Prolog

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Ich halte die Mädchen in meinen Armen. Schmutz, Blut und Tränen der Freude saugen sich tief in mein weißes Hemd. Unwichtig. Endlich habe ich sie wieder. Doch plötzlich sacken ihre leblosen, abgemagerten, bleichen Skelette zusammen. Ich höre weit entfernt einen Hilfeschrei – meinen Schrei. Sirenen. Männer in roten Jacken. Sie zerren sie mir aus den Armen. Alles verschwimmt, das Geschehen ertrinkt in einem tiefen Schwarz.
Alles ist durchnässt. Ich bin schweißgebadet. Es ist schon wieder passiert. Diese Albträume hören einfach nicht auf. Noch völlig verwirrt von der kurzen Nacht wird mir klar, dass heute Marijas Todestag ist. Wir haben erst 7:21 Uhr. Die Nacht ist für mich wohl vorüber.
Ich gehe ins Bad und nehme eine kalte Dusche. Doch selbst das Eiswasser schafft es nicht die Bilder der letzten Nacht zu vertreiben. Kurz darauf stehe ich vor dem Spiegel. Putze mir die Zähne, kämme mir die Haare. Alles soll perfekt sein.
Ich nehme mein letztes weißes Hemd aus dem Schrank und suche nach Falten. Erfolglos. Trotzdem kann ich dem Drang nicht widerstehen, es ein weiteres mal zu bügeln. Alles muss perfekt sein.
Während ich mir den edlen Stoff überziehe, achte ich auf jeden einzelnen Knopf, jede Tasche und jede Naht. Jeder Zentimeter muss akkurat sitzen.
Ich greife blind nach meinem Autoschlüssel – schließlich liegt er immer exakt an der gleichen Stelle. Ich laufe zu meinem Auto und fahre los. Mein Kopf ist leer. Ich fühle Nichts. Schon stehe ich vor einem kleinen bunten Floristen. Ich schaue mich um, werde aber einfach nicht fündig. Ich sehe nur welke Blätter, graue Blüten und trübes Wasser. Doch dann sehe ich sie, die perfekte Rose. Geschwungene Blätter, schneeweiße Blüten, messerscharfe Dornen. Ich ziehe sie vorsichtig aus dem Strauß und laufe völlig abwesend zur Kasse. In meinem Portemonnaie befinden sich noch 7,21€. Ich lasse diese auf den Tresen fallen. „Das passt so", rufe ich dem Verkäufer zu, während ich den Laden verlasse. Ich lächele in mich hinein. Alles wird perfekt sein.

Ich stehe an ihrem Grab. Hebe die alte Rose auf. Trist, grau & verwelkt. Wie wunderschön und perfekt doch die neue Rose ist. Will sie auf ihr Grab legen. Doch – Verdammt! Ich habe mich geschnitten. Blut tropft auf die Rose. Ein paar Stellen der schneeweißen Blütenblätter verfärben sich in ein dunkles Rot. Alles dahin! „Es ist so typisch für dich, Marija! Alles war perfekt. Doch nichts kann man dir Recht machen. Du zerstörst alles mit deinem Egoismus, deiner Selbstverliebtheit und deinem Sturkopf! Alles ist zum Scheitern verurteilt, genauso wie es auch schon der Seestern war – zum scheitern verurteilt. Nur deinetwegen. Niemanden liest du an dich ran. Dachtest alle wollen dir was Böses. Doch dass genau das Gegenteil geschieht, dass die Mädchen deinen Seestern immer wieder gerettet haben, das hast du nie bemerkt. Camilla und Natalie haben das Restaurant mit dir großgezogen und Stoya war immer da, egal was passiert ist. Du machst mich so verdammt wütend." Ich muss mich sammeln, atme einmal durch. Ich darf nicht vergessen, ich rede hier mit einer Toten. „War das alles geplant? Weißt du überhaupt, was du getan hast?" Ich seufze schwach. Ich fühle mich ausgelaugt und müde. „Immerhin fing alles mit deinem Tod an."

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jul 29, 2018 ⏰

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