5. Der erste Tag

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5.Kapitel| Der erste Tag

Der Sommer zog sich schleppend langsam dahin. Die ganzen Ferien wartete ich sehnsüchtig auf den Schulanfang. Ich las in all meinen Schulbüchern vorfallen aus Neugier und Langeweile.
Ein besonderer Tag war das Einkaufen in der Winkelgasse, wo wir die letzten nötigen Sachen besorgten.
In Ollivanders Zauberstabladen, hatte der alte Besitzer tatsächlich gewusst wer ich war.
„Die älteste der Potter." Er hatte ganz große Augen bekommen als ich seinen Laden betreten hatte. „Erstaunlich. Erstaunlich. Sie sehen genauso aus wie ihre Mutter. Die gute Lily. Ein schlimmes Schicksal, wirklich. Das tut mir wirklich außerordentlich leid.
Aber dein Schicksal scheint noch viel größer zu sein. Größer und leider auch finsterer."
Was er damit gemeint hatte, wusste ich nicht. Ich ließ es auch dabei, denn der Mann schien nicht ganz normal zu sein.
Nachdem ich meinen Zauberstab gekauft hatte und seinen Laden verließ, sagte er noch: „Viel Glück, Mirana Potter. Ich wünsche Ihnen viel Kraft für ihr Schicksal."
Komisch, komisch.

Am ersten September lief ich dann endlich neben Remus zum Gleis. Auf meinem Wagen hatte ich meinen Koffer mit all meinen Sachen und Cindy, einer braune Waldeule, gepackt.
Ich verabschiedete mich von Remus mit dem Versprechen mich zu melden, sobald ich angekommen war. Dann steig ich in die rote Lock.
Im Zug suchte ich mir ein eigenes Abteil. Ich hatte noch keine Lust auf Gesellschaft mit neugierigen Fragen und Blicken. Zum Glück ließ sich auch niemand blicken. Mir kam schon der Gedanke, ob ich auf die Anderen abschreckend wirken könnte, immerhin konnte man mir meine Depression ansehen, auch wenn es mittlerweile nicht mehr so schlimm war. Trotzdem schämte ich mich ein bisschen für meine tiefen Augenringe und das ganze.
Während der Zugfahrt sah ich die meiste Zeit aus dem Fenster oder las in einem der neuen Schulbücher. Die Zeit verflog wie die Natur draußen vor dem Fenster.
Es war schon dunkel, als der Zug endlich in Hogwarts einfuhr. Dort folgten wir Erstklässler, Hagrid zu den Booten.
Als ich das letzte Mal hier war sah das Schloss ja schon wahnsinnig aus. Doch heute, mit dem Schein der Lichter, war der Anblick atemberaubend. Im dunklen See spiegelte sich das Schloss und die Boote flossen durch das tiefe, seichte Wasser.
Viele Steinstufen führten zum großen Schlossportal. Ich bekam den Mund vor Erstaunen nicht mehr zu.
Ein schwarzhaariger Junge sah mich hochnäsig an. „Offenbar ein Schlammblut." murmelte er.
Ich schüttelte nur den Kopf und nahm mir vor mich von ihm fern zu halten.

Vor der großen Halle verabschiedete sich Hagrid von uns und wir warteten.
Der Junge kam diesmal auf mich zu. „Ich bin David Heather, zukünftiger Slytherin." Klar, was auch sonst?
„Was bist du, wenn du kein Schlammblut bist?" er spuckte es förmlich. „Und wie siehst du überhaupt aus?"
„Ich bin Halbblut." sagte ich mutig und verschränkte die Arme. „Und glaub mir, jeder hier sieht besser aus als du."
Hinter mir lachten einige.
David verzog sich, nicht ohne mich noch einmal böse anzufunkeln. Ich ignorierte ihn einfach.
Das Warten machte mich immer nervöser. Auch bei den anderen Erstklässlern sah man die Nervosität deutlich. Einige kauten an ihren Fingernägeln, andere wiederum waren Leichenblass und sahen aus, als ob sie gleich in Ohnmacht fallen würden. Ich hätte Remus fragen sollen, wie sie die einzelnen Schüler einteilen! Oh man....
Das Tor zur großen Halle öffnete sich und McGonnigal kam auf uns zu.
Sie erklärte uns die Bedeutung der einzelnen Häuser. Dann folgten wir ihr in die große Halle.

