Angst

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Hattest du schon einmal Angst? Ich rede nicht von diesem unguten Gefühl, wenn du in den dunklen Keller gehst, oder etwas verbotenes machst und nicht erwischt werden möchtest.

Ich rede von wirklicher, realen, puren Angst - Angst um dein Leben. In solchen Situationen schießen dir verschiedene Dinge durch den Kopf. Du denkst daran, deine geliebten Menschen nie wieder sehen zu können. Teilweise mit einer Spur von Reue blickst du auf die letzten Gespräche zurück, in denen du falsch reagiert hast, eventuell einen Streit gehabt hast. Während dein ganzer Körper zu zittern beginnt und sich zusammen zieht und deine Wangen mehr und mehr von Tränen benetzt werden, denkst du daran, was du diesen Personen noch gerne sagen würdest, was du erleben und sehen wolltest und wie die Welt wohl ohne dich aussehen würde.

Eine derartige Situation ist nichts, was schnell vergessen werden kann. Manche Menschen knabbern noch Monate daran - andere sogar Jahre. Immer wieder kehren deine Gedanken zu diesem Moment zurück, versetzen dich erneut in diese Situation. Selbst in der Nacht hast du keine Ruhe davor. Die Angst verfolgt dich bis in deine Träume. Und wenn sie dort erst einmal angekommen ist, ist sie nicht mehr zu bändigen. Nacht für Nacht träumst du davon zu sterben, geliebte Menschen zu verlieren, oder einfach von diesem Gefühl der blanken Panik. Irgendwann kommst du an den Punkt nicht mehr schlafen zu wollen, doch egal ob du schläfst, oder nicht - die Erinnerungen finden dich. Denn vor seiner Vergangenheit kann man sich nicht verstecken. Was immer du tust, ständig ist dort dieser Gedanke, dass es wieder passieren könnte - es deine Schuld war. Dein Verhalten ändert sich. Du stößt Menschen von dir aus Angst sie könnten dich verletzen. Und du versteckst dich vor ihnen. Doch vor die selbst kannst du dich nicht verstecken. Selbst die Einsamkeit lässt dich nicht anders fühlen - im Gegenteil. Sie macht es schlimmer. Vorsichtig versuchst du dich erneut den Menschen zu nähern, doch wenn du es dir recht überlegst, weiss du gar nicht wie. Die lange Einsamkeit ließ dich vergessen, wie es ist mit Menschen zu reden und zu lachen. Du siehst dass sie anders sind als du - glücklich, unbeschwert, frei von Angst. Und auch sie sehen dass du anders bist, doch sie verstehen nicht wieso. Sie denke du willst dich nicht anpassen, gehörst lediglich nicht dazu. Du begegnest vielen Menschen, die dich schlecht behandeln - dich ausnutzen, aber du siehst es nicht, oder du willst es nicht sehen. Verzweifelt klammerst du dich an die Menschen, auch wenn sie dir schaden. Vielleicht siehst du es irgendwann ein und akzeptierst die Einsamkeit, bis du dich richtigen Leute findest. Aber sind sie wirklich die richtigen Leute? Dein Vertrauen ist zerstört - deine Seele voller narben. Doch nicht nur deine Seele. Mit der Zeit hat sich immer mehr der Gedanke in deinem Kopf verankert, alles sei deine Schuld gewesen. Die Erinnerungen und Schuld Zuweisungen haben dich von innen zerfressen, bis du nichts mehr gefühlt hast. Du konntest es nicht. Es ist als würde dein Körper dich davor schützen wollen enttäuscht zu werden. Denn wer nicht hofft wird nicht enttäuscht. Mit der Zeit wurden deine Gefühle unklarer bis sie vollkommen verschwanden. In der Hoffnung etwas fühlen zu können griffst du zu drastischeren Maßnahmen und fingst an deine Haut auf zu kratzen. Zum ersten Mal seit langer Zeit warst du wieder im Stande zu fühlen - wenn auch nur kurz.

Es wird die Zeit kommen, in der du das meiste verarbeitet hast. Sie plötzlichen Panikattacken verschwinden und du denkst nicht mehr bei jedem kleinen Fehler daran, dafür zu sorgen, dass du nie wieder etwas falsch machen kannst. Doch du bist immernoch alleine. In deinen Augen verständlich - wer akzeptiert schon jemanden, der innerlich und äußerlich so kaputt ist. Doch sie werden kommen. Es wird seine Zeit dauern bis du begreifst, das diese Menschen gut für dich sind. Sie wollen dir helfen und dich nicht weiter einer drücken. Die Unsicherheit ist jedoch weiterhin dein Treuer Begleiter. Du überdenkst jedes Wort - jede Situation mehrmals um zu schauen ob du etwas falsch gemacht hast. Jede positive Bemerkung entsteht in deinen Augen aus mitleid und ist nicht ernst zunehmend und ein einzige Fehler reicht aus um alles zu zerstören.

Aber so ist es nicht. Endlich hast du Menschen gefunden, denen du vertrauen kannst, die dir helfen und dich unterstützen. Menschen, die dir vergeben und dich aufbauen wenn es dir schlecht ist und Menschen, die mit dir und nicht gegen dich kämpfen.

Nach einiger Zeit wird dir klar, was es ist, das du seit längerem nun schon fühlst. Es ist Freundschaft. Doch trotzdem gehen die Gedanken nicht weg. Sie werden niemals weg gehen.

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