Ich freute mich richtig darauf, dad wiederzusehen. Immerhin war es schon 10 Jahre her. Mom und dad hatten sich schon scheiden lassen, bevor meine kleine Schwester überhaupt geboren war und danach hatte sie ein Kontaktverbot ausgesprochen. Sie wollte nicht, dass er uns in Gefahr bringt oder ähnliches. Damals war ich acht und hatte es noch nicht so richtig verstanden, jetzt war ich 18, verlobt und hatte etwas mehr Ahnung von der Welt. Aber ich hatte keine Ahnung, wie ich meinem Vater nach 10 Jahren gegenüber treten sollte...
Charlie schien sich darüber keine großen Gedanken zu machen, sie unterhielt sich angeregt mit einem Jungen in ihrem Alter über die Artenvielfalt im Park. Neben dem kleinen Jungen stand ein größerer Junge, der höchstens ein Jahr jünger war als ich. ,,Kleiner Bruder?", fragte ich ihn und deutete dabei auf den kleineren. ,,Jap", erwiderte er, ,,Ich bin Zach." ,,Ich bin Blue und vergeben", antwortete ich aufgrund seines arroganten Grinsens. ,,Bin ich auch", erwiderte er und wandte sich wieder ab. Ich tat es ihm gleich, während sich die kleinen weiter über den Park und die unterschiedlichen Saurier unterhielten. Endlich legte das Schiff an. Ich griff mir meinen Koffer und Charlie tat es mir nach, dann gingen wir noch gemächlich vom Schiff runter. Erst als ich dad erkannte, rannte ich mit meinem Koffer in der Hand los und rief ihm entgegen: ,,Daddy!" Ich stürzte mich in seine Arme und er hob mich ein kleines Stück hoch. ,,Blue?", fragte er belustigt, als er mich wieder runter ließ, ,,Mein Gott, du bist ja ordentlich in die Höhe geschossen." ,,Es sind ja auch 10 Jahre vergangen", schniefte ich und wischte mir verstohlen eine Träne aus meinem Augenwinkel. ,,Dad!", rief dann auch Charlie aus und stürzte sich dann ebenfalls in seine Arme. ,,Charlie?", fragte er noch erstaunter und dann zog er auch mich wieder in seinen Arm, ,,Meine wunderschönen Engel." Es tat gut wieder von ihm im Arm gehalten zu werden. Das hatte ich sehr vermisst.
Er ließ uns beide wieder los und erklärte dann: ,,Bevor ihr euch bei mir einnisten könnt, muss ich aber nochmal zu meinen anderen Schätzen." ,,Was sind denn das für Schätze?", fragte Charlie, neugierig wie sie war. ,,Raptoren", antwortete dad und hob unsere Koffer wieder an, ,,Zwei von ihnen hab ich nach euch benannt. Blue ist das Beta-Tier." ,,Und wer ist das Alpha-Tier?", fragte meine Schwester, die Dino-Expertin. ,,Neben dir kleine", erwiderte dad grinsend und ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen. ,,Übrigens, Blue ist verlobt", platzte Charlie natürlich auch schon raus. ,,Ach tatsächlich?", fragte dad dann an mich gewandt, während ich meiner Schwester einen Todesblick zuwarf, ,,Ist der Typ denn auch gut genug für dich?" ,,Ja, dass ist er dad", erwiderte ich lachend, ,,Aber er wird dich niemals übertreffen." ,,Ha", meinte dad triumphierend, ,,Das kann er mit Sicherheit nicht." Wieder musste ich lachen. Ich hatte dad so vermisst. Er war einfach nur obercool.
Nachdem wir eine Weile mit einem Truck gefahren waren, kamen wir an einem ziemlich großen Gehege an. Wir durften uns nach oben zu dad auf die Brücke stellen und ihm zusehen. Erst wurde ein Schwein frei gelassen, dann hörte man schon das Rascheln in den Büschen. ,,Raptoren, Raptoren, Raptoren!", quietschte Charlie vergnügt. ,,Ist sie auf Zucker?", fragte dad und sah mich dezent verstört an. ,,Sie ist zehn, sie ist dauernd auf Zucker", erwiderte ich. Das veranlasste dad zu einem kurzen Lachen. Dann wandte er sich den Raptoren im Gehege zu und sagte bestimmend: ,,Halt!" Und tatsächlich blieben die vier stehen. ,,Charlie, ich seh dich!", fuhr er fort, ,,Hey, Delta, ruhig! Echo, lass den Scheiß! Gut. Das ist verdammt gut. Siehst du Charlie, dann kriegst du auch was!" Und damit griff er in den Eimer, der am Gelände hing und warf dem einen Raptor eine tote Maus zu. Der fing sie mit dem Maul auf und weg war sie. Bei zwei weiteren lief es genauso. ,,Blue", sagte er dann zum letzten, ,,Die hier ist für dich." Und damit flog eine weiße tote Ratte ins Gehege. Perfekt gefangen und weg war sie. ,,Halt!", sagte dad wieder im Befehlston und hob die Hand, ,,Seht mich an!" Tatsächlich sahen sie ihn gebannt an, bis er die Hand nach unten zog und sie weiter rannten. ,,Das ist der Oberhammer", hauchte ich, ,,Blue ist der Oberhammer." ,,Nein, Charlie ist viel cooler!", warf meine Schwester mit trotzig verschränkten Armen ein. Ich hörte dad lachen, genau wie einen anderen Typen, der dann noch sagte: ,,Das ist echt Wahnsinn." ,,Ja, hat leider nicht immer ein gutes Ende", erwiderte dad. ,,Wer sind denn die beiden Mädels?", fragte der andere Typ dann. ,,Meine Töchter", antwortete dad und während ich zu den beiden rüber sah, lehnte sich Charlie ein Stückchen übers Gelände, um die Raptoren zu entdecken, ,,Die große ist Blue und die Kleine, die besser weg vom Geländer sollte, ist Charlie." Und tatsächlich zog Charlie sich vom Geländer zurück. Noch ein Typ kam dazu. Ganz schön... Wohlgenährt. ,,Owen!", rief er dad zu, ,,Lange nicht gesehen." ,,Wir hatten viel zu tun", erwiderte dad. ,,Nicht zu viel, um ihre Gehaltschecks einzulösen. Die Viecher fressen ihnen aus der Hand", sagte er zu dad. ,,Was steht als nächstes an?", fragte dad ihn. ,,Ein Feldversuch", antwortete das Pummelchen. ,,Wir machen endlich Fortschritte und das erste was er sagt ist, macht ne Waffe draus?", warf der andere Typ ein. Berechtigt. ,,Diese Tiere können viele Tausend Mann Bodentruppen ersetzen. Und gerade haben wir gesehen, dass sie auf Befehle reagieren." ,,Heute war ein guter Tag, dass ist nur nicht immer so", erwiderte dad. ,,Ja, aber seien wir mal ehrlich", fuhr Pummelchen fort, ,,Wenn ein Krieg ausbricht, ist diese ganze schicke Technik nutzlos. Dronen können keine Tunnel oder Höhlen erforschen. Und können gehackt werden." ,,Aber sie fressen sie wenigstens nicht, wenn sie vergessen, sie füttern", gab dad zurück, ,,Und was ist, wenn sie die Kontrolle verlieren?" ,,Dann zeigen wir ihnen, wer sie hat und terminieren die Ausreißer", antwortete Pummelchen doch ernsthaft, ,,Sie züchten nur loyale Gattungen." Und nicht nur ich fing an, zu lachen. ,,Was ist denn daran so witzig?" ,,Wissen sie Hoskins", antwortete dad, ,,Sie kommen hierher und lernen nichts über diese Tiere. Nur das, was sie lernen wollen." Und damit ging er mit diesem Hoskins die Treppe runter, ins Zwischengehege. ,,Ein Schwein ist ausgebrochen!", brüllte irgend ein Typ und kam mit einer Metallschlinge ans Geländer gerannt. Er bekam sie ums Schwein rum, aber das kleine Tierchen war so schnell unterwegs, dass es den Typen mit runter ins Gehege zog. Er versuchte sich an mir festzuhalten, doch zog mich damit nur mit sich. Ich landete dank des jahrelangen Parcourslaufens geschmeidig auf meinen Füßen, während der andere voll seinen Hintern fiel. Und schon in der nächsten Schreckenssekunde standen die Raptoren vor uns. Charlie holte schon mit ihren Klauen aus. Ich duckte mich weg, aber sie erwischte mich noch an der Wange und ich spürte das Brennen und das Blut. Ich hörte, wie das Gatter aufging und dad stellte sich zwischen uns und seine Raptoren. ,,Hey, Delta!", sagte er wieder im Befehlston und mit erhobener Hand, während ich langsam rückwärts auf das Gatter zu kroch, ,,Geh zurück. Blue, bleib schön da stehen! Hey, Charlie, ich seh dich, bleib zurück!" Mittlerweile hatten der andere Typ und ich uns hinter dem Gatter in Sicherheit gebracht. ,,Schließ das Gatter", sagte dad ganz leise zu seinem Kumpel. Der erwiderte darauf: ,,Hast du einen Vollknall?" Genau mein Gedanke! ,,Das Gatter schließen!", winselte der andere Typ neben mir. Und das Gatter wurde langsam wieder geschlossen. Dad wartete noch genau eine Sekunde, dann rannte er los und mit einer Rolle unter dem Gatter durch, brachte er sich gerade noch so in Sicherheit. Dad sah noch einmal mit einem verständnislosem Blick diesen Hoskins an, wandte sich dann an mich und fragte: ,,Gehts dir gut Baby?" So hatte er mich früher immer genannt. ,,Ja, alles bestens", erwiderte ich, zog mein Hemd aus (ich hatte noch ein Top drunter) und presste es auf die Wunde. Ach du scheiße, tat das weh! ,,Haben sie sich nicht mal gefragt, wieso die Stelle überhaupt frei war?", fragte dad den anderen Typ, der immer noch neben mir auf dem Boden saß, der darauf den Kopf schüttelte, ,,Ach und eins noch. Stehen sie niemals mit dem Rücken zum Käfig." Wie auf Kommando schnappte Blue durch die Gitterstäbe, während ich mich endlich wieder auf die Füße kämpfte. Und im nächsten Moment stürmte meine kleine Schwester auf mich zu und warf sich in meinen freien Arm. ,,Mir gehts gut Schwesterchen", sagte ich leise zu ihr und strich ihr sanft durch die Haare. Ich hörte ihr schluchzen und küsste sie auf den Scheitel, so wie mom es immer gemacht hatte, wenn wir irgendwie Kummer hatten. ,,Es tut mir so leid Blue, ich hab jetzt schon alles versaut", sagte dad zu mir und wirkte wirklich betrübt, ,,So wollt ihr bestimmt nicht bei mir bleiben." ,,Machst du Witze dad?", erwiderte ich aufgebracht, ,,Ich hab dich zehn Jahre nicht gesehen, ich hab über all die Jahre gehofft, dich irgendwann wiederzusehen und ich will bei dir bleiben dad. Zumindest bis ich verheiratet bin." Das brachte dad zum Schmunzeln und auch ich musste schmunzeln. Mit einem weißen Hemd in der Hand, was ich an meine Wange drückte. Au! ,,Dann auf gehts ihr zwei, ich muss noch mein Motorrad reparieren." ,,Du hast ein Motorrad?", fragte ich und war ehrlich beeindruckt. Coolster dad aller Zeiten. Ich hatte vielleicht eine fette Schramme auf der Wange, von einem Velociraptor, ich hatte Todesangst gehabt im Angesicht des Todes, aber ich liebte meinen daddy und wollte ihn einfach zurück haben.
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Jurassic World
FanfictionBlue und Charlie haben ihren Vater schon 10 Jahre nicht mehr gesehen und mittlerweile ist Blue schon 18 und frisch verlobt. Als ihre Mutter stirbt, entscheiden sich die beiden dazu, zu ihrem Vater auf die Insel Isla Nublar zu fliegen. Und es ändert...