„Audrey! Audrey bleibstehen!", ruft Dean. „Audrey, bitte! Ich sagte doch, es tut mirleid!"
„Estut dir leid? Wirklich? Was genau tut dir leid? Dass du meine besteFreundin gebumst hast? Oder dass du es mir erst ein Jahr spätergesagt hast?", frage ich aufgebracht und laufe weiterhin stur zumeinem Wagen.
Deanist mein Freu.. EX-Freund. Er ist unverschämt gutaussehend, dochleider empfand meine ehemals beste Freundin Claire das ebenso, alsohaben die beiden sich dazu entschieden, mich zu hintergehen undeinander nackt in die Arme zu fallen. Nichts hätte mich mehrverletzen können, als herauszufinden, dass die zwei einzigenMenschen, die mir auf dieser Welt etwas bedeuten mich betrogen habenund nicht einmal den nötigen Anstand hatten, direkt reinen Tisch zumachen.
Ichbin sofort in ein Motel gezogen und suche mir momentan eine neueWohnung. Weit, sehr weit weg. So weit wie möglich, damit mir niewieder so etwas wie heute passieren kann. Als ich nämlich vomEinkaufen zurückkam, saß Dean vor meiner Zimmertür und wollteeinfach nicht gehen, also habe ich mich entschlossen wiederwegzufahren. Einfach irgendwohin. Er kann ja schlecht die ganze Nachtda bleiben.
„Jetzthör mir doch bitte zu!", ruft er verzweifelt, doch ich ignoriereihn gekonnt, steige in meinen Mini Cooper und fahre los. Ich wohne inder Stadt, genauer gesagt mitten in Berlin. Daher dauert es eineganze Weile bis ich in eine ruhigere Gegend komme, wo ich meinenWagen abstelle und ein wenig spazieren gehe, um mich zu beruhigen.Ich weine nicht, nicht mehr. Die ersten zwei Nächte habe ich mir dieAugen ausgeweint, doch mittlerweile bin ich einfach nur noch wütend.Ich könnte beide krankenhausreif prügeln. Das ist nicht einmal nurso dahin gesagt, ich habe den schwarzen Gürtel und warCheerleaderin, doch dann kam mein erster Freund ins Spiel und ichfand eine andere Beschäftigung, bei der ich mich nach Lust und Launeverbiegen konnte. Diese Beschäftigung trug allerdings den Vorteilder körperlichen und seelischen Befriedigung mit sich. Karate undCheerleading hat nur meinen Körper in Form gebracht.
Nachguten zwei Stunden gedanklicher Reisen, während ich kreuz und querdurch die Gegend stolperte, stehe ich wieder vor meinem Auto. Ichsteige ein und schlage den Heimweg ein. Dabei ist der Begriff 'Heim'definitiv zu gut gemeint. Immerhin wohne ich in einem Ein-Mann-Raumin irgendeinem billigen Motel.
Alsich endlich wieder dort ankomme, kann ich beruhigt feststellen, dassmein aufdringlicher Ex sich verzogen hat und ich endlich wieder meinZimmer betreten kann.
Ichschließe die Tür auf, schalte das Licht an, drehe die Musik auf undlasse mich auf dem knautschenden Bett nieder. Eine ganze Weile starreich vor mich hin und denke nach.
MeinLeben ist genauso wundervoll wie es klingt. Ich bin im Waisenhausaufgewachsen, da meine Eltern mich nicht wollten und scheinbar auchsonst keiner. Ich habe zwar Claire dort kennen gelernt, aber ich habeja gesehen, wie viel ihr all die Jahre bedeutet haben. Nachdem ichdie Hauptschule abgeschlossen hatte, wurden alle meine Bewerbungenfür eine Ausbildung abgelehnt, so war ich gezwungen die Schulbankweiterhin zu drücken. Gebracht hat mir das aber nichts, da ich nunim Supermarkt die Regale auffülle und den Boden wische. Den Wagenhat mir Dean geklaut, den ich auf der Arbeit kennen gelernt habe.Auch das war keine besondere Geschichte, keine super spannende oderheiße Arbeitsplatzromanze. Er hat mich lediglich angesprochen, weilseine Lieblingschips ausverkauft waren und er wissen wollte, ob wirim Lager noch welche hätten. Irgendwie hat er es geschafft mich aufeinen Drink einzuladen. Der Abend endete in einer erstklassigenVögelei, die sich daraufhin sehr oft wiederholte. Das ist nun schondrei Jahre her und wie ich nun weiß, war ich nicht die einzige mitder Dean den Lattenrost strapaziert hat.
Jetztsitze ich hier, allein, aggressiv ohne Ventil und überlege inwelcher Stadt oder in welchem Land ich künftig die Supermärkteunsicher machen soll.