Lies have sharp teeth

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Ich war noch nie ein sonderlich großer Freund von dramatischen Auftritten und jetzt, wo ich erneut vor einer neuen Tür stehe, hinter der sich komplett neue Leute befinden und ich eigentlich reingehen müsste, fällt mir dies auch wieder ein. Allein wenn ich daran denke, jetzt hineinzugehen und mich vorzustellen, mich neben irgendeinen noch größeren Looser zu setzen, als ich es bin, neben dem nur frei ist, weil alle anderen Angst haben sich an seiner Nussallergie anzustecken und von allen angestarrt zu werden, dreht sich mir der Magen um.

Es klingelt ein zweites mal. Ein melodischen und edles Klingeln, welches überhaupt nicht zu dem dunklen Klotz, den diese Schule darstellt, passt. Ich weiß, dass ich hinein muss, aber ich will echt nicht. Am liebsten würde ich einfach wieder gehen und freiwillig zur russischen Mafia gehen, aber ich bin mir sicher, die wollen nicht solche Angsthasen, die sich nicht mal in einen Biologieraum trauen. Ja, ich bin mir ziemlich sicher, dass die russische Mafia sich bei einer Wahl zwischen mir und den Nussallergiker ohne Sitznachbarn, für ihn entscheiden würde.

Ich schaue an mir herunter, was eigentlich gar keinen Sinn macht, da das mein langweiliges Outfit nicht besser macht. Ich atme durch, schultere meine Tasche erneut und gerade als ich die Klinke in die Hand nehmen will, zucke ich vor Schreck weg. Ein kauter Knall erfüllt die Schule und zack, Stromausfall oder sowas. Vielleicht bilde ich mir das ein, aber ich meine sogar Rauch riechen zu können.

Nun stehe ich in einem dunklen Gang und mein Herz schlägt noch schneller. Die Dunkelheit war noch nie mein bester Freund, denn wie erwähnt, ich hatte noch nie einen. Durch die Tür vor der ich stehe, höre ich lautes Stimmengewirr und irgendwo dazwischen einen Lehrer, der offenbar versucht die Klasse unter Kontrolle zu bekommen, was nur so semi-mäßig klappt.

Jetzt oder nie, ich muss da sowieso rein und heute wird bestimmt nichts mehr schlimmer, als der kahlrasierte Holzpfäller im Sekreteriat. Ohne weitere Gedanken öffne ich die Tür und finde mich in einem spärlich beleuchteten Raum wieder. Und obwohl gerade eben noch eine heftige Diskussion diesen Raum erfüllt hatte, sind nun alle still und ich fühle wie die Blicke der Schüler mich durchbohren.

Na toll... In Schauspielern war ich eigentlich schon immer relativ gut, weswegen ich eine gleichgültige Mine aufsetze und den Lehrer, der mich übrigens ebenfalls anstarrt, zurück anstarre. Der Lehrer ist ein dünner Kautz, der aussieht als hätte er einen Besen gefressen - oder Ballett getanzt. Vielleicht auch beides, auf jeden Fall steht er aufrecht, sodass er mir von oben auf den Kopf starrt. Seine Brille sitzt schief auf seiner Nase und Schweißperlen befinden sich auf seiner Stirn. Offenbar ist er über mein plötzliches Auftreten und die Tatsache, dass durch meine Anwesenheit alle ruhig sind, ziemlich dankbar.

Ich lasse meinen Blick durch die Klasse schweifen und auf ein mal drehen sich alle Köpfe weg. Niemand kommt mir bekannt vor, was kein Wunder ist, da ich niemanden in dieser Stadt kenne. Das Mädchen aus dem Sekreteriat und er Holzpfäller sind nicht hier, ich atme erleichtert auf.

Der Lehrer, der tatsächlich sehr dankbar klingt räuspert sich und mein Kopf schellt zu ihm. Es hat immer noch kein einziger Schüler einen Mucks von sich gegeben. Jetzt, wo ich den Lehrer wieder ansehe, drehen sich auch ihre Köpfe wieder zu mir, was ich mit einem Lächeln abtue. Sonderlich intelligent scheinen die hier ja nicht zu sein. Mit großen Schritten kommt der Mann auf mich zu, aus Reflex trete ich zwei Schritte zurück und merke erst zuspät, dass er mir bloß die Hand geben wollte. Mit einem Lacher zieht er sie wieder zurück. Super Angust, jetzt denken bereits drei Menschen auf dieser Schule, dass du ein Trottel bist.

Er beginnt zu reden und ich, unaufmerksam wie immer, bemerke erst, dass er mit mir redet, als er seinen Satz bereits beendet hat. Da er und die gesamte Klasse mich erwartend ansehen, vermute ich mal, dass es eine Frage war. Ich könnte mich selber innerlich Ohrfeigen. Wieso passte ich nie auf? Ich entschied mich für die beste Möglichkeit. Ein leichtes Nicken, ohne jene Emotion und ein leises „Mhm" hinterher geschoben.