Alleinige Vergangenheit

Und so stehe ich hier. Allein, vom kalten Wind umgeben. Unangenehm, kühl und einsam. Ich stecke meine blauweiß gefleckten Hände in meine Jackentasche, in der Hoffnung, dass sie in irgendeiner Weise wieder auftauen, doch ich verzage. Der Wind dringt durch die kleinsten Lücken und belüftet meinen gesamten Körper mit Kälte. So stehe ich wie ein Tannenzapfen auf einer hölzernen, sechsunddreißig Meter hohen Aussichtsplattform. Normal habe ich mir geschworen, nie wieder hier her zu kommen, denn ich verbinde viele schöne Momente mit diesem Turm. Ich kann mich daran erinnern, als ich zuletzt mit einem guten Freund hier war. Wir sind damals mit dem Fahrrad hergefahren. Schwarze, grässlich geformte, karge Äste ragten in den Himmel. Der Boden war mit weißem, edlem Stoff bedeckt. Kleine, verschwommene Wölkchen stießen aus dem Mund aus, teils kam ein kleines Grinsen hervor. Als wir angekommen sind konnte ich es kaum erwarten und ich bin förmlich, den einhundertsechsundneunzig Stufen hohen Turm, hochgerannt. Und so saßen wir dann am eisernen, gefrorenen Geländer. Mein Freund und ich sahen aus wie eine Bowlingkugeln. Dicke Jacke, Skihose, Handschuhe, Mütze, alles so angezogen, dass die kalte Luft gar nicht auf den Gedanken kommen konnte, irgendwie unsere Körper zu streicheln. Es vergingen Stunden, als wir über unsere Wehwehchen, Freuden und Sorgen ausgetauscht haben. Es war schon echt befreiend und ich habe auch die kalte Luft richtig genossen, doch ich war nicht nur mit ihm hier. Ich verbinde noch eine tiefgründige Sommernacht mit einer anderen Person. So standen wir getrennt voneinander da und beobachteten zusammen die fernen Lichter, die rot, wie eine Welle, aufleuchteten. Es war ein warmherziges Gefühl, nicht allein über alles nachzudenken. Man hatte seine Ruhe, jedoch war trotzdem jemand dabei und gab dir kraft und Geborgenheit. Ein Gefühl, was ich so nie kannte. Es sind genauso Stunden vergangen, indem man Einklang mit sich selbst finden konnte. Indem man Kraft aufgebaut hatte. Und so stehe ich hier. Allein, ohne dass ich mit jemanden zusammen reden, oder nachdenken kann.