Liebe über den Tod hinaus

27 0 0
                                    

Die Tränen eines Engels

Liebe über den Tod hinaus

Es hätte so schön werden können.

Kraftlos prallte Shinichi an die Wand und rutschte an ihr hinunter. Seine Freundin Ran hielt er fest in den Armen.

Sie war tot.

Sie war für ihn gestorben, sie hatte ihm das Leben gerettet und einen hohen Preis dafür bezahlt. Sie hatte ihn verlassen...

Dabei hätte alles so schön werden können.

Geplant war ein romantischer Abendspaziergang, es war Rans Wunsch gewesen. Sie hatte mit Shinichi reden wollen, und ihn um Hilfe bitten wollen. Seit Tagen hatte sie sich beobachtet gefühlt, verfolgt und bedroht. Seit Tagen hatte sie vor Angst nicht mehr richtig schlafen können. Das wusste Shinichi, und er hatte seine Hilfe angeboten. Mit Stalkern war schliesslich nicht zu spassen. Seine Hilfe hatte Ran jetzt endlich in Anspruch nehmen wollen.

Hilfe, die jetzt aber zu spät kam...

Jedes Mal, wenn Shinichi die Augen schloss, sah er den fremden, jungen Mann vor sich stehen, der wie aus dem Nichts vor ihm aufgetaucht war. Ran wusste sofort, dass es der Stalker war, der sie bedrohte. Er zielte mit einer Pistole auf ihn.

'Du bist zu gut für sie!', hatte er gerufen. 'Sie gehört mir! Stirb!'

Dann ging alles ganz schnell.

In dem Moment, in dem der Fremde abdrückte, stellte sich Ran schützend vor ihren Freund.

Als Shinichi wieder realisiert hatte, was passiert war, war der Fremde verschwunden. In seinen Armen lag eine schwer verletzte Ran, die verzweifelt versuchte, Blickkontakt zu ihm herzustellen.

'Bitte lebe... für uns... Shinichi...'

Das waren ihre letzten Worte gewesen. Ran hatte geweint, bevor sie in seinen Armen starb. Es waren die Tränen eines Engels. Ein Engel, der jetzt in den Himmel zurückkehren würde...

Es begann zu regnen. Schwer fielen die Wassertropfen auf Ran und spülten ihr Blut fort.

In Sekundenschnelle war Shinichi patschnass, doch er kümmerte sich nicht darum. Regen war seine kleinste Sorge.

Am liebsten würde er Rans Mörder verfolgen und töten, ihm dieselben Schmerzen zufügen, die er auch ihr zugefügt hatte. Er wollte ihn so leiden lassen, wie er Ran hatte leiden lassen, bevor sie endlich sterben konnte und von ihren Qualen erlöst wurde.

Aber selbst wenn er das tun würde, würde es ihm nicht helfen. Denn all das brachte Ran auch nicht wieder zurück...

Eine Leere ergriff von ihm Besitz. Shinichi spürte die Kälte, die durch seinen Körper kroch und seine Atmung fast lähmte.

Langsam senkte er den Kopf. Halb auf seinem Schoss, aber immer noch in seinen Armen, lag Ran. Die Ereignisse der vergangenen Minuten kehrten wieder mit voller Wucht in sein Bewusstsein zurück, er wünschte sich, die Zeit zurückdrehen zu können. Warum konnte man das Geschehene nicht wieder rückgängig machen? Warum? Dann wäre alles viel besser... Sie hätten einen anderen Weg genommen, hätten sich vielleicht gar nicht vor die Tür begeben... Und er hätte Ran retten können... Sie wäre noch am Leben...

Plötzlich erinnerte Shinichi sich an ein Lied, das er vor Monaten mal irgendwo gehört, den Inhalt aber nicht richtig wahrgenommen hatte. Sein Unterbewusstsein hatte die Informationen damals gespeichert und weggeschlossen, doch jetzt gab es sie wieder frei.

Tränen stiegen ihm in die Augen.

Ich krieg von dir niemals genug,

du bist in jedem Atemzug.

Die Tränen eines EngelsWhere stories live. Discover now