Die nächsten Wochen verbrachte ich damit, mich in die Firma einzuarbeiten und Uglianos' Vertrauen zu gewinnen. Nebenbei hielt ich immer Ausschau nach Geheimnissen die Gabe verbergen könnte, zum Beispiel verdächtige Geldausgaben. Doch bis jetzt war ich auf nichts Auffälliges gestoßen.
Ein wirklicher Lichtblick war Piper. Wir waren inzwischen so etwas wie Freundinnen geworden, duzten uns und gingen jeden Tag zusammen Mittagessen. Dagegen wirkte Gabe noch viel unfreundlicher, als er ohnehin schon war. Mir fiel das ewige lächeln und freundlich-bleiben immer schwerer, doch mir war bewusst, dass ich es musste. Von Piper erfuhr ich, dass er alle Frauen wie Objekte behandelte und schon in der dritten Ehe verheiratet war.
Nach circa einem Monat war Ugliano offenbar der Ansicht, dass ich mich im Unternehmen eingelebt hatte und stattete mir einen Besuch ab. Wie jeden Tag ignorierte er meine Begrüßung und ging gleich zur Sache.
„Ich möchte, dass Sie alle möglichen Informationen über meine stärksten Konkurrenten zusammentragen. Das heißt, auch die Informationen, die den aktuellen Markt betreffen. Ich möchte über alles informiert werden. Die neuen Kaffeesorten, Werbegeschenke und ähnliches. Bitte nehmen Sie diese Aufgabe ernst, wir werden nämlich auf Grundlage Ihrer Ergebnisse unsere Verkaufsstrategie für die nächsten drei Monate herausarbeiten. Machen Sie sich an die Arbeit.", befahl er und rauschte sofort wieder aus dem Zimmer.
Ich seufzte. Die Unfreundlichkeit zu akzeptieren war eine Sache, aber von dem Mann, der mein Leben zerstört hatte, Befehle anzunehmen war etwas ganz Anderes. Trotzdem machte ich mich an die Arbeit und legte einen Ordner an. Die Tatsache, dass er mir endlich Aufgaben erteilte, die nicht auch eine Praktikantin erledigen konnte zeigte, dass ich langsam sein Vertrauen gewann. Dies wollte ich auf keinem Fall wieder verspielen.
So konnte ich ihm bereits am späten Nachmittag eine schwere Akte vorbeibringen. Das hatte er wohl nicht erwartet, denn er machte ein ziemlich verärgertes Gesicht, als ich in sein Büro kam.
„Was wollen Sie schon wieder? Habe ich mich nicht klar genug ausgedrückt?", fragte er.
„Das sind die Informationen, die Sie verlangt hatten, Sir.", antwortete ich betont ruhig und wartete.
„Sie waren ja schnell. Mal sehen ob die überhaupt etwas wert sind.", brummte er und schlug die Akte auf.
Beinahe schnaubte ich abfällig. Natürlich waren die etwas wert; ich hatte an der Uni zu den Jahrgangsbesten gehört. Doch das sagte ich natürlich nicht.
„Was stehen Sie eigentlich noch so blöd rum? Zurück an die Arbeit!", blaffte er mich jetzt auch noch an.
Ich ging schnell aus dem Büro, bevor ich meine Wut nicht mehr zurückhalten konnte. Doch man sah es mir trotzdem an, denn Piper fragte: „War er mal wieder mit allem unzufrieden? Du siehst so wütend aus."
Konnte ich Piper vertrauen? Ja.
„Heute Morgen kam er zu mir und verlangte eine Liste. Ich wollte es ihm recht machen und fing sofort an. Da ich schon fertig war habe ich sie ihm gleich vorbei gebracht. Aber anstatt zufrieden zu sein, ich hab ja den ganzen Tag dafür geschuftet, hat er angedeutet das ich schlampig gearbeitet habe. Manchmal frage ich mich ob er überhaupt mit irgendwas einverstanden ist.", jammerte ich.
„Du hast völlig Recht. Bei mir ist es genauso. Piper, wieso haben Sie das so gemacht? Piper, ich wollte den Termin am Vormittag und nicht am Nachmittag haben. Das kann echt nervig sein."
Ich nickte. Nie konnte man es ihm Recht machen.
„Ich glaube, ich sollte wieder an die Arbeit gehen.", bemerkte ich mit einem Seitenblick zu Uglianos' Bürotür. Schnell huschte ich durch den Gang und konnte Piper noch kichern hören.
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Tochter der Rache
FanfictionAls Annabeths Vater ermordet wird, ist sie am Boden zerstört. Als dann auch noch der Mörder für unschuldig erklärt wird, sinnt sie auf Rache. Sie schleicht sich in das Unternehmen ihres Erzfeindes ein um Beweise zu sammeln und gerät damit in das woh...