Kapitel 1

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"...es klappt einfach nicht mehr. Glaub mir, ich liebe dich. Aber ich hab damit abgeschlossen, ich hab das schon vor längerer Zeit, es ist mir nur jetzt erst richtig klar geworden. Es tut mir leid Sophie. Ich wünschte es wäre für die Ewigkeit gewesen, aber wir verdienen beide besseres", es dauert bis ich realisiere was er gesagt hat. Tränen kullern meine Wange runter, ein Schluchzen steigt hoch, mein Körper fängt an zu zittern und ich schaue ihn nur unverwandt an. Ich bettel, dass er uns noch eine Chance gibt, auch wenn ich tief in mir drin weiß, dass es nicht funktioniert hätte. Er hatte Recht, wir hatten beide besseres verdient. "Kann ich dich noch einmal küssen?", ich versuche meine Tränen zurück zu halten und als er nickt, ich meine Lippen ein letztes mal auf seine drücke, bricht der Damm erneut. "Ich bin dir für alles dankbar", hauche ich leise, stehe auf und laufe unter Schluchzern und mit zitternden Beinen seine Treppe runter, ein allerletztes mal.

Meine Stirn war nassgeschwitzt und die Luft in dem Raum fühlte sich ekelhaft an. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass ich ohnehin nur noch 20 Minuten gehabt hätte, bevor sich mein Wecker gemeldet hätte. Es war eine gewöhnliche Nacht, ich hatte meinen gewöhnlichen Traum und es war mein täglicher kleiner Kampf ein Stück weiter damit abzuschließen. 
Als ich das Fenster öffnete und die kalte November Luft in mein Zimmer strömte, blieb ich kurz davor stehen, jedoch fröstelte es mich dann doch zu sehr und ich ging ins Bad um mich fertig zu machen. Der Spiegel verriet mir, dass ich so schrecklich aussah, wie ich mich auch fühlte. 
In der Küche schnappte ich mir mein Frühstück, sah nach ob ich irgendwelche Nachrichten hatte, nahm mir meine Mütze und verließ das Haus. 

Für November war es außergewöhnlich kalt, aber der Zug hatte angenehme Temperaturen, wenn es auch nicht das Angenehmste war, mit all den Menschen hier. Die gewöhnlichen Gesichter steigen ein und aus, ein paar damaligen Bekannten lächel ich zu und schaue dann wieder gewöhnlich aus dem Fenster. 
Wiesen, zwei Pferde, der Wald und danach die Papierfabrik, das war der normale Ablauf der Sachen, die man aus dem Fenster sehen konnte. Es war jeden Tag das Gleiche und mein Leben fühlte sich immer mehr wie eine Routine an, die ich durch lebte. Ich hatte diese Phasen öfter, in denen ich über den Sinn nachdachte und in eine unendliche Leere fiel, weil ich keine wirkliche Antwort finden konnte. Das konnte keiner und wahrscheinlich gab es auch keine wirkliche Antwort. Ich hätte nur gerne eine, damit diese Phasen aufhören würden. 

In der Stadt angekommen, wartete ich am Ausgang auf eine Klassenkameradin, deren Zug in fünf Minuten auch ankommen müsste. Ich hatte den beiden Mädchen, die ich in der neuen Klasse kennen und lieben gelernt hatte, heute morgen geschrieben, dass ich wieder einer meiner schlechten Tage hatte und sie wussten, was gemeint war und das ich heute nicht wirklich in Witze Laune war. Nach der Trennung hatte ich immer wieder schlechte Tage, ich musste eben noch stückchenweise darüber hinweg kommen. Die Trennung hatte meine Phasen, in der ich über die Existenz nachdachte, natürlich ziemlich verschlimmert, weil ich nun alleine war, aber da muss ich durch. 
Und ja, ich war nicht wirklich 'alleine', ich hatte Freunde (wobei die auch fast alle einen Freund hatten und ich mich dadurch nur noch einsamer vorkam) die für mich da waren.

"Hey", Eve kam auf mich zu, lächelte leicht und umarmte mich zur Begrüßung. Ohne größere Umschweife liefen wir den gewohnten Schulweg, erzählten ein bisschen, was das Wochenende passiert war und wir lachten. Wir hielten auch die ganze Horde Menschen hinter uns auf, weil wir zu zweit den ganzen Weg belegten, aber das war unser gewöhnlicher Morgen. 
"Übrigens hab ich dir was mitgebracht, so für deinen schlechten Tag", sie grinste mich breit an und ich lächelte wehleidig. Eve war ein unglaublich herzensguter Mensch, auch wenn sie mich manchmal (oft) nervte, dennoch fühlte ich mich unbehaglich das sie mir etwas mitbrachte, einfach nur weil sie bereits so viel für mich tat und ich nicht wusste, wie ich es zurück geben konnte. "Du hättest das nicht machen müssen, ich bin dir und Laura schon so für alles dankbar, das weißt du oder?", ich schaute sie fragend an.
"Natürlich, aber es schadet dir ja nicht und es war auch nicht teuer oder irgendwie aufwendig. Ich mag es eben mehr, wenn du gut drauf bist und das ist auch in meinem Interesse. Um ehrlich zu sein, deine sarkastischen Bemerkungen sind manchmal verletzend, wenn du schlecht drauf bist, also ist es definitiv auch in meinem Interesse."
Ich lachte kurz auf und schaute sie dann mit meinem aufrichtigsten Lächeln an, um ihr zu zeigen wie sehr ich das wertschätze. 

"Leute, ich bin so müde", kam Laura angelaufen. Am Anfang lief sie immer mit uns, stieg dann aber auf den Bus um und so trafen wir uns dann kurz vor Unterrichtsbeginn in der Kantine.
"Ich auch", zur Bestätigung lies ich meinen Kopf auf meine Arme sinken und gab ein Schnaufen von mir. 
"Wie geht es dir?", fragte Laura. Sie wusste, dass die Frage überflüssig war, ich fand die Geste trotzdem nett, es war ein aufrichtiges 'wie geht es dir' und nicht eins, wo es egal war was man antwortete. 
"Wie wohl?", antwortete ich mit sarkastischem Unterton. Musste danach aber wieder grinsen, als ich daran dachte, dass Eve meinen Sarkasmus nur halb so lustig fand, wenn ich schlecht drauf war. 

Pünktlich zum Gong standen wir auf, stellten die Stühle zurück an den Tisch und liefen zu dem Raum. Deutsch war schon immer ein Fach, dass ich einfach nicht konnte. Ich konnte problemlos Texte schreiben und meine eigene Meinung erläutern, aber sobald es zur Interpretation irgendwelcher Texte oder ähnlichem kam, hatte ich immer was komplett anderes, als das was der Lehrer erwartete. Aber wenn wir ehrlich sind, ich glaube das geht vielen so. 

Die Stunden bis zur Pause verliefen ziemlich ereignislos, bis auf eine Auseinandersetzung mit einem Lehrer. Ich hasste es, wenn mich Lehrer einfach so dran nahmen. Jeder Schüler hasste es und komischerweise liebten Lehrer es. Jedoch war keinem Lehrer klar, dass manche von den Schülern sich dann extrem unter Druck gesetzt fühlen und innerlich eine Angstattacke erleiden. 
Lehrer dachten wohl, dass man damit die Aufmerksamkeit wieder auf den Unterricht lenken konnte, wenn es rüber kam, als ob man nicht aufpassen würde, aber das war nicht so. Sie wussten es anscheinend nur nicht oder ignorierten es fließend.

"Ciao Leute. Wir sehen uns morgen und mach dir nicht so einen Kopf Soph', es kommt wie es kommen muss", verabschiedete sich Laura und ging davon- Währenddessen liefen Eve und ich zu unserem Gleis und setzten uns in den Zug. 
"Ich weiß nicht was ich meinem Freund zum Geburtstag schenken soll", seufzte Eve.
"Denkst du nicht auch, dass ich grade die falsche Ansprechpartnerin dafür bin", entgegnete ich, lächelte jedoch leicht, damit es nicht zu schroff rüber kam. 
"Tut mir leid, du hattest nun mal schon einen Freund. Ich dachte du hast vielleicht ein, zwei Ideen?", sie schaute auf den Boden, ich glaube sie hatte gemerkt das es unpassend war. 
Ich seufzte tief, bevor ich antwortete:"Ich sag dir in den nächsten Tagen Bescheid okay? Nur nicht heute.."

Zuhause schmiss ich mich erstmal aufs Bett. Der Tag hatte sich unglaublich lange angefühlt und ich war einfach nur müde. Die Art von müde, die man leider nicht mit Schlaf ausgleichen konnte.


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⏰ Last updated: May 18, 2019 ⏰

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Withered RoseWhere stories live. Discover now