Johnny

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Als ich heute zum Arbeiten in das kleine Restaurant komme,

wird mir der Neue vorgestellt.

Das, sagt mein Chef, ist Johnny.

Johnny kommt aus Syrien und arbeitet jetzt in der Küche, um die freie Stelle zu besetzen.

Ein hagerer Mann mittleren Alters streckt mir seine knochige Hand entgegen, fast zu schüchtern, um mir in die Augen zu schauen.

Leise murmelt er irgendwas, vielleicht eine Begrüßung.

„Johnny kann noch nicht so gut Deutsch", meint mein Chef, während er alles besonders deutlich artikuliert und einen strengen Blick auf ihn wirft.

Mit Mühe zwinge ich mir ein Lächeln aufs Gesicht und erwidere den Handschlag.

„Hallo", sage ich.

Dann mache ich mich daran, ein paar Gläser zu polieren.

Johnny also, der die freie Stelle besetzt.

Frei, weil ein anderer sich vor zwei Wochen beide Pulsadern aufgeschnitten hat.

Man fand ihn zu spät in seiner Ein-Zimmer-Wohnung im 15. Stock.

Ein junger Mann, gerade einmal dreißig Jahre alt.

Aus Nigeria kam er.

Johnny hieß er.

In der Küche werden ständig neue Stellen frei.

Und wenn meine an der Reihe ist,

dann trägt der Service schwarz am nächsten Tag.

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