Time Runs Out - Teil 1

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Prolog

Das kleine Mädchen mit der dunkelbraunen Lockenpracht flitzte durch das große Wohnzimmer. Geschickt wich sie jedem Hindernis aus, das ihr im Weg stand und ließ dem Mann hinter sich keine Chance, sie zu fangen.

Sie lachte und hüpfte provozierend vor ihm hin und her, um ihn zu locken. Er stützte sich schwer atmend auf die Knie und lächelte seine Tochter an.

"Also gut, du hast gewonnen. Ich sehe ja ein, dass du schneller bist als ich", sagte er, nachdem sich seine Atmung wieder etwas beruhigt hatte. Er richtete sich auf und strich seine Anzughose glatt. Kaum hatte er den Kopf gehoben, warf sich ihm ein kleiner Wirbelwind aus Locken und Lachen in die Arme. Er taumelte kurz zurück, von dem Gewicht des kleinen Mädchens kurz aus dem Gleichgewicht gebracht. Seine Hand stützte sich am Schreibtisch ab und bei dem hellen Klang des Lachens seiner Tochter, konnte er nicht anders als mitzulachen.

Das hatte sie von ihrer Mutter. Dieses ansteckende Lachen. Der Gedanke an Rose trübte sein Lächeln, was nicht unbemerkt blieb. Das Mädchen hob den Kopf und pustete sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht.

"Alles gut, Daddy?", fragte sie piepsig und musterte den Mann mittleren Alters mit dem forschen Blick einer fünfjährigen.

Er schüttelte kurz den Kopf, um die traurigen Gedanken aus seinem Kopf zu vertreiben und setzte sie auf dem Boden ab. Dann ließ er sich auf ein Knie fallen, um mit ihr auf einer Augenhöhe zu sein. Er griff hinter sich und tastete mit der Hand auf dem Schreibtisch, bis er fand, wonach er suchte.

Als seine Hand in das Sichtfeld des Mädchens zurückkehrte, sah sie, was ihr Vater in der Hand hielt. Einen Bilderrahmen, der stets an der gleichen Stelle auf dem wuchtigen Holzschreibtisch stand, der das gesamte Wohnzimmer dominierte. Das Bild zeigte eine junge Frau, die auf einer Wiese stand und den Betrachter unbeschwert anlächelte. Sie hatte kurze braune Haare und sanfte blaue Augen, die einem sofort versicherten, dass die Welt in Ordnung war.

Der Mann seufzte und strich mit seinen Fingern sanft über die staubige Oberfläche des Bildes. Die Farben waren vom häufigen Berühren verblasst.

Das Mädchen starrte das Bild an. Sie wusste, dass das ihre Mutter war, doch sie empfand nichts bei dem Anblick. Keine Gefühle wie Sehnsucht oder Traurigkeit. Und wenn, dann nur deshalb, weil ebendiese Gefühle ihrem Vater jedes Mal so deutlich ins Gesicht geschrieben standen, wenn er die Fotografie betrachtete.

Sie hatte diese Frau nie kennengelernt. Sie war bei ihrer Geburt gestorben und obwohl sie nur Gutes über ihre Mutter gehört hatte, hatte sie keine eigenen Erinnerungen an sie, die nötig wären, sodass sie sie selbst vermissen würde.

Sie hob den Blick und sah ihren Vater an. Tiefe Falten hatten sich in sein Gesicht gegerbt, Lachfalten um die Mundwinkel sowie Sorgenfalten zwischen den Augenbrauen und Falten um die Augenwinkel, die vom Alter zeugten.

Er arbeitete viel in letzter Zeit, wirkte immer beschäftigt und abwesend. Sie bemerkte das, auch wenn er es vor ihr versteckte. Sie hob ihre kleine Hand und schloss ihre winzigen Finger um seine große Hand, die sich fest um den Bilderrahmen geklammert hatten.

Er hob den Blick und Tränen schimmerten in seinen Augen. Er seufzte und legte das Bild neben sie auf den Boden. Dann ließ er sich ganz nieder und zog seine Tochter auf den Schoß. Sie kuschelte sich an seine Schulter und genoss diesen Moment der Geborgenheit, die in letzter Zeit allzu selten geworden waren.

Schließlich räusperte er sich. "Es tut mir Leid, mein Schatz. Es ist nur so, dass ich . . ."

"Du vermisst sie", beendete sie seinen Satz. Er schluckte und küsste sie sanft auf den Scheitel.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Oct 19, 2018 ⏰

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