Knistern der Blätter

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Septemberabende... wie viele ich davon wohl schon durchlebt hatte? Sicherlich könnte man diesen Wert jetzt grob überschlagen, allerdings wäre das absolut unsinnig, denn es spielt prinzipiell überhaupt keine Rolle. Der einzige Septemberabend, der für mich jemals von Bedeutung war, war jener an dem ich ziemlich frierend und definitiv auch leicht alkoholisiert durch den Park schlenderte.

Der Abend war schön. Zwar nahm es mir meine Nase übel, in der Kälte draußen herumzuwandern, aber es war nunmal Herbst. Einer der frühen Herbsttage, wie aus dem Bilderbuch. Genau die Sorte von Herbsttagen, die ich schon immer geliebt hatte. Die Bäume begannen gerade erst ihre Blätter abzuwerfen und somit lief ich auf einem leuchtend orangenen Teppich, der super toll knisterte. Oh ja, das Knistern faszinierte mich. Genau so, wie es mich faszinierte, dass ich mal mehr links und mal mehr rechts ging, aber zumindest lief ich.

Die Feier war gut gewesen. Es gab Musik, es gab meine Freunde und es gab Alkohol. Und obwohl ich ordentlich was intus hatte, war ich froh, nicht zu tief in den Becher geschaut zu haben. Ansonsten wäre der Weg nach Hause problematischer geworden. Aber so knisterte es einfach nur ein bisschen.

Während ich mich immer weniger darauf konzentrieren musste, einen Fuß vor den anderen zu setzen, bemerkte ich etwas, das mir gar nicht gefiel: Mein schönes, monotones, rhythmisches Knistern wurde gestört. Da war noch ein Rascheln hinter mir. Schwere Schritte, die die Schönheit des Laubes anscheinend überhaupt nicht zu schätzen wussten. Und irgendwie brauchte es nur das, um mir Angst einzujagen: Denn dort ging jemand hinter mir, der offensichtlich die kleinen Dinge und das Laub nicht beachtete.
Also wurde ich schneller und drehte mich um. Doch hinter mir war nichts. Nichts außer der orangene Teppich bestrahlt von den Glaslaternen.

Mein Verstand musste mir einen Streich gespielt haben, kein Wunder bei diesem Tequila. „Reiß dich zusammen, Konzentration!", sagte ich mir, genau so, als würde mich eine sehr strenge Lehrerin ermahnen, damit ich auch die nötige Wirkung erzielte. Leise begann ich zu pfeifen, um mich abzulenken, denn vor mir war eine Laterne ausgefallen, sodass ich mich für gute 10 Meter mit noch weniger als spärlichem Licht vergnügen musste. Und obwohl ich mir die Schritte anscheinend nur eingebildet hatte, war mir dieser Herbstabend in diesem Moment unter dieser Laterne absolut nicht geheuer.

Ich versuchte mich nicht verrückt zu machen. Immerhin war ich schon unzählige Male nachts nach Hause gelaufen und nie war etwas passiert. Na bitte: ich befand mich wieder unter dem Lichtkegel einer funktionierenden Laterne und in nur ein paar Minuten zu Hause. Dachte ich. Doch plötzlich roch ich nur noch einen brennenden Gestank in meiner kalten Nase und bemerkte wie ich an einem schönen Sebtemberabend auf dem orangenen Teppich unter dem Lichtkegel einer funktionierenden Laterne das Bewusstsein verlor. Das letzte was ich hörte waren schwere Schritte, die das Knistern des Laubes überhaupt nicht zu schätzen wussten.

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