P r o l o g

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Ein Montag ist immer scheiße. Doch dieser Montag war der Anfang von den beschissensten Ereignissen überhaupt. Wie jeden Tag war Lu um 7:40 Uhr mit allem fertig, verabschiedete sich von ihren Eltern und verließ pünktlich das beige Reihenhaus. Die Luft war stickig und fühlte sich irgendwie schmutzig an. Lu merkte wie ihr ein Schweißtropfen den Rücken hinunterlief.

Noch nie gab es in Deutschland eine so große Hitzewelle, wie dieses Jahr. Das hatte zum mindestens ihre Mutter gemeint. Sie wusste nicht genau warum, aber irgendwie fühlte sie sich an diesem Morgen beobachtet. Natürlich war sie auch schon so ein ängstlicher Mensch und hatte immer einen kleinen Verfolgungswahn, aber dieses Gefühl war anders. Es schien real zu sein.

Das Augenpaar bohrte sich gerade zu in ihren Rücken hinein. Doch von dem Beobachter, Spanner oder Stalker war keine Spur. Lu beschleunigte trotzdem ihren Gang und sah im Augenwinkel, wie eine dunkele Gestalt die Straßenseite, zu ihr wechselte. Ihr Atem wurde schneller und ihr Herz pochte immer unregelmäßiger. Wie sie dieses widerliche Gefühl hasste. "Warte doch mal, man!"

Abrupt blieb sie stehen und drehte sich um. In diesem Moment hätte sie sich am liebsten eingegraben und wäre nicht mehr rausgekommen. Würde sie einfach ein wenig sportlicher sein und mal ab und zu joggen gehen, dann wäre sie vermutlich nicht so außer Atem und puterrot gewesen. "Alles gut bei dir? Du siehst ziemlich erschrocken aus."

Lu wischte sich ihre schwitzige Hand an ihrer Jeans ab und lächelte Finn an. "Ne alles gut. Ich habe doch die erste Stunde bei Brinki, da will ich nicht unbedingt zu spät kommen." Glücherweise kaufte er ihr die Aussage ab und lief gemütlich neben ihr her. Finn war einer der wenigen Jungs, die sie in ihrer Stufe mochte. Alles andere waren kleinen Kinder, die sich aufführten als wären sie schon erwachsen und hätten eine Erfahrung von einem Achtzigjährigen.

"Kommst du auch auf die Geburtstagsparty von Marv übermorgen?" Er sah sie neugierig an. Nervös kickte sie ein, nach dem anderen Kieselstein von sich weg. "Puh, keine Ahnung. Ich weiß gar nicht ob ich Zeit habe." Ehrlich gesagt wusste sie gar nichts von der Party. Wahrscheinlich wollte Marv sie nicht dabei haben, was sie aber ganz und gar nicht bedauerte. "Schade würde mich mal freuen, dich tanzen zu sehen." Er zwinkerte ihr flirtend zu und rannte plötzlich wild geworden los. "Wir sehen uns gleich noch Luli, war schön mit dir!", schrie er zum Abschied und verschwand dann hinter dem Schulgebäude. Sie seufzte tief in sich hinein.

Luli. So nannte er sie schon seit der sechsten Klasse.
Der restliche Tag verlief, wie gesagt ziemlich beschissen. Brinki nahm Lu gefühlte fünfzig Mal ganz zufällig dran und ließ sie an der Tafel dreißig Formeln anschreiben. In der Mittagspause hatte sie nichts zu essen und kein Geld mit, und über ihr dreiseitiges Referat schüttete irgendein Idiot seinen Kakao drüber. "Ach jetzt lass doch nicht deinen Kopf so hängen.", meinte ihre Freundin Elena. Wenn das nur so einfach wäre. Zu Hause angekommen ließ sie sich müde aufs Sofa plumpsen und rieb sich erschöpft ihre Stirn. Ihre Mutter hatte ihr etwas vom Mittagessen in den Kühlschrank gestellt, was sie sich sofort warm kochte. Genüßlich nahm sie einen Bissen von der Lasagne und fischte ihr Handy aus der Schultasche.

Drei Nachrichten von ihrer Freundin Elena, die sie ignorierte und eine Unbekannte. Neugierig klickte sie auf die unbekannte SMS und dachte kurz darüber nach, ob es vielleicht eine Einladung zu der Party von Marv sein könnte. Doch das war es nicht. Stattdessen las sie sich einen ziemlich kurzen Text durch."Wir alle haben Geheimnisse." Genervt rollte sie mit ihren Augen und legte ihr Handy bei Seite.

Wahrscheinlich war es eins dieser scheiß Kettenbriefe oder anonymen Verarsch Texte. Ohne noch einmal darüber nachzudenken aß sie die Lasagne auf und schlürfte in ihr Zimmer. Sie schmiss die Tür hinter sich zu und steckte sich eine Haarsträhne hinter das Ohr. "Endlich!" Lu schmiss sich auf ihr Bett, nahm sich ein Buch von ihrem Regal und fing an in ihrem Lieblingsroman zu lesen.

Irgendwann fielen ihr die Augen zu und sie schlief ein. Sie tauchte in eine Welt ein, fern ab von dem Schulstress und dem Beliebtheits getue. Man wäre das eine schöne Dimension. Ein lautes "Lu, bin wieder da!", riss sie aus ihrem Traum. Erschöpft streckte sie sich, gähnte noch einmal und lief zu ihrer Mutter hinunter. "Hattest du einen schönen Tag?", lächelte sie Lu an. "Naja, ein bisschen stressig, aber sonst ganz okay.

"Kurz danach kam ihr Vater die Tür hinein und zusammen aßen sie Abendbrot. Während sie sich über den Tag unterhielten und Nachrichten schauten, linste Lu noch einmal auf ihr Handy. Wieder eine SMS von der unbekannten Nummer. Sie hätte die Nummer löschen können. Sie hätte es einfach ignorieren können. Aber das tat sie nicht. Stattdessen las sie sich die erste wirklich wichtige Nachricht durch. Und vielleicht war das schon der erste Fehler.

'Janina geht Moritz fremd. Fernsterstraße, morgen 13 Uhr.'

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⏰ Letzte Aktualisierung: Dec 01, 2018 ⏰

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