Wir kennen ihn alle. Den einen Augenblick. Wann er sein wird? Wo er sein wird? Wie er sein wird? Du weißt es nicht. Du weißt nur, wenn er gekommen ist. Alles oder nichts.
Michael war einer von vielen. Er war nicht besonders groß oder muskulös. Er hatte keine sonnengebräunte Haut oder das Zahnpasta-Lächeln aus der Werbung. Sein blasses, blondes Haar hing ihm meistens ins Gesicht. Meistens versteckte er den Kopf unter seiner grauen Kapuze. Kopfhörer in den Ohren, Hände in der Jackentasche. Seine Kellerbräune sollte keiner sehen, zu sehr standen die blaugrünen Adern unter der weißen Haut hervor. Er ging nicht oft raus. Nur zur Schule musste er. Da musste er immer hin.
"Wären doch viel besser ohne mich dran.", dachte Michael oft bei sich selbst.
Er war kein Kämpfer. Keiner, der gezielt durch das Leben geht. Pläne hatte er keine. Nur durchkommen, mehr nicht. Das Schulleben war eintönig, überall nur Menschen. Menschenmassen, gepfercht in einzelne Räume, gestraft einem aus der Menschenmasse zuzuhören. Michael schaute lieber aus dem Fenster. Er mochte den bewölkten Himmel, den man ohne Zusammenkneifen der Augen nicht länger als eine Minute ansehen konnte. Michael konnte das. Er mochte den Herbst, wenn das Wetter nass und kalt wurde und der Wind die Blätter von den Bäumen blies. Wenn die Bäume das Leben aus den Blättern heraus sogen, sie dann hart und unbrauchbar wurden. Nur noch dazu da, zu Erde zu werden, zu verroten. Dorthin gebracht zu werden, woher man kam. Michael wollte dort sein.
Sein Alltag war grau, so auch seine Klamotten. Graue Kapuzenjacke, weißes T-Shirt, schwarze Hose. Keine zerrissene Hose mit Löchern an den Knien, einfach eine Hose. Mit Taschen. Taschen waren Michael wichtig. Irgendwo wollte er seine Hände verstecken, anderen sie nicht zeigen. Keiner wollte sie auch sehen.
Er hatte keine Antworten auf Fragen. Er wollte auch keine Fragen beantworten. Er wollte nur existieren. Michael war ein zarter Junge. Er war kein Spielkind mehr, er war einfach nur ein Junge. Er war ein Spielkind, ja. Aber schon seit Jahren nicht mehr. Seine Mutter wollte Antworten. Antworten auf sein Leben. Seine Zukunft. Michael wusste nicht, was er wollte. Sie wusste nur, was sie für ihn wollte. Er wollte nur nicht.
Manchmal, da weinte seine Mutter. "Was soll nur aus ihm werden? Wieso ist er so?", fragte sie sich. Sie wollte einfach nur einen Jungen. Einen Jungen, der lebte. Der Träume hatte.
Michael gehörte nicht zu diesen Jungen.
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Und damit herzlich Willkommen bei einem neuen Buch von mir!
Ein Augenblick ist ein ganz frisches Projekt und ich hoffe, dass es euch gefallen wird. Der Anfang ist noch nicht wirklich lang, aber ich denke, dass es später mehr wird. Es ist etwas ganz anderes, sowas mal zu schreiben. Es ist keine FanFiction und es werden auch keine Bilder von den hier handelnden Personen gezeigt, aus einem einfachen Grund: Ich habe keine. Ich will, dass meine Worte euch so erreichen, dass es einem Bild ebenbürtig kommt. Bilder helfen sicherlich bei der Vorstellungskraft, aber mit diesem Buch möchte ich mich selbst auch einer kleinen Herausforderung stellen. Ich will wieder anfangen zu schreiben. Ich möchte es genießen, nur aus meiner Vorstellung heraus etwas zu bilden. Neu zu schaffen. Dabei ist es ganz besonders, weil jeder Leser eine andere Vorstellung vom Protagonisten hat.
Ich kann hoffentlich hin und wieder mal ein Kapitel hochladen, zwar nicht wirklich regelmäßig, aber ich versuche mich daran.
Liebe Grüße
Johanna
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ein augenblick
Teen Fiction[Plotbunny] Ein Ort. Ein Augenblick. Eine Minute. Michael ist ein schüchterner Junge. Zart. Etwas kleiner als die anderen. Er fällt nicht besonders auf. Er ist einfach nur einer von vielen. Er will nur eins: Diesen einzigen Augenblick, von dem alle...