~*~ Gold 'n Ruby ~*~

147 8 10
                                    

Ruby's Sicht

Der Wind donnerte gegen die Fenster, sodass sie fast zu zerspringen drohten. Von den bis vor kurzem noch ruhig in der Luft tanzenden Schneeflocken waren nun nur noch weiße Massen geblieben, die sich in jeder Ecke, die sie finden konnten, festsetzten, nur um sogleich wieder weggestürmt zu werden.

Ich war froh, nicht dort draußen sein zu müssen. Stattdessen saß ich gemütlich im Warmen und ging meiner Strickarbeit nach.

Meine Eltern waren am Mittag außer Haus gegangen und sich, als der Sturm begonnen hatte, entschieden, dass sie diese Nacht wohl nicht zu Hause verbringen würden.

Nun, das sollte mir nur recht sein. So konnte ich einen ungestörten Abend für mich alleine verbringen. Das dachte ich jedenfalls.

Leider hatte ich da die Rechnung ohne den Besucher gemacht, der plötzlich an meiner Tür klingelte.

Was um alles in der Welt machte jemand bei diesem Unwetter da draußen?

Seufzend stand ich auf und begab mich hinunter zur Wohnungstür. Wahrscheinlich hatte der Wind nur irgendetwas gegen die Klingel geworfen.

Doch als ich die Tür öffnete, kam mir nicht nur der eiskalte Wind entgegen, sondern mit einem Mal lag mir auch ein gewisser Jemand mit goldenen Augen zu Füßen. Er musste sich gegen die Tür gelehnt haben.

„Was machst du hier?", wollte ich von meinem Senior wissen, als ich die Tür wieder schloss und so den eisig kalten Wind aussperrte.

Gold lächelte mich schwach an. Seine Klamotten waren völlig hinüber, unter seiner Kappe standen seine sonst so gestylten Haare in alle Richtungen ab. Er hatte sich seine Schutzbrille aufgesetzt, deren Gläser mittlerweile fast vollständig vereist waren.

Anstelle einer Antwort holte er etwas unter seiner für diesen Wind viel zu dünnen Jacke hervor; es war ein Pokémon-Ei.

Ich starrte abwechselnd ihn und das Ei an, unfähig, auch nur einen Ton von mir zu geben. Ich wusste ja, dass Gold ein hoffnungsloser Fall war, doch dass er mit einem Ei bei diesem Wetter da draußen umhergeisterte.. das ging einfach zu weit. Wie konnte er bloß so soregnfrei sein?

Dennoch brauchte er nichts zu sagen, ich verstand auch ohne Worte dass das Ei schnellstmöglich gewärmt werden musste.

Also sprintete ich los und kramte allerhand warme Decken hervor, um etwas Warmes um das Ei legen zu können. Das Pokémon sollte nicht noch vor seiner Geburt sterben müssen, indem es erfror.

„Das war Rettung in letzter Sekunde", meinte Gold grinsend, nachdem er das Ei fürsorglich in die Decken eingewickelt hatte und nun in seinen Armen hielt.

„Das kannst du laut sagen", erwiderte ich mit strengem Blick. „Wie kommt es, dass du bei diesem Sturm draußen unterwegs bist? Und dann auch noch mit einem Ei?!"

Gold sah etwas genervt aus dem Fenster in die stürmische Dunkelheit. „Ich sollte ein Ei aus der Pension in Hoenn nach Johto bringen, als es gerade angefangen hat. Sieh mich nicht so an! Ich kenne mich hier nicht aus, also bin ich zu dir gekommen."

Dass er auch einfach in ein Pokémon-Center hätte gehen können schien ihm nicht in den Sinn gekommen zu sein.

Ich seufzte. Ich fragte mich immer noch, wie man ausgerechnet ihm den Titel eines Züchters gegeben hatte. Gold war der rücksichtsloseste Trainer, den ich kannte. Doch zugegeben machte ich mir Sorgen um ihn. Immerhin hätte wer weiß was bei diesem Sturm passieren können.

„Wie auch immer, du solltest dich umziehen, bevor du dich noch erkältest", meinte ich etwas genervt.

Gold sah sich seine durchnässten und mit Schnee bedeckten Anziehsachen an und schien erst jetzt zu realisieren, wie er eigentlich aussah.

Gold 'n RubyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt