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Wenn die Sehnsucht größer ist als die Angst, wird der Mut geboren.

Rainer Maria Rilke

Unruhig. Schlaflos. Rastlos. Ratlos. Voll Eifersucht. Voller Sehnsucht.

So sehr sie sich auch bemühte endlich einzuschlafen, desto unruhiger wurde sie. Seit nun einem Jahr konnte sie an nichts anderes denken, als an sie. Insbesonders Nachts stieg die Sehnsucht nach ihr ins unermessliche an. Immer öfter erwischte sie sich dabei mit dem Gedanken zuspielen doch einfach zu ihr zu fahren. Doch neben den ganzen Gefühlen hinderte sie ihr Verstand daran.
Mit jeder schlaflosen Nacht wurden die Gedanken jedoch lauter und lauter. Ihr kam es vor, als würde ihr Herz nach ihr Schrein. Lauter. Schmerzlicher. Unüberhörbarer.

Schließlich konnte sie nicht mehr: vor Schmerz, Sehnsucht und vielleicht auch Müdigkeit.
Also ignorierte sie ihren Verstand nur für den Moment. Ihre wichtigsten Gegenstände und Erinnerungen packte sie in den großen roten Rucksack. Die  Reste des Ersparten, für das sie nun umso mehr dankbar war, steckte sie in ihre Hosentasche. Einen Abschiedsbrief für ihre Familie hinterließ sie, jedoch sehr knapp. Für mehr war ihr Herz nicht geduldig genug.

Mit dem nächsten Fernbus machte sie sich auf den Weg. Zehn Stunden Busfahrt trennten sie noch von ihr. Jedoch war sie Realist genug, um sich auszurechnen, dass ihr Geld wohl kaum bis zu ihr reichen würde. Die letzten einhundert Kilometer, vielleicht sogar mehr, musste sie wohl zu Fuß absolvieren. Doch das war es ihr wert. Halbe Sachen waren nichts für sie. Und für sie wäre sie sogar die gesamte Strecke zu Fuß gelaufen.

Sie war es ihr wert. Das hatte sie nach einem Jahr nun endlich erkannt.

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