Kapitel 1

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Juni – Aus den Fugen

1.

„Lexy, ich glaube, wir müssen uns mal ernsthaft unterhalten", murmelte Sabrina und grinste. Sie griff nach ihrem Handy, schoss ein Foto von dem gestoppten YouTube-Video und schickte es per WhatsApp an Alexandra. Dann stellte sie den Laptop auf den Couchtisch, nahm die Astra-Flasche und lehnte sich auf ihrer betagten braunen Ledercouch zurück. Die Füße pflanzte sie mit gekreuzten Knöcheln direkt neben den Computer.

Sabrina trank ein paar Schlucke Bier und hatte gedanklich gerade bis acht gezählt, als ihr Telefon klingelte. Sie nahm das Gespräch an und flötete: „Jaaaa?"

„Bitte, sag mir, dass es außer dir noch niemand gesehen hat!", bettelte Alexandra.

Sabrina brach in Gelächter aus. „Da geht aber jemandem der Arsch auf Grundeis, was?"

Am anderen Ende der Leitung erklang ein Stöhnen. „Ich habe Daniel von Anfang an gesagt, dass es schwierig wird, das geheim zu halten."

„Warum tut ihr es dann?"

„Es soll eine Überraschung werden."

„Und wann ist es soweit?"

„Bei der nächsten Metal Cruise, im Herbst. Hältst du so lange dicht?"

Sabrinas Lächeln wurde sanfter. „Natürlich, was glaubst du denn?"

Alexandra seufzte vor Erleichterung. „Ich danke dir."

„Du kennst aber das Prinzip von YouTube, oder? Die Videos kann jeder sehen. Auch Lissy, Laura, Jasmin oder ihre Männer."

„Ich weiß", stöhnte Alex, „aber ich hoffe, dass sie es bis dahin nicht tun."

„Hm", machte Sabrina. „Vielleicht hast du ja Glück und die Mädels übersehen das letzte Wort im Titel des Videos."

„Das da lautet?"

„Heiratsantrag."

„Scheiße!", fluchte Alexandra gedehnt.

„Jepp! Ich drücke euch dann mal die Daumen, dass es nicht auffliegt."

„Vielen Dank auch!"

„Glückwunsch übrigens. Und Gruß an Daniel. Schön, dass er sich nicht mit halben Sachen zufriedengibt."

Alexandra lachte. „Er war nur schneller als ich. Es passt einfach zwischen uns."

„Tja, wenn's passt, dann passt's eben."

„So philosophisch kenne ich dich gar nicht."

„Nee, bin nur müde", wich sie aus. „Und deshalb lege ich jetzt auf. Gute Nacht!"

„Dir auch, bis dann."

Sabrina tippte auf den roten Hörer, trank ihr Bier aus und seufzte.

Ja, sie war zwar müde, aber hauptsächlich wehmütig gestimmt. Schon eine ganze Weile. Ihre Freundinnen verschwanden nach und nach in festen Beziehungen oder Ehen, selbst Alex, die erst letzten Herbst dazugestoßen war.

Nur sie war noch Single, kein potentieller Partner in Sicht. Oder eine Partnerin. Wer sollte da nicht schwermütig werden?

Scheiße, das war doch lächerlich! Sie würde direkt unter Beweis stellen, dass es nur die Überraschung gewesen war, die sie aus der Fassung gebracht hatte.

Sie rutschte von der Couch, setzte sich in den Schneidersitz und holte den Laptop auf dem Couchtisch zu sich heran. Startete das Video der letzten Metal Cruise neu.

Metal ist nicht genugWhere stories live. Discover now