-1- Das Wiedersehen

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Ihr braunes, schulterlanges Haar schimmerte unter den milden Sonnenstrahlen.
Der frische Duft von blühenden Blumen machte sich breit und die Natur erwachte zu neuem Leben.
"Frühling, meine Lieblingsjahreszeit!",erklang die glockenhelle Stimme.
Mein Blick blieb an den Augenpaaren der jungen Schönheit hängen, meine beste Freundin. Sie strahlten unbeschreibliche Freude aus. Es wirkte nahezu schon ansteckend, weshalb ich nicht anders konnte, als auf meinen Lippen stets ein munteres Lächeln zu tragen.

"Ich liebe diesen Ort hier!",rief die kleine Dame vergnügt und schien diesen Moment mit mir in vollen Zügen zu genießen.
Allmählich fand ihre kleine Hand sich an meiner wieder und verschloss diese sanft. Nun spürte ich, wie die Brünette mich mit liebevollen und nicht allzu starkem Druck hinter sich, durch den ringsum, grünen Park her zerrte.

"Jetzt sei doch nicht so hastig, Emi! wir haben genug Zeit!",beklagte ich mich, allerdings mit einem solch warmherzigen Ton, sodass meine beste Freundin mir diese Beschwerde sicherlich gar nicht ernst nehmen würde.
Doch daraufhin kam nichts mehr von ihr.
Neugierig führte sie mich auf der Grünfläche herum und ließ unsere Hände dabei taktisch hin und her schaukeln. Wie zwei alberne Kleinkinder. Allerdings hatte jeder Mensch doch eine etwas kindliche Seite, die er hin und wieder mal gerne zum Vorschein brachte.
Das Glück in den Augen Emi's war eine wunderschöne Sache. Alles schien perfekt an ihr zu sein. Ich liebte jeden kleinsten Zentimeter ihrer Seele und das breite Grinsen, welches sie ständig trug, trat wie ein froher Sonnenschein zur Öffentlichkeit. Es versüßte mir jedes Mal den Tag. Wenn sie glücklich war, war ich es mit Sicherheit auch.

Wir ließen uns nach einer Zeit auf eine nächstgelegene Sitzgelegenheit nieder und ihr Griff lockerte sich kein bisschen. Dieser wurde sogar ein wenig fester und es wirkte so, als würde sie am liebsten nie wieder meine Hand loslassen.
"Was ist deine Lieblingsjahreszeit?",fragte die Jüngere mich interessiert und mit großen Augen erfasste sie meinen verwunderten Blick.
Ich musterte die farbenfrohe Iris meiner Freundin und erkannte zugleich mein eigenes Spiegelbild.
Das Grün darin erinnerte mich an eine Frühlingswiese.
Aber irgendwie...
Irgendwie stimmte etwas nicht.
Ich wusste selbst nicht, wie ich darauf kam, doch etwas sagte mir, dass sich hinter diesem lieblichen Blick noch mehr verbarg.
Viel mehr.

"Herbst.",antwortete ich auf ihre Frage knapp und nachdem ein leichter Wind wehte, strich ich mir meine einzelnen Haarsträhnen aus dem Gesicht, ließ diese hinters Ohr ruhen.

"Herbst?.. Herbst ist auch schön, aber ich mag es nicht, wenn die vielen Blätter von den Bäumen absterben und das meist regnerische, windige Wetter bereitet mir schlechte Laune."
Ich lauschte ihren Worten und schenkte ihr meine volle Aufmerksamkeit, bei ihrem formulierten Satz nickte ich ebenso verständnisvoll.
Das war nunmal Emi. Hatte meist schlechte Laune, wenn das Wetter genauso nicht mitspielte, liebte bunte Dinge und probierte viel zu gern neue Sachen aus. Diese Person kam vollkommen optimistisch herüber und negative Gedanken ihrerseits schlichen sich normalerweise nur ganz selten ein.
Um ehrlich zu sein, hatte ich sie kaum niedergeschlagen oder freudlos erlebt, weshalb ich mir öfters durch den Kopf ging. Diese Zeiten kamen bisher so wenig vor, dass es schon unheimlich für mich war.

"Herbst ist etwas ganz besonderes für mich. Er zeigt mir, wie schön es sein kann, auch mal Dinge einfach... Loszulassen, verstehst du?",erläuterte ich mit einem zierlichen Lächeln bedacht, ehe ich den Kopf an meiner Hand allmählich abstützen ließ.
Von der Nähe fand ich, dass Emi immer viel außergewöhnlicher zur Geltung kam. Ihre smaragdgrünen Augen stochen auffällig durch das geringe Makeup hervor und man verlor sich darin sehr schnell. Ohne Zweifel.

"Achso. Ja, verstehe ich."
Auf einmal veränderte sich der Klang. Er wurde nachdenklicher, als würde sie gerade darüber grübeln, was ich damit wohl gemeint hatte. Die Braunhaarige brach vorsichtig den durchdringenden Blickkontakt ab und erhob den Kinn, sodass sie hinauf, über uns sehen konnte. Währenddessen musterte ich die Jüngere ein klein wenig prüfend, wanderte langsam ihrem Ausblick nach.
Der hellblaue Himmel war klar. Er schien endlos zu sein. Fast so wie das Meer. Eine kurze Weile herrschte Stille zwischen uns beiden. Jedoch war es nicht unangenehm oder schamhaft wie es bei den Meisten so üblich war. Ganz im Gegenteil.

Familiar StrangerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt