Gefangenschaft

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"Schau wie schön die Farben der Gräser in der Nachmittagssonne leuchten!", rief Fenja, die mit ihrem Hund Renja übers Feld rannte. Renja bellte vor Freude und rannte springend und grinsend neben ihr her. Auf den Feldern fühlte Fenja sich frei, sie lachte, tanzte und tobte in der Sonne und konnte einfach sein. Sie war glücklich.

Das war aber nicht immer so.
Sie lebte mit ihrer Familie; Mutter, Vater und 5 Geschwistern; in Aeldburin, der Hauptstadt von Rivrond. Die Stadt war die größte in ganz Rivrond und es war gleichzeitig das Zuhause der Königin und die Handelsstadt des Elfenvolkes, zu dem auch Fenja gehörte. Sie bekam die Königin oft zu sehen, weshalb sie sich den Neid einiger Bewohner der Stadt zuzog. Die Königin war eine sehr herzliche, mächtige und ehrliche Elfe und war im ganzen Land beliebt. Man konnte garnicht anders, als sie nicht zu mögen. Sie strahlte eine Stärke und Wärme aus, wenn man in ihrer Nähe war und sie verstand es gut, andere in ihren Bann zu ziehen. Es wurde sogar gemunkelt, dass sie eine der letzten, wenn nicht sogar die letzte Elfe war, die noch mit Magie umgehen konnte. Da das aber niemand so genau wusste, trat man ihr immer mit Respekt, wenn nicht sogar mit Furcht entgegen.
Fenjas Vater arbeitet im Schloss der Königin und ist sehr hoch in der Stadt angesehen. Ab und an darf Fenja mit ins Schloss. Dann hilft sie ihrem Vater, spielt mit den Kindern dort, liest alte Bücher in der Bibliothek oder spielt im Schlossgarten. Wenn sie aber nicht mit im Schloss ist, ist sie eigentlich immer auf den Feldern auzutreffen. Viele aus der Stadt mögen sie deswegen nicht. Kaum einer außer der Bauern hält sich auf den Feldern auf. Das ist nicht gut angesehen. Noch entsetzlicher war es, wenn jemand außerhalb der Stadtmauern auf den Feldern war, der aus gutem Elternhause kommt, so wie Fenja.
Fenja war dies aber total egal. Jede freie Minute nutze sie, um diese eben dort zu verbringen. Je älter sie wurde, desto mehr passten ihre Eltern auf, dass sie nicht so viel Zeit draußen verbrachte. Sie musste ordentliche, elegante und teure Kleidung tragen, musste Regeln lernen und diese befolgen. Bei Kindern drückt man noch ein Auge zu, je älter man aber wird, desto besser muss man sich in die Gesellschaft einfinden oder anpassen. Wer auffällt wird ausgegrenzt.
Fenja stach als einzige von den 6 Geschwistern heraus. Alle anderen hatten sich gut in die Gesellschaft eingefunden, fühlten sich wohl und waren glücklich, nur sie passte irgendwie nicht hinein. "Das gibt sich schon noch!", versuchte ihre Mutter sie aufzumuntern "irgendwann fühlst du dich total wohl in deinen schönen Kleidern, findest Freunde, verbringst Zeit mit ihnen und denkst garnicht mehr an die Zeit davor."

Fenja wusste, dass sie die Felder hinter sich lassen musste. Den einzigen Ort, an dem  sie sich in der Stadt jemals wohl gefühlt hatte. Aber je öfter sie dort gesehen wurde, je mehr machten sich die Leute ein Bild von ihr. Die Leute sahen aber nicht die Fenja, die glücklich und frei war, sondern jemanden, der nicht in die Gesellschaft passte. Und genau davor hatte Fenja angst. Für solche Leute gab es ein Wort: Ausgeschlossene. Diese lebten "zusammengepfercht" am Rande der Stadt. Sie durften sich nicht dort aufhalten, wo alle andern sich aufhielten. Sie waren arm und lebten in eben solchen Verhältnissen. Sie hatten kaum Geld für Kleidung und Essen und mussten somit stehlen, damit sie überhaupt etwas für Ihre Familie haben. Einen Job wollte keiner ihnen geben. Man wollte noch nicht mal mit ihnen reden.Sobald jemand einmal mit ihnen redete, waren gleich wilde Gerüchte im Umlauf. Deswegen war es besser, gleich einen großen Bogen um sie zu machen.
Fenja hatte Mitleid mit ihnen, wollte aber nicht so enden und hielt sich deshalb an alle Regeln und passte sich der Gesellschaft an. Anfangs fiel es ihr schwer, doch sie fand sich immer mehr mit ihrer neuen Rolle ab und ihr fiel es irgendwann kaum noch schwer, die Rolle der perfekten Tochter aus gutem Elternhause aufrecht zu erhalten.

In der Schule fand sie schnell Freunde und verbrachte viel Zeit mit ihnen. Sie lachte, doch es war nicht das Lachen, welches sie einst hatte. Dies hatte sie schon lange nicht mehr.
Nein, es war ein Lachen, welches schwer zu beschreiben ist. Es ist kein Falsches oder aufgesetztes Lachen. Das Lachen kommt schon von Herzen und ist echt. Allerdings ist es nicht so warm und frei, wie es einst war. So fühlte die sich auch schon lange nicht mehr. Sie hatte sich zwar gut in die Gesellschaft eingefunden, wurde akzeptiert und gemocht, aber Fenja fühlte sich immer noch verkleidet und gefangen.

Diese Stadt war so oberflächlich. Je mehr Zeit sie unter Leuten verbrachte, desto mehr viel es ihr auf. Nur oberflächliche Gespräche ohne Sinn und Tiefgang, es wurde penibel drauf geachtet, welche Kleidung man trug, wer das schönste makeup trug und wer den schönsen Schmuck. Fenja kotzte dieses Verhalten an. Sie interessierte sich garnicht für all das Zeug. Sie wollte Gespräche mit Tiefgang, wollte etwas über die Person ihr gegenüber erfahren und nicht nur an der Oberfläche kratzen! Sie wollte tragen, was sie wollte und in was sie sich wohlfühlt, und nicht das, was am extravagantesten war, nur damit sie in die Gesellschaft passte. Sie wollte am liebsten garkein Makeup tragen, da sie Natürlichkeit viel schöner fand. Aber Äußern konnte sie das nicht. Oft genug ist es schon vorgekommen, dass jemand sich genau so gefühlt hat und das zum Ausdruck gebracht hat. Die jenigen sind jetzt am Rande der Stadt bei den Ausgeschlossenen und sind so gut wie stumm geworden. Und so wollte Fenja nicht werden. Also behielt sie ihre Gedanken für sich und verhielt sich so, wie es von ihr erwartet wurde.

Jeden Abend saß sie am Fenster und beobachtete die Sterne. Der Himmel wirkt unendlich. Tausende von Sternen und jeder strahlt für sich alleine. Jeder ist besonders auf seine Weise und sie brauchen niemand anderen um zu strahlen. Zum einen machten Fenja diese Gedanken traurig, da sie meilenweit davon entfernt war, selbstständig zu strahlen und glücklich zu sein, zum andern lösten sie aber auch Hoffnung in ihr aus. Vielleicht erlangt sie in Zukunft das Gefühl der Freiheit wieder. Dem wurde sie sich von Abend zu Abend sicherer. Sie wusste nur noch nicht wann und wie, aber sie war sich sicher: In dieser Stadt, die sie so unglücklich macht und in der sie sich gefangen fühlt wollte sie auf keinen Fall bleiben!

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⏰ Letzte Aktualisierung: Sep 17, 2018 ⏰

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Fenja DrachenreiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt