Pappelsommer

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Schwarzer Rauch steigt in dicken Flocken über die grüne Landschaft, die von einer grau-schwarzen, dampfenden Eisenbahn geteilt wird. Sie wird geschnitten, durchschnitten, durchfahren. Goldene Ähren ergötzen sich an den hellen Sonnenstrahlen, die vom Himmel über sie gesandt werden. Auf der anderen Seite ragen hohe Pappeln hervor. Wie Säulen zieren sie den Weg der brausenden Bahn durch die grünende Landschaft, eine Brise zieht durch die Äste, das Blätterwerk raschelt. Etwas weiter hinten blühen die letzten Sonnenblumen.

Es war ein fürchterlich langer und warmer Sommer gewesen, die Temperaturen stiegen und hörten scheinbar nicht mehr auf. Im Zug sitzt eine Dame mittleren Alters, ein bunter Rock umgibt die überschlagenen Knie. Auf ihr Kinn gestützt sieht sie durch das Fenster. Ihre glasklaren Augen erblicken die Weiten, ihr Blick streift über die Landschaften, die der Zug erreicht. Die Bläue in ihren Augen erinnert mich immer an die Tiefen des Ozeans, an die Geheimnisse, die sie uns nicht verrät. Ich sehe in ihren Augen so viel Schmerz, soviel Hass und doch, auf gleiche Weise, ist dort so viel Liebe versteckt, etwas Warmes in dieser Bläue, etwas so wunderbares.

Wir unterhielten uns nicht lange, als wir auf dem Bahnsteig standen. Als die gleiche Brise, die jetzt die Pappelblätter durchzieht uns streifte und wir für einen ganz kurzen, für einen sonderbaren Augenblick in der Mitte des Geschehens standen. Als wir der Mittelpunkt unseres Universums, unserer Herzen waren, die Protagonisten unserer Bühne. Als sich unsere Seelen berührten, nur für diesen ganz kurzen Augenblick und wir alles andere vergaßen.

In meiner Fantasie redeten wir viel mehr miteinander, wir redeten und sagten Unendlichkeiten mehr, bauten Galaxien, Brücken, Schluchten. Wir waren für eine Sekunde so viel mehr, so viel mehr, was wir einander zu sagen hatten.

Lola Love musste reden. Mit irgendjemand, auch wenn nur ich es war. Lola hatte einiges zu erzählen. Geschichten, Wünsche, Träume. Ihre Fantasien reichten weit über die irdischen hinaus, in ihrer Welt regnete es manchmal Zuckerwatte, die die Welt umschloss und anschließend vom echten Regen aufgelöst wurde. Es war etwas schönes, etwas schreckliches.

Wir stiegen gemeinsam in den Wagon für Passagiere ein, in eine Fahrt, von der wir nicht wussten, wohin sie uns führen möge. Eine Fahrt, die einfach dadurch weiter ging, weil wir im Zug blieben, wir nicht anhielten, für niemanden. Wir durchschnitten die Landschaften, alte Muster in der Geschichte dieser Welt und hörten nicht auf, uns zu bewegen. Wir beide sahen nicht, wohin uns das führen sollte, hatten wir ja ein Ziel, dem wir scheinbar näher kamen, während das andere sich immer weiter entfernte.

»Wir zahlen unsere Preise für das Schicksal, welches wir leben«, sagte sie mir in mein Angesicht und ich hatte die Vermutung, dass sie nicht glücklich darüber war. Ich wusste, was sie meinte und ich wusste, was sie bereit war zu geben. Dafür zu geben ihren Wunsch, ihren tiefsten, in Erfüllung zu sehen. Sie würde alles geben, alles was sie hatte, damit ihre Träume einer besseren Welt in Erfüllung gehen. Lola nahm alles dafür in Kauf, alles was ihr entgegen kam, alles, wodurch sie stoßen musste, um das zu erreichen, von dem sie träumte. Es schien ihr, als hätte sie alles Unglück dieser Welt eingefangen, als würden die Steine in ihrem Weg zwar von ihr durchbrochen werden, aber dennoch an der Seite liegen bleiben und auf ihrem Weg durch Landschaften und Schönheiten ihre Schatten werfen.

Ihr sind viele Schönheiten begegnet, uns, ganz viele. Jede auf seine Art und Weise, Will, Klara, Milan. Menschen, die sich zeigten, wie sie sind. Auch wenn man dafür mehr als nur gehasst werden kann. Lola wusste es und Lola verstand Milan und seine Freunde. Sie hegte keinen Kontakt, sie konnte es nicht, aber umso mehr wurde ihr bewusst, wofür es sich zu Leben lohnt. Nicht für den eigenen Egoismus das zu bekommen, wonach sie ganz persönlich strebte, wofür ihre Welt strebte, wofür wir gemeinsam strebten, nein, es war Verwandlung der Welt ins Schöne.

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