Erstellt am: 29.07.2018
DIESE KURZGESCHICHTE WIRD NUR AUS LEVI'S SICHT GESCHRIEBEN!!!!!
„Levi!"
Bei dieser fröhlichen, aufgeregten Stimme, die über den halben Marktplatz meinen Namen schreit, muss ich unwillkürlich an Hanji denken, die sich mit diesen Taten für mein Leben in mein Hirn gebrannt hat. Ich kann es nicht verhindern, dass ich wie auf Kommando innerlich zusammenzucke, und erst nach logischem Denken realisiere, dass dies nicht Hanji ist, sondern Lena.
„Was ist denn jetzt schon wieder?", frage ich, was genervter als beabsichtigt klingt, doch nach gefühlten Stunden in der Stadt, mit einer energiegeladenen Lena, die alles bestaunt als hätte sie es noch nie gesehen (was teilweise ja auch stimmt), geht mir alles auf die Nerven.
„Sieh dir das an!", sagt Lena und präsentiert mir stolz einen – Hut. Er ist aus Stroh geflochten, hat eine breite Krempe und ist mit einem roten Band verziert, welches eine Schleife bildet. „Ist dieses Etwas nicht wunderbar? Dabei weiß ich nicht einmal was man damit macht. Der Verkäufer sagte mir nur, es sei ein Hut."
„Den setzt man sich auf den Kopf", erkläre ich schlicht und unterdrücke mein Seufzen. „Hast du wirklich dafür dein Geld ausgegeben? Wann willst du das Ding denn tragen?"
Lena zuckt mit den Schultern.
„Du dummes Gör", sage ich kopfschüttelnd und wende mich ab. „Lass uns einfach weitergehen."
„Levi!", jammert Lena aber und zieht meinen Namen herzzerreißend in die Länge.
„Was?", frage ich genervt und drehe mich wieder um, nur um zu bemerken, wie Lena an mich herangeschlichen ist und mir jetzt den Hut schief auf den Kopf drückt.
„Hey!", protestiere ich und stolpere ein paar Schritte zurück. „Lass das!", werfe ich hinterher und will den Hut abnehmen, doch Lena schlingt blitzschnell die Arme um mich und hält meine Hände dabei eisern hinter meinem Rücken fest. Jedes Mal erstaunen mich ihre Kräfte, die ich diesem kleinen und zierlich aussehenden Mädchen nicht zutraue, obwohl ich sie genau kenne.
„Nichts da! Den trägst du jetzt!", lacht Lena und drückt sich an mich.
„Sehe ich so aus, als würde ich mit Hüten auf dem Kopf rumrennen?", frage ich zähneknirschend.
„Ich kann noch welche kaufen, dann siehst du so aus", entgegnet Lena und sieht mich mit strahlenden Augen an. „Ich finde, dass dir der Hut ausgezeichnet steht."
„Nein!", widerspreche ich, befreie mich endlich aus ihrem Griff und reiße mir den Hut vom Kopf.
„Blödmann", schimpft sie, schnappt sich mit einem Schmollmund den Hut aus meinen Fingern und setzt ihn sich selbst auf den Kopf. „Dann trage ich ihn eben selbst, wenn man dir nicht einmal ein Geschenk machen kann." Beleidigt stiefelt sie an mir vorbei und würdigt mich keines Blickes.
„Lena", seufze ich und folge ihr. Ich weiß, dass ich nicht sehr umgänglich bin, kaum Gefühle zeige und ich weiß, dass es ihr oft zu schaffen macht. Genau deswegen wundere ich mich jeden Tag, wie unsere Beziehung zueinander so weit kommen konnte. „Lauf nicht weg."
Lena ignoriert mich und läuft unbeirrt weiter.
„Lena", wiederhole ich, laufe an sie heran und lege meinen Arm um ihre Taille, wobei ich sogar leicht in die Knie gehen muss, obwohl sie nur wenige Zentimeter kleiner ist als ich.
„Dein Hut sitzt schief", flüstere ich in ihr Ohr, doch sie dreht den Kopf weg. Trotzdem sehe ich den Rotschimmer, der sich über ihre Wangen legt.
„Hör auf, ich mag das nicht", murmelt sie und starrt konzentriert auf den Boden.
„Was magst du nicht? Wenn ich dir ins Ohr flüstere?", frage ich leise und ich merke, wie sie erzittert.
„Ja, das macht mich verlegen", antwortet sie, verschränkt die Arme und drückt sie sich an die Brust.
„Ich weiß", flüstere ich. „Deswegen mache ich es ja."
Lena murrt unzufrieden und will von mir abrücken, ich halte sie aber fest.
„Du siehst süß aus, wenn du rot im Gesicht bist", sage ich und prompt wird sie noch röter. Das Grinsen, welches sich in mein Gesicht schleichen will unterdrückend, richte ich mich wieder zu meinen stolzen ein Meter sechzig auf und rücke Lenas Hut auf ihrem Kopf zurecht.
„Los, lass uns weitergehen", sage ich, lasse Lena aus meinem Griff und laufe weiter dem Marktplatz entlang. Nach ein paar Schritten bleibe ich stehen, um zu gucken, ob Lena mir folgt, doch da steht sie schon neben mir und wir laufen dicht an dicht an den verschiedenen Ständen vorbei. Das Wetter an diesem Tag ist wunderbar. Wie es sich für den Sommer gehört scheint die Sonne warm vom Himmel, der Marktplatz ist gefüllt mit Leuten und herumtollenden Kindern und die Soldaten der Mauergarnison besaufen sich jetzt schon. Mich kotzt es einfach nur an. Hätte Lena mich nicht genötigt, unseren freien Tag am Marktplatz zu verbringen, hätte ich lieber mal ihr Zimmer gesäubert.
„Tut mir leid, dass ich dich mit hierher geschleift habe", murmelt Lena plötzlich leise, während sich ihre warmen Finger sanft mit meinen verschränken. „Ich weiß, eigentlich magst du so etwas nicht."
„Ist schon in Ordnung", gebe ich zurück. „Du wärst nur schlecht gelaunt gewesen, wenn wir dein Zimmer aufgeräumt hätte."
„Weißt du, eigentlich dachte ich, ich würde dir eine Freude damit machen, obwohl ich ganz genau weiß, dass du keine gute Einstellung dazu hast."
„Ist schon in Ordnung."
„Wir können auch das nächste Mal mein Zimmer sauber machen", sagt sie dann und lächelt mich schwach an.
„Willst du wirklich bis nächstes Mal warten?", frage ich und ziehe eine Augenbraue hoch.
„So schlimm ist es im Moment gar nicht", meint Lena. „Immerhin schaffst du es mein Zimmer zu betreten, ohne mich runterzumachen."
„Das ist nur ein hart antrainiertes Pokerface, was ich in jeder Situation aufrechterhalte", sage ich und Lena stößt geräuschvoll die Luft aus ihren Lungen.
„Du bist ein Spielverderber, Levi", sagt sie. „Aber ich weiß auch, wie ich dich zum Lächeln bringen kann."
„Ach, wirklich?"
„Ja! ... Oder eher nein. Aber ich werde es jeden Tag versuchen, an dem ich dich sehe. Ich habe es mir für den Rest meines Lebens vorgenommen."
„Dann wünsche ich dir viel Glück, Lena."
„Das brauche ich nicht!", widerspricht sie gleich und streckt entschlossen die Faust in die Luft. „Ich habe es schon geschafft, ich werde es wieder schaffen."
„Daran kann ich mich aber nicht erinnern", gebe ich zu Bedenken und frustriert lässt Lena ihre Hand wieder sinken, den Kopf gleicht mit.
„Das bricht mir das Herz, Heichou", seufzt sie und ich bin überrascht, dass sie mich so nennt. Zeigen tue ich es nicht.
„Weißt du es wirklich nicht mehr, oder hast du es nicht gemerkt?", fragt sie weiter und drückt meine Hand.
Ich zucke nur mit den Schultern, aber ich weiß wirklich nicht wovon sie redet. Traurig lächelt sie mich an.
„Egal, es wird dir wieder einfallen."
Glückwunsch, Levi, du hast es wieder geschafft. Deine desinteressierte Art hat deine Freundin verletzt. Obwohl du sonst immer aufmerksam bist, dir normalerweise nichts entgeht, weißt du eine der bedeutendsten Sachen für Lena nicht mehr.
„Tut mir leid", sage ich, ein kläglicher Versuch, die Situation zu retten. „Ich weiß auch nicht, warum ich mich nicht daran erinnern kann, obwohl es dir so wichtig scheint."
„Du warst wahrscheinlich nur zu überwältigt", antwortet Lena. „Ich meine, du hattest sogar Tränen in den Augen, wahrscheinlich war das zu viel für dich und hast es verdrängt."
„Tränen?", frage ich und verziehe das Gesicht kaum bemerkbar.
„Vielleicht klappt es ja heute auch wieder", meint Lena und lächelt eine Spur fröhlicher. „Aber ich habe auch geweint, wenn es dich beruhigt."
„Du bist ja auch eine der emotionalsten Personen, die ich kenne", erwidere ich schlicht und starre auf den Weg vor mir.
„Ja, und? Wenn ich übermäßig glücklich bin und mich freue, weine ich eben manchmal."
„Ich habe ja auch nicht gesagt, dass es schlimm ist."
Lena lächelt nur und drückt sich wieder an mich. Dieses Mädchen verwirrt mich. In dem einen Moment ist sie eingeschnappt, im anderen wieder die Fröhlichkeit in Person.
„Levi?"
„Ja?"
„Können wir uns nachher den Sonnenuntergang ansehen, auch wenn sie nur hinter den Mauern untergeht? Ich habe vorhin einen Wiesenabschnitt gesehen, der den besten Platz dafür bietet."
Eigentlich wäre es schon schön. „Dein direkter Vorgesetzter hat dir aber befohlen, dich bei Sonnenuntergang im Hauptquartier einzufinden."
„Dann kann mein direkter Vorgesetzter dies bestimmt auch ein wenig nach hinten verschieben, oder?", fragt Lena und grinst verschmitzt.
„Bestimmt", gebe ich zurück, was „ja" heißt, immerhin bin ich ihr direkter Vorgesetzter. Aber ich weiß auch, dass Lena mich nie als ihren Vorgesetzten gesehen hat. Für sie werden wir immer gleichgestellte Kameraden sein.