Vier lange Holztische standen im Raum. An deren Ende gab es eine kleine Erhöhung wo die Lehrer saßen.
In der Mitte, Dumbledore. Er blickte auf uns hinab und mir war als hätte er mir gerade zugezwinkert.
Wir liefen an den neugierig blickenden Schülern vorbei bis nach vorne, wo ein dreibeiniger Stuhl stand.
McGonnigal rief nun einen nach dem anderen auf. „Annabeth Charon".
Ein alter, schmutziger Hut wurde auf ihren Kopf gesetzt. Na hoffentlich bewohnte er keine Grabbelviecher.
Nach wenigen Sekunden rief eine Stimme: „Huffelpuff!!"
Ein gelb geschmückter Tisch brach in Jubel aus und Annabeth gesellte sich zu ihren neuen Klassenkameraden.
Nach ein paar anderen Schülern war ich an der Reihe.
„Mirana Evans" rief Professor McGonnigal und ich schritt unsicher nach vorne. An den Namen musste ich mich erst noch gewöhnen. In den letzten drei Jahren war ich schließlich eine Lupin gewesen.
Als ich mich setzte wurde mir die Sicht auf die große Halle genommen. Der alte Hut war mir über die Augen gerutscht.
„Ahh... wen haben wir den hier?" Ich schreckte hoch. Hatte dieser Hut gerade wirklich mit mir gesprochen?! Offenbar ja...
„Eine Potter also... Dein Bruder scheint bei den Zauberern eine ganz schön große Nummer zu sein, nicht wahr? Aber die Wahrheit kennt keiner, oder? Und du scheinst auch noch wesentlich interessanter zu sein als der berühmte Harry Potter. Aber widmen wir uns der wichtigen Frage: Wo schick ich dich hin? Eigentlich scheint ja Gryffindor keine so schlechte Wahl zu sein... Aber ich glaube, dass dir ein anderes Haus besser stehen würde. Ich glaube deine Zukunft ist in Ravenclaw. Und übrigens: Nein, ich habe keine "Grabbelviecher"."
Ups. Ich glaube, das hatte er gehört.
„Ravenclaw!!" schrie er nun und ich konnte ihm nächsten Moment die Halle wieder sehen, wo ein blau-silberner Tisch klatschte und jubelte. Ich stand auf und setzte mich neben ein blondes Mädchen. Mein Blick glitt wieder nach vorne.
Nach mir waren noch ein paar andere Schüler an der Reihe, zuletzt auch Charlie Weasley.
Seine Eltern waren früher mit meinen befreundet gewesen, soweit ich wusste.
Dumbledore stand nun auf und schritt nach vorne zu seinem Rednerpult.
„Guten Abend liebe Schüler und Kollegen. Herzlich Willkommen zu einem neuen Jahr in Hogwarts. Auch dieses Jahr bitte ich alle Schüler wieder sich vom verbotenen Wald fern zu halten. Darin lauern gefährliche Geschöpfe, die das letzte sein können, dass ihr seht. Ich freue mich dieses Jahr die neue Lehrerin für alte Runen zu begrüßen: Professor Black!"
Eine junge Hexe mit schwarzen Locken stand auf und in der Halle tobte es.
Nachdem sie sich gesetzt hatte sprach Dumbledore weiter: „Nun, Professor McBrian hat sich dazu entschieden, seine letzten Jahre auf Reisen zu verbringen."
Ein älteres Mädchen, das neben mir saß sprach leise: „Gott sei Dank! Professor McBrian hat selbst die ganze Zeit Fehler gemacht und dann zieht der mir einfach Punkte ab. Ich habe ihn nur verbessert."
Oh Mann. Diese ganzen Besserwisser nervten mich schon jetzt.

„Und noch etwas, bevor wir dieses leckere Mahl beginnen. Es sind friedliche Zeiten in denen wir leben aber wir wissen nicht, wann sie sich ändern. Halten wir nun auch in diesen Zeiten fest zusammen und hoffen gemeinsam, dass der Frieden ewig anhält."
Dumbledore setzte sich wieder, doch während dem letzten Teil hatte er mich die ganze Zeit angesehen. Das wusste ich.
Kaum hatte sich Dumbledore wieder hingesetzt, standen urplötzlich sämtliche Schüsseln und Platten mit Bergen mit Essen auf dem Tisch. Mich wunderte es, dass der Tisch nicht durchbrach unter diesem Gewicht. Ich hatte in meinem ganzen Leben noch nie so viel Essen gesehen. Und es wurde Zeit, dass ich an Gewicht zu nahm. Ich war hier um einerseits zu lernen, aber auch um diese ganze Depression hinter mir zu lassen. Mit meinem Aussehen würde ich anfangen.
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Später wurden wir dann von den Vertrauensschülern in unsere Gemeinschaftsräume gebracht.
„Hier müsst ihr aufpassen." Sagte ein blondes Mädchen, dass uns durch die verschiedenen Gänge und Flure leitete. Ich wunderte mich, wie man sich den richtigen Weg merken konnte. Selbst in sieben Jahren würde ich noch umherirren, so viel war sicher.
Wir betraten gerade einen Raum mit riesigen, sich bewegenden Treppen! Munter wechselten diese riesigen Stufen ihren Standpunkt. Das wurde ja immer verrückter!
„Diese Treppen haben die Angewohnheit, wie ihr vielleicht seht, sich ständig zu bewegen. Man weiß nie, wo sich euch als nächstes hinführen."
Das Mädchen führte uns zu einem Turm. Ein Türklopfer in Form eines Adlers fing plötzlich an zu reden und stellte uns eine Frage.
Sprach hier denn alles? Würde sich in Zukunft meine Dusche beschweren, weil ich zu schief sang?

„Was ist Liebe?" Wenn ich das wüsste.
Die Vertrauensschülerin sagte: „Liebe ist ein starkes Gefühl, mit der Haltung inniger und tiefer Verbundenheit zu einer Person oder einer Personengruppe wie zum Beispiel der Familie oder dem Partner."
Na hoffentlich stellte er keine Mathe Aufgaben! Dann wäre ich geliefert. Wo sollte ich dann schlafen? Hier auf dem Boden? Na toll!
Mr. sprechender Hut! Ich will doch nach Gryffindor!

Der Türklopfer nickte und öffnete die Tür. Der Raum dahinter war mit blauen Tüchern und Laken geschmückt, und die Wand war über und über mit Bücherregalen bedeckt. Der Raum war hoch und die Decke bestand aus kunstvollem Glas. Gemütliche Sessel und Sofas waren im ganzen Raum verteilt. Schick.
„Der Mädchenschlafsaal ist die Treppe runzer auf der rechten Seite. Und der Jungenschlafsaal ist auf der linken Seite. Eure Koffer sind schon unten. Und jetzt entschuldigt mich."
Das blonde Mädchen ging ohne ein weiteres Wort und ich lief die Steintreppen nach unten. An den alten Türen waren Schilder angebracht, die den Jahrgang anzeigten. Weiter unten stand mit goldenen Buchstaben: „Erstklässler." Ich öffnete die Tür zu meinem Schlafsaal und trat in das Zimmer. Fünf Betten waren im runden Raum angereiht. Hinter mir kamen noch vier andere Mädchen durch die Tür.
„Hey, ich bin Tanja." Begann ein braunhaariges Mädchen.
„Ich bin Christina und das ist Felina und wir sind nicht an Kommunikation interessiert!" sagte ein hochnäsiges schwarzhaariges Mädchen, dass ein blondes Mädchen mit sich zog.
Na das war doch schon mal etwas. Mädchen die nicht an Kommunikation interessiert waren. Wenn das nicht viel versprechend klang.
„Ich heiße Swenja. Und wie heißt du?" fragte mich ein blondgelocktes Mädchen. „Ich bin Mirana." Stellte ich mich knapp vor und begann meine Sachen auszuräumen. Ich belegte das übrig gebliebene Bett am Turmfenster. Genau da, wo ich auch hin wollte.
Die anderen gingen schon früh schlafen. Ich blieb noch lange Wach, saß am Fenster und blickte auf die Ländereien von Hogwarts. Die Sterne schienen hell und hin und wieder sah ich eine Sternschnuppe vorbeiflitzen.
Der verbotene Wald lag in aller Seelenruhe da und durch Hagrids Fenster sah man noch Licht.
Stunden saß ich so am Fenster und dachte nach. Über die Ereignisse heute, meine Kindheit, meine Eltern, Harry... Es gab so viel Schönes zum Nachdenken, aber auch trauriges. Und vor allem bei den Gedanken über meiner Eltern brach ich in Tränen aus.
Ich schrieb Remus noch einen Brief, dass ich gut angekommen war, dass mein Haus Ravenclaw war und dass alle soweit ganz nett schienen. Ich band den Brief an meine Eule Cindy und sah ihr hinter her, bis sie nicht mehr zu sehen war und der Mond die Ländereien hell erleuchtete.
Ich konnte immer noch nicht glauben, dass ich tatsächlich hier war.
Vielleicht wurde ja jetzt endlich alles gut.
Aber bis dahin, würde es noch ein langer Weg sein. Ein ziemlich langer Weg.
Ich nahm mir fest vor schon heute damit anzufangen. Ich würde mehr schlafen, mehr essen und vielleicht fand ich hier tatsächlich Freunde. Vielleicht. Vielleicht auch nicht.
Einerseits wollte ich gar nicht mit den anderen reden. Ich hatte angst, dass sie Fragen stellten. Fragen, auf die ich keine Antwort geben konnte. Ich war innerlich zerbrochen und ich hatte angst, dass es jemand noch schlimmer machen würde.
Ich musste einfach daran arbeiten, denn ja, das Leben ging weiter und ich hatte noch ein ziemlich langes Leben vor mir. Es wurde Zeit, dass ich anfing wieder Freude daran zu finden.

Mirana Potter - die wahre Auserwählte?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt