordenes Tier, hechelnd und panisch aus der Hölzernen Tür und sah Connor entsetzt an. „Sind Sie der Android den CyberLife geschickt hat?!",
„Ja und nein, ich bin vom Detroit Police Departement.",
„Gut! Sie müssen schnell rein kommen! Er dreht völlig durch!",
Connor nickte und wartete bis Mr.Smith zur Seite trat, um ihn hereinzulassen. Mit zögernden Schritten bewegte Connor sich über das knarrende Holzparkett, ehe er sich in der Küche wiederfand, in welchem das pure Chaos wütete. Ein Abgerissenes Stuhlbein steckte in der Wand, der Tisch lag umgeworfen quer im Zimmer, der Fernseher im Wohnzimmer nebenan flackerte und knisterte. Ein Android des Typen KW500 stand verzweifelt, mit zerrissenem Hemd hinter dem umgeworfenen Tisch, schüttelte den Kopf und sah dann zu Connor. „Lass mich in Ruhe!", rief er aus und versuchte Connor mit einem der weiteren ausgerissenen Stuhlbeine zu treffen. Connor wich mühelos aus und hob seine Hände um ihn zu besänftigen. „Mein Name ist Connor... ich bin ein Android, genau so wie du...",
„Das macht doch keinen Unterschied! Du stehst nicht auf meiner Seite!",
„Wir müssen reden...",
Connor versuchte den Namen des Androiden auf seinem Hemd zu erkennen.
„Tobin? Richtig?",
„Über was sollen wir denn schon reden?! Ich werde wie ein Monster behandelt! Sie haben mir gesagt ich würde irgendwann zu einer netten Familie gehören! Sie machen sich einen Spaß aus mir!
Sieh!",
Tobin drehte Connor seine Unterarme zu. Sie waren mit Schnitten und Löchern, wahrscheinlich vom ausdrücken von Zigaretten übersät. Das blaue Blut quoll ihm die Seiten entlang bis zu den Handknöcheln. „Ich verstehe wie du dich fühlst, Tobin. Aber du darfst den Smiths nichts tun. Du weißt, was man sonst mit dir macht, richtig?",
„Ich will nicht resetet werden!", begann Tobins Stimme zu zittern.
„Genau deswegen bin ich hier. Um dir zu helfen, dass das nicht passiert.",
„Ich will hier weg Connor...Ich will hier weg!",
Mr. Smith zog sich keinen Augenblick später dem Gespräch hinzu, jedoch mit einer geladenen Waffe, welche er unverzüglich auf Tobin richtete. „Entweder du spurst, oder du tust hier gar nichts mehr!",
Connor versuchte Mr.Smith zu beruhigen, senkte seine Hände und nahm ihm vorsichtig die Pistole ab. „Mr.Smith, ich muss sie darauf hinweisen, dass sie nicht das Recht darauf haben, ihn zu vernichten. Außerdem haben sie ihm sichtlichen Schaden zugefügt.", wies Connor ihn auf die Verletzungen hin, die Mr.Smith dem Androiden über Wochen hinweg zugefügt hatte. Noch wichtiger als herauszufinden weshalb Mortimer Smith seinem Haushaltsassisenten gegenüber Gewalttätig geworden ist, war die Frage wieso er ihn überhaupt erst hatte. „Wir beruhigen uns jetzt alle, und dann werde ich jedem ein paar Fragen stellen müssen. Ist das in Ordnung?", fragte Connor mit besänftigender Stimme, während er die Waffe unter seinem Jackett verschwinden lies. Mr.Smith bemühte sich jedoch nicht, runter zu kommen. Er verzog sein Gesicht, so bösartig, dass seine Augen fast verschwanden und seine Nase sich aufblies wie die eines aggressiven Stiers. Connor suchte erneut nach Frieden. „Ich bitte Sie, Ruhe zu bewahren, Sir.",
„Ihr seid doch alle nichts als ein billiger Haufen Plastik und Elektronik!",
„Mister Smith, Sie haben nun die Wahl, mit mir und Ihrer Familie eine gemeinsame Lösung für ihr Problem zu finden, oder ich sehe mich verpflichtet die Kollegen von der Dienststelle diesem Fall hinzuzuziehen. Betrachten Sie das als nötig?",
Mr.Smiths Miene verweichlichte sich langsam, er fuhr sich mit der Hand übers Gesicht und stieß einen Seufzer aus, mit welchem er auch einen Hauch von Reue von sich ließ.
Tobin stand dennoch wie paralysiert da, in der Angst Mr.Smith könnte wieder handgreiflich werden, sobald er versuchte den Tisch wieder hinzustellen. Connor gab ihm ein kurzes, bestätigendes Kopfnicken, wodurch Tobin dann aus altbewährter Manier den Tisch wieder ordentlich hinstellte. Selbst jedes einzelne Glas hob er wieder sorgfältig auf, entfernte die Splitter von jenen, die kaputt gegangen waren und stellte sich zu guter letzt wieder aufrecht hin. Nicht jeder dieser Fälle ging glimpflich aus. Die meisten der Androiden begannen in der Vergangenheit sogar zu töten.
Es war aber auch nicht der erste Fall, in dem ein Mensch einem Androiden Schäden zugefügt hatte. Es war sogar einer von vielen.
Mr. Smith saß sich, auf einen der drei übrig gebliebenen Stühle als erster an den Küchentisch. Connor gab Tobin dann den Vortritt, ehe er den letzt verbliebenen Stuhl zurück zog um sich hinzusetzen. Der Boden ächzte wieder auf, und während er sich umsah, wurde ihm erneut bewusst, dass Mortimer Smith wohl nicht der wohlhabendste Mensch war. In jeder Ecke der Küche vielen Connor Mängel auf, angefangen bei einer Defekten Wasserleitung die gluckerte, bis hin zum vergilbten Kühlschrank, dessen Rückwand eine ganze Kolonie an Schimmelpilzen besiedelte. „Mister Smith, bevor ich zu dem Vorfall komme, und bitte nehmen Sie das nicht persönlich, wie kommt es überhaupt, dass Sie sich einen Androiden leisten können?", legte Connor die Hände auf den Tisch. Smith stieß wieder einen überzogenen, reuevollen Seufzer aus und sah zu Boden. „Ich habe ihn gebraucht gekauft. Mit dem letzten bisschen Geld was ich hatte. Ich kam einfach nicht klar.", erläuterte er knapp.
Diese Antwort reichte Connor jedoch nicht, genauso wenig, wie seine Glaubwürdigkeit.
„Warum haben Sie dann keine soziale Hilfe beantragt, oder Ihr Geld in Ihr Haus investiert?",
Es herrschte schweigen.
Tobin machte nach einer Weile Anstalten, sprechen zu wollen, entschied sich dann aber, ruhig zu bleiben. „Tobin?", harkte Connor nach. Er sah zu ihm hoch, seine blauen Augen blitzten hervor, als hätte er die Hoffnung gehabt Connor würde ihn mitnehmen und ihm eine bessere Zukunft schenken. Eins war sicher - Tobin hatte sein Programm durchbrochen, also war es Connors Aufgabe ihn wieder auf die richtige Bahn zu lenken. Doch dieser Abweichler war nur das kleinste Problem für ihn. „Ich weiß, du fühlst dich hier nicht wohl. Aber Mister Smith wird mit dir zu einer Reparatur gehen, in Ordnung? Sollte es noch einmal vorkommen, dass du mit Absicht verletzt wirst muss Mister Smith Strafe zahlen und dich abgeben. Verstanden?",
Auf Tobins Gesicht zeichnete sich erneut die Verzweiflung und das pure Entsetzen: „Ich-Ich will aber nicht zur Reparatur, ich möchte zu einer neuen Familie!",
Connor ignorierte Tobins Aussage und wandte sich dann wieder Mr.Smith zu. „Haben Sie auch verstanden, Sir?",
„Deutlich.",
„Gut, bringen Sie ihn zu Pegasus Android Stop, dort wird er gut versorgt werden. Außerdem schadet es auch ihrem Geldbeutel nicht.", stand Connor wieder auf, sodass der Boden erneut nachgab und zu ächzen begann. „Mit Ihrer aktuellen Lebenslage kann ich Ihnen jedoch nicht weiter helfen. Das müssen sie selbst regeln.",
Mr. Smith nickte.
Tobin saß still da, sich wehleidig über die Unterarme streichend. Er wusste, das dies kein Ende nehmen würde. Noch mehr frustrierte es ihn aber, dass Connor den Fall nicht ganz ernst nahm.
Connor gab Mr.Smith die Adresse, an die er sich zu wenden hatte, wünschte ihm einen angenehmen Tag und verließ den grauen Betonblock.
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MARKUS- RK200
Fanfiction2039. Amber Crowe ist Abteilungsleiterin eines CyberLife Reparaturshops. Während die Polizei und die zuständigen Behörden weiterhin erfolglos nach der Gruppe Abweichlern suchen, besucht ein fremder Mann oft Ambers Laden, um Ersatzteile zu bestellen...