4 - Strandspaziergang

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Es war nun schon früher Abend. Und Finn langweilte sich dezent. Seitdem seine Eltern weg waren, wusste er nicht wirklich, was er machen konnte. Fußball spielen ging natürlich nicht und sein Klavier stand auch Zuhause. Wobei er mit seinem Arm aktuell sowieso nicht spielen könnte. Dann wäre da noch Malen, aber darauf hatte Finn irgendwie gerade nicht so Lust. Er wusste selbst nicht wieso, aber es war halt irgendwie so. Da er jedoch nicht die ganze nur im seinem Krankenzimmer liegen und nebenbei am Handy rumhängen wollte, kam Finn auf die Idee, dass er ja mal vielleicht einen kleinen Spaziergang machen könnte. Das Krankenhaus hatte, wenn man es denn so bezeichnen mag, eine schöne Lage. Es gab viel Natur und wie Finn aus dem Fenster sehen konnte, befand sich das Meer auch nicht weit entfernt. Und jetzt da Finn genauer hinhörte, konnte er sogar das beruhigende Wellenrauschen wahrnehmen. Sofort musste er wieder an den Strandabend mit dem entzückenden Sonnenuntergang denken. „Ahhh, ist das was schönes.", flüsterte Finn sich zu. Jetzt musste er nur noch irgendwen fragen, ob es denn in Ordnung sei, wenn er kurz raus gehe. Finn sah zur Uhr und sah, dass es kurz vor halb sieben war. Das bedeutete, dass der Arzt gleich, wie zumindest angekündigt, zur Kontrolle kommen würde.

Und so war es auch. Finn vernahm ein leichtes Klopfen gegen die Tür, welche kurz darauf aufging. „Guten Abend, Finn.", sagte der Arzt freundlich, „Wie geht es dir denn aktuell? Irgendwelche Schmerzen oder sonstige Beschwerden?" Finn, der kurz nachdachte, antwortete: „So weit ist eigentlich alles gut. Der Arm tut bei leichter Bewegung zwar ein wenig weh, aber sonst gibt es nichts weiter." „Na das ist ja soweit ganz schön, wenn es, abgesehen von deinem Arm, keine weiteren Beschwerden gibt." sagte der Arzt. Finn, der nun wieder an seinen geplanten Spaziergang dachte, zögerte kurz und fragte dann: „Ähm... wäre es eigentlich in Ordnung, wenn ich draußen einen kleinen Spaziergang machen könnte? So am Strand?" Der Arzt hatte damit anscheinend nicht gerechnet, aber sein Gesichtsausdruck verriet Zuversicht für Finn. Und so antwortete der Arzt freundlich: „Wenn ich mir so deinen Zustand angucke und dazu deine Werte sehe, sollte es eigentlich kein Problem sein. Jedoch würde ich jemanden mitschicken, der bei dir ist, damit im Notfall jemand zur Stelle ist."

Finn saß nun im Foyer auf einer kleinen Bank und wartete auf die Begleitung. Sein Blick schweifte durch das helle Gebäude und blieb bei der großen Glasschiebetür stehen. Allein schon bei den Gedanken an die Natur mit ihrer Landschaft und erfrischenden Luft hatte Finn gute Laune und wenn man genau hinsah, sah man sogar ein kleines Lächeln im Gesicht. Plötzlich zuckte er kurz zusammen und drehte sich um, als er hinter sich eine weibliche Stimme hörte: „Hallo. Du müsstest Finn sein, richtig?" „Ja", antwortete Finn knapp. „Ich bin Mrs. Clark. Du kannst aber ruhig Kathy zu mir sagen.", stellte sich die Frau vor, „Der Arzt sagte mir, du wollest draußen ein wenig spazieren gehen und ich werde dich dabei begleiten." Finn stand auf und so gingen sie beide zum Ausgang. Beim Öffnen der Tür verspürte Finn eine erfrischende Brise. Die ersten Schritte waren erstmal ein wenig ungewohnt, da er die letzte Zeit ziemlich lange nur gelegen hatte. Doch dann war es fast wieder wie gewohnt. Aber nur fast, denn er hatte nur einen Arm durch seine dünne Strickjacke gestreckt. Der andere war ja schließlich bandagiert und wurde zusätzlich unter der Jacke von einer Armtrageschlinge gestützt. „Wo möchtest du eigentlich lang gehen?", fragte Kathy. Finn musste da nicht wirklich lange überlegen und sagte: „ Zum Strand." Dieser war nicht weit entfernt und so schlugen sie gemütlich den Weg zum Strand ein. Der Weg, auf dem sie nun gingen, war auf beiden Seiten von Bäumen umgeben. Finn musterte sie etwas genauer. Komisch, dachte sich Finn. Solche Bäume hatte er in der Gegend hier noch nie gesehen, aber er wusste auch nicht genau, was das für welche waren. Und kaum versuchte er sich darüber Gedanken zu machen, da spürte Finn auch schon den weichen Sand unter seinen Schuhen. Diese zog er aus und nahm sie in die freie linke Hand. Bei jedem Schritt, den er machte, durchströmte ihn ein warmes Gefühl, welches er anscheinend sichtlich genoss, da Mrs. Clark fragte: „Du scheinst wohl ein richtiger Naturgenießer zu sein, was?" „So könnte man es vielleicht bezeichnen.", antwortete Finn, dessen Blick immer noch starr zum Meer gerichtet war, „In meiner Freizeit bin ich ziemlich oft draußen unterwegs. Zumindest wenn das Wetter es einigermaßen zulässt." Und aktuell ließ das Wetter es ja auch zu. „Mittlerweile habe ich schon meine speziellen Orte, die ich des Öfteren besuche.", fuhr Finn fort. Inzwischen waren sie schon eine Weile unten am Wasser entlang gegangen. Das kühle, klare Wasser schwappte gegen ihre Füße. „Dann scheinst du dich dann hier ja ziemlich gut auszukennen.", begann Kathy Clark, „Wir, also ich, mein Mann und unsere Tochter, sind erst vor kurzem hierhergezogen, da ich, unter anderem, hier den Job als Krankenschwester bekommen habe. Und ich muss sagen, dass es mir hier ziemlich gut gefällt." Sie musterte Finn, der, wie sie merkte, geistig ein wenig abwesend war. „Ist alles in Ordnung bei dir, Finn?", fragte Kathy nach und tippte Finn leicht an der linken Schulter an. Finn löste sich aus seinem starren Blick und drehte sich zu Mrs. Clark hin. Er öffnete den Mund, um zu einer Antwort anzusetzen, jedoch gab er keinen Ton von sich und schloss ihn wieder. Finn war sich nicht sicher, ob er seine Gedanken, die ihm an diesem Abend durch den Kopf gegangen waren, laut aussprechen sollte, geschweige denn konnte...

In einem anderen LebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt