"Blutsfreunde"

Überraschungsgäste

Wie es nicht anders zu erwarten war, machte Wayne mich natürlich vor allen anderen nieder. Was sagte er nochmal? "Lernen die Kinder außerhalb der Zivilisation nicht Uhren lesen?" Er und die anderen fanden das natürlich zum Brüllen. Ich hätte ihn aus dem Fenster schubsen können. Und als wäre diese 'Standpauke' nicht genug, gab er mir natürlich noch einen Haufen weiterer Arbeiten die ich heute noch erledigen musste. Ich wollte garnicht daran denken, was mir bevorstehenden würde, wenn ich es nicht fertig bekäme. Was man nicht alles für einen halbwegs gut bezahlten Job in Kauf nimmt..

Ich öffnete die Augen und hob meinen Kopf vom Tisch. Mist! Ich musste eingenickt sein. Wieder schaute ich auf die Uhr. 20:36 Uhr. Arbeitsschluss ist normalerweise um 18Uhr, sogar für den Letzten. Ich schaute auf den Berg von Blättern die ich eigentlich immer noch zu erledigen hatte. "Leck mich, Wayne!", murmelte ich leise und stand auf. Sollte er sich doch einen anderen Idioten dafür suchen. Ich schaltete das Licht aus und begab mich auf den dunklen Flur. Fluchend suchte ich die Wand nach dem Lichtschalter ab. Gerade als ich ihn fand, ließ mich ein lautes Scheppern zusammenfahren. Das Licht blieb erstmal aus. War das Wayne? Ich versuchte es mir einzureden, konnte es mir aber nicht abkaufen. Als ob er extra so lange hier bleiben würde. Ich war noch nicht lange hier, bemerkte aber schnell, dass er es einfach nur lustig fand, Leute herumzuschubsen, selber aber nichts leistete. Er würde niemals freiwillig um diese Uhrzeit noch hier sein. Angst und Neugier packten mich und natürlich, wie in jeder anderen guten Geschichte auch, musste ich nach dem Geräusch schauen. Also tapste ich, langsam und von den Schatten der Dunkelheit geschützt dem Lärm entgegen. Inzwischen hörte ich sogar Stimmen. Es wären die von Männern. Bekannt kamen sie mir nicht vor. Und nett hörten sie sich ebenfalls nicht an. Und dann sah ich sie. Tatsächlich kam der Lärm aus Wayne's Büro. Aber er kam nicht von Wayne. Drei Männer waren im Raum verteilt und kramten druch alle möglichen Schubladen. Mühe gaben sie sich nicht, auch nur irgendwas ordentlich zu lassen. Und erst jetzt fiel mir auf, dass alle drei so komische Clownsmasken trugen. Ich hatte keine Ahnung was das sollte, doch plötzlich packte mich das Gefühl der Panik. Irgendwoher kamen sie mir bekannt vor und ich wusste, dass es nicht gut enden würde, wenn ich hier stehen blieb. Langsam setzte ich einen Fuß nach den anderen Rückwärts zurück. Bis ich auf was Hartes trat. Verwirrt schaute ich runter. Es war immer noch verdammt dunkel, dennoch konnte ich gerade noch so erkennen, dass es sich um einen Fuß handeln musste. Blitzschnell drehte ich mich um und rannte geradewegs mit meinem Gesicht gegen die Brust eines anderen hinter mir. Ängstlich schaute ich nach oben, wo mich auch schon zwei dunkle Augen anstarren. Ein Grinsen, was durch das schwache Licht noch unheimlicher aussah, bestückte nun das Gesicht meines Gegenübers. "Ach willst du uns denn schon verlassen, Liebchen?" kam es in einem belustigten Ton.