Sie treten immer wieder auf mich ein, ohne Pausen. Der Schmerz, der durch meinen ganzen Körper fährt ist grauenvoll. Was habe ich ihnen getan, dass sie mir so weh tun? Sie lachen mich aus und treten immer härter zu.
„Na, Darson, wie fühlt sich das an?" Kevin lacht und tritt mir wieder mit voller Wucht in den Bauch. Er ist immer derjenige der anfängt und der, der mich am härtesten schikaniert. Auf seine Frage kann ich nur mit einem Wimmern antworten. Das findet er nur um so lustiger. Er beugt sich zu mir herunter und augenblicklich hören seine Kumpels auf mich zu treten. Er packt mich an den Haaren und zieht mich grob zu ihm nach oben. „Du kleiner Hurensohn." , zischt er grinsend. Grob stößt er mich auf den Boden und spuckt mir auf den Kopf. Ich höre ihr Lachen. Ein so fieses Lachen, welches nur ein elfjähriger haben kann.
Ich beiße mir auf die Lippen während mir Tränen die Wange herunter laufen. Ich kann doch nichts dafür und trotzdem tun sie das. Jedes mal, wenn keiner da ist. Ob nach der Schule oder auf dem Spielplatz, auf dem Weg nach Hause oder dem Weg zur Mülltonne, jedes mal wenn Kevin und seine Gefolgschaft mich sehen geht es von Vorne los. Der Schmerz und der Scham den ich immer dabei fühle ... mittlerweile sind mir diese Gefühle vertraut.
„Das reicht für heute! Aber Darson, lass dir eins gesagt sein: Das war nicht das letzte mal. Wir sehen uns morgen, Hurensohn." Ein letztes Mal tritt er mir in den Bauch und dreht sich dann lachend auf dem Absatz um. Seine Kumpels folgen ihn, ebenfalls mit jeweils einem letztem Tritt, während ich röchelnd liegen bleibe.
Ich kann in der Ferne noch ihre Stimmen hören, doch auch diese verblassen und ich nehme nur noch den Schmerz wahr. Alle meine Knochen fühlen sich so an, als wären sie drei mal gebrochen und ich habe das Gefühl mich gleich übergeben zu müssen.
Wieso mache ich das ganze überhaupt noch mit? Wieso bin ich überhaupt noch hier? Warum hasst mich Gott nur so? Wäre ich doch nur nie geboren! Dann hätte ich diese Schmerzen nicht! Ich will das nicht mehr. Ich will das ganze nicht mehr. Ich will ...
„Hey, du"
Jemand streicht mir zart meine Haare aus der Stirn. Ich drehe mich zu der Stimme um und sehe in glasklare große, blaue Augen. Ein Mädchen mit zwei lockigen, blonden Zöpfen und einem weißem Stoffhasen unterm Arm sieht mich an und streicht mir weiter über die Stirn. Sie ist vom Aussehen her ungefähr in meinem Alter und ein großer, hautfarbener Ballon schwebt über ihr.
„Hey, du, ist alles in Ordnung mit dir?"
Ich setzte mich auf und streiche mir über die Nase. „Ja. Mir geht es gut."
„Aber du weinst. Und diese Jungen scheinen dir wehgetan zu haben." Das Mädchen greift in ihre Jackentasche und zieht eine Packung Papiertaschentücher hervor, aus der sie mir ein Taschentuch reicht. „Hier."
Zögernd nehme ich das Taschentuch. „Dankeschön."
Das Mädchen lächelt und steht auf. Auch ich rapple mich auf und klopfe mir den Dreck von den Knien. Noch immer schmerzt mein gesamter Körper.
„Nimm den hier." Das Mädchen reicht mir den Strick ihres Luftballons, welcher fröhlich vor sich hin schwebt.
„Aber ... das ist doch deiner." Verwundert sehe ich sie an, doch das Mädchen scheint mir wirklich noch immer ihren Luftballon geben zu wollen.
„Meine Mommy sagt immer: 'Wenn man traurig ist braucht man etwas, was einen aufmuntert.' Und was ist besser zum aufmuntern als ein Luftballon? Hier, du kannst ihn wirklich haben."
Kurz zögere ich ... aber ... ich hatte noch nie einen Ballon nur für mich alleine. Ich nehme mir den Ballon und das Mädchen scheint unerwartet zufrieden zu sein.
„Vielen Dank." Ich sehe auf den Ballon. Mein Ballon.
„Wie heißt du?", fragt mich das Mädchen und streicht ihr Kleidchen glatt.
„Ezra. Ezra Darson. Und du?"
„Das ist aber ein hübscher Name! Ich heiße Sienna Bouyle." Noch nie hat jemand meinen Namen als hübsch bezeichnet.
„Wie alt bist du?", frage ich und betrachte die zierliche Sienna.
Sie kichert „ So etwas fragt man eine Dame nicht. Aber ich bin vor kurzem zehn geworden!"
„Tschulle, ich wusste nicht, dass man das nicht fragen darf."
Wieder lacht Siena. „Was ist denn Tschulle?"
„Tschulle? Sagt man das nicht, wenn es einem leid tut?"
„Aber Ezra, das heißt Entschuldigung, nicht Tschulle!" Sie lacht. Aber das Lachen klingt nicht wie bei Kevin und den anderen Jungen, sondern offen und freundlich. „Aber das Wort muss ich mir merken. Wie alt bist du eigentlich?"
„Ich bin auch zehn."
„Cool! Das bedeutet du gehst auch bald auf die Junior High!"
Die Middleschool ... richtig. Die Elementary School ist ja bald vorbei.
„Bist du schon irgendwo angemeldet, Ezra?"
„Ja. Meine Mom hat mich an der Yeller-School angemeldet. Hier in der Nähe gibt es ja nicht viel und dort war noch etwas frei."
Siennas Augen fangen plötzlich an zu funkeln. „Du gehst auch auf die Yeller-School?! Wie cool, dann gehen wir auf die gleiche Schule!"
Auf die gleiche Schule? Ich werde mit Sienna auf die gleiche Schule gehen? Das ist gut! Aber ... ob sie mich bis dahin überhaupt noch mag.
„Oh nein. Es ist gleich um sechs. Ich muss ganz dringend nach Haus, sonst wird Daddy böse. Sehen wir uns wieder?"
„Ich würde dich gerne wiedersehen."
„Wie toll! Also, man sieht sich! Tschüss!"
Sie winkt mir zu, während sie nach Hause läuft.
Sie will mich wiedersehen ... mich! Das hatte ich noch nie. Wenn ich Glück habe, sehe ich sie sogar wieder. Lächelnd wickle ich den Strick des Luftballons um mein Handgelenk und mache mich ebenfalls auf den Weg nach Hause.
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Flavour of Life - The Beginning
JugendliteraturEzra Darson wird schon immer gemobbt und von seinen Mitschülern gehasst. Schon mit sehr jungen Jahren hat er Gedanken, die ein kleiner Junge nie haben sollte, denn keiner sollte an seinen eigenen Tot denken. Doch gerade, als er die Hoffnung auf ein...