☆ Prolog ☆

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Dezember 2056:

"Kiali hör auf in die Pfützen zu springen!", wurde sie von Mama ermahnt. Daraufhin kam sie zu uns und lief an Mamas anderer Hand.
Ich beobachtete den Boden und musste Lächeln. Die Straße glitzerte. Wie Millionen kleine leuchtende Punkte auf dem dunklen Untergrund.
"So schön", sagte ich. "Was ist denn schön daran, dass alles nass ist?", wollte Mama wissen.
"Aba Mama! Madie lässt die Staße lizern!", erklärte ich ihr lächelnd.

Papa hob mich hoch und ging mit mir zu einer Laterne. Sie ragte weit über mich hinaus, weshalb ich meinen Kopf, so weit nach hinten bog wie nur möglich. Aus dieser Perspektive wirkte es, als würde sie den Himmel erleuchten und als würde sie ihr Licht von den Sternen nehmen, die mit ihrer Magie Hoffnung schenkten.
Der Pfosten aus trostlosem, grauen Metall wurde nach oben hin immer breiter und endete schließlich, hoch über meinem Kopf, wo die Lampe anfing. Dort trat aus milchigem Glas gleichmäßig das weiße Licht. Umso länger ich hinauf blickte, umso stärker blendete es mich. Also wand ich mich dem nicht leuchtenden Teil der Laterne zu. Ich strich mit meinen Fingern einen der vielen Regentropfen vom Metall weg. Die Kälte die davon ausging, machte mir nichts aus, da ich in mir drin genug Wärme hatte, um sie zu vertreiben. "Schau Kleines, die Straße ist nass vom Regen, dadurch kann sie das Licht der Laterne reflektieren", erzählte er mir. Unsicher sah ich auf die Straße, die so ruhig vor sich hin glitzerte. "Refletier?", fragte ich, woraufhin er leise lachte. "Reflektieren ja, das heißt, dass es das Licht zurückwirft", erläuterte er. "Aba Papa, die Staße wirf do nichs!", meinte ich. Er lächelte. "Da hast du recht Kleines, die Straße wirft nichts, das wäre ja auch nicht lieb. Aber man sagt das so, es heißt, dass es aussieht als würde sie leuchten, aber eigentlich kommt das Licht von der Laterne" , erklärte er.

Ich sah skeptisch zur Laterne, dann zur Straße, zu Papa und wieder zur Laterne. "Aso", nickte ich. ich vertraute meinem Papa , also dachte ich, wenn er das sagt wird das schon stimmen. Trotzdem glaubte ich, dass mehr dahinter steckte, weshalb ich nochmal zur Straße guckte. Ich sah wie einige der vielen Punkte aufeinmal heller wurden und mir sagten ich solle immer hoffen und nie meinen Glauben verlieren.

Madie lässt die Staße leusten und lizern.

Und ab diesem Tag wusste ich es gibt jemanden der auf mich aufpasst, jemand der größer ist als meine Eltern, meine Familie oder irgendwelche Freunde. Jemand der mir in dieser Nacht diese Botschaft geschickt hat und an mich glaubt so wie ich an ihn.

August 2059:

"Mit viel Fantasie bildet man sich ein kleine Männchen außen am Mond herunterrutschen zu sehen. Als wären es die Gehilfen vom Mann im Mond", überlegte Leyla.

"Oder man könnte die Mondpferde sehen, wie sie über die Landschaft galoppieren", ergänzte ich, wodurch ich komische Blicke von vier Augenpaaren einsammeln musste.

Es war der 30. Geburtstag meines Vaters, weshalb die ganze Familie bei uns zum Feiern war. Während wir Kinder uns alle auf dem Trampolin versammelt hatten und gemeinsam den Himmel und vor allem den Mond betrachteten, feierten die anderen Gäste ihre langweilige Erwachsenenparty in der Hütte, die mein Vater vor zwei Jahren gebaut hatte.

"Ach Leute jeder hat seine eigenen Fantasien", beschützte Elias mich.

Keine Fantasien, die Wahrheit!

Das wusste er auch, aber es war die leichteste Ausrede, dass dies nur Fantasien eines kleinen Mädchens waren. Er sah Leyla, Kiali, Fynn und Jacob mahnend an und streichelte über meine Haare.

Da ich die Dunkelheit der Nacht gruselig fand, suchte ich Schutz bei meinem großen Cousin. Wie so oft war er auch an diesem Tag wieder für mich da.
Im Gegensatz zu meiner Schwester, Fynn, Leyla und seinem Bruder hackte er nicht auf mir rum. Sie versuchten zwar zu verstehen, aber Elias war der einzige der dies tat. Ich wusste nie wieso er mir glaubte, aber ich war froh darüber.

Oktober 2061:

"Clea! Mama sagt du sollst rein kommen!", rief Kiali nach draußen. Ich lächelte und lief zu ihr an die Terassentür.
"Komm mit Kia", grinste ich und zog sie mit zu dem Baum, der mir schon zuvor eine Sitzgelegenheit geboten hatte. Lachend kletterten wir wieder hinauf und ich zeigte ihr diese wundervolle Aussicht. Die Sonne war kurz davor zu verschwinden und tauchte alles in ein orange-goldfarbenes Licht. Die Wolken am Himmel waren in tausende bunte Farben getränkt; rot, orange, gelb, pink, lila. Ich liebte diese Aussicht, denn sie zeigte mir wie schön die Natur und das Leben doch waren.

Mit einem glücklichen Lächeln auf dem Gesicht, sprang ich wieder vom Baum herunter. Ich lief ein Stück aufs Feld hinaus. Als ich mich umdrehte sah ich nicht nur meine Schwester, die gerade den Baum wieder hinunter stieg. Dort sprangen auch die Wesen aus Schatten von Baum zu Baum.
"Clea, wir sollten jetzt wirklich rein, es gibt Abendessen", merkte Kiali an.
Ich nickte zögernd. Natürlich wollte ich meine Mutter nicht verärgern, indem ich nicht zum Essen erschien, andererseits war dieser Moment für mich aber auch viel zu magisch, um einfach zu gehen. "Aber die Schattenwesen sind nur in der Dämmerung zu sehen", erklärte ich, woraufhin sie lächelte. "Dann siehst du sie morgen wieder", versprach sie. Der Gedanke beruhigte mich irgendwie, wodurch ich mich von den Schattenwesen lösen konnte und, meiner Schwester hinterher, ins Haus eilte.

Time walkerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt