In des Teufels Kleidung

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Mein Name ist Selene Brightwill und ich habe schwere Depressionen; obwohl, wenn ich so darüber nachdenke, hatte ich sie wohl eher. Denn zum jetzigen Zeitpunkt befinde ich mich in einer Lage, die mich viel zu sehr in Anspruch nimmt, als dass meine Psyche noch relevant wäre. Jedoch spreche ich nicht von Depressionen, die sich Menschen gerne selbst zuschreiben, wenn sie einen schlechten Tag hatten oder jemand ihnen gegenüber unfair war; ich spreche von solchen Depressionen, welche die Welt in eine Schwärze tunkt und alles in ihr grotesk und böswillig erscheinen lässt. Verschwommenheit, die einen in Betäubung fallen lässt, dumpfe Antriebslosigkeit, die sich wie eine banale Schwäche in jeder einzelnen Vene festsetzt und einen durch die Welt schlendern lässt, als hätte das Leben selbst einen gebeugt und man betrachtet nichts weiter, als den Boden zu seinen Füßen.

Und doch wollte ich nie Mitleid haben, denn es ist für die Menschen nur eine Form sich selbst empor zu heben, um ihr Spiegelbild ohne schlechtes Gewissen länger anlächeln zu können. Die wenigsten empfinden wahres Leid aus ehrlichem Interesse heraus. Ich verzichtete darauf zu filtern, indem ich meine Gefühlswelt nicht kenntlich machte. Denn niemand möchte ein Mittel zum Zweck sein, sondern ein Mysterium, dass andere mit Ehrfurcht erfüllt. Jedoch benutze ich bewusst die Vergangenheitsform, denn ich fand tatsächlich eine Person, dessen Zusammenarbeit absoluter Ehrlichkeit bedurfte. Und wie jede Geschichte beginnt der eigentliche Inhalt mit dem Wendepunkt; die eine Stelle, die alles verändert und so den ganzen Verlauf prägt. Die Geschichte die ich erzählen möchte, nahm ihren Anfang in einer kalten Dezembernacht.

... 

Zwei Wochen vor Weihnachten

Der Alkohol in meinem Blut trübte meine Sicht und ich schwankte in unbeholfener Manier in Richtung des Hauses in welchem ich mit meinen Eltern lebte. Sie würden schlafen, das wusste ich und selbst wenn sie meinen Zustand mitbekämen, so liefe es doch nur auf einen missbilligenden Blick hinaus und einen Kommentar, der besagte, dass sie auch nichts anderes von mir erwartet hatten. Es war kein Geheimnis, dass ich für gewisse Menschen nur Verachtung empfinden konnte, doch wussten sie selbst es nicht, denn ich kleidete mich in zarter Arroganz, die einige auch als Charme interpretierten. Sie zählen für mich zu den dümmsten Geschöpfen. Immerzu heben wir uns selbst empor, betonen unseren Verstand, unseren aufrechten Gang und unsere Wahrnehmung von der Welt und doch erscheinen Tiere schlauer, da sie ihren Trieben mehr Aufmerksamkeit schenken, als sinnlosen Gedanken und unpraktizierbaren Theorien. Einer bestimmten Person konnte ich noch nicht einmal mehr falsche Freundlichkeit gegenüber bringen, denn sie verdiente es nicht. Doch dazu kommen wir ohnehin später, denn sie gehört zum Höhepunkt dieser bescheidenen Geschichte.

Was ich dachte, als ich den jungen Mann das erste Mal sah, welcher in der Manier eines Butlers die Arme hinter dem Rücken verschränkt hatte und mit einem Ausdruck der vorhin beschriebenen Arroganz seinen Blick missbilligend schweifen ließ? Ich weiß es nicht mehr. Nicht allein wegen dem Alkohol oder wegen der vergangenen Zeit, wohl eher weil er ein flüchtiges Gesicht hatte; damit möchte ich nicht sagen, dass er nicht einzigartig war, denn das war er durchaus; ich möchte darauf hinaus, dass seine Züge einen geradezu dazu mahnen sich nicht zu erinnern. Mit rabenschwarzem Haar und einem blassen Teint, mit grauen stählernen Augen und bordeauxroten Lippen wirkte er wie eine Gottheit, die mit distanzierter Art um Ehrfurcht bat. Seine Stimme klang rau aber dennoch sanft; ich wusste sofort dass er anders war.

"Sie sehen halb erfroren aus, ich hoffe es geht ihnen gut." Stumm nickend musterte ich ihn mit gerunzelter Stirn. "Sie können mir nicht sagen, dass sie nicht wüssten wieso ich hier bin." "Das habe ich auch nicht behauptet." Souveräner als ich mich tatsächlich fühlte schloss ich die Haustür auf. Der Flur war dunkel, jedoch erhellte er sich in leichten Zügen durch ein warmes Licht, welches augenscheinlich aus dem Wohnzimmer kam. Die Farbtemperatur ließ vermuten, dass es sich um Kerzen handelte, alles in allem ein schlechtes Zeichen.

Ich brauchte nicht hoch zu gehen, denn wie ein Haustier würde ich am Nacken gepackt und wieder runtergeschleift werden. Stumm stand ich also im Halbdunkel, den Blick von ihm im Nacken spürend und wartete, bis ich tatsächlich Schritte hören konnte. "Empfindest du es nicht als unverschämt, dass ich erst zu dir kommen muss?" Er nippte missbilligend an seinem Weinglas und schwenkte es leicht hin und her, dann hob er den Blick und stierte mich mit diesen kalten Augen an. Mein Vater war die widerlichste Person, die ich kannte. Nicht nur, dass seine Moralvorstellungen verkorkst und rücksichtslos waren, er war auch daran Schuld, dass meine Mutter krank war, denn das einzige was er von sich geben konnte, war keinesfalls Liebe, nur psychischen Druck. Alles in allem eine Person, die keine Rücksicht auf Verluste nahm.

Vermutlich hätte ich in diesem Moment einknicken sollen, denn sonst würde er unerbittlich um falsche Rechte kämpfen und mich wie immer mental angreifen, aber diesmal hatte ich eine Waffe in der Rückhand. Ich drehte mich um und blickte meinen Gast im stummen Befehl an, dieser senkte in Zustimmung den Kopf und schritt voran. Ich hatte genug recherchiert um zu wissen, dass er ihn nicht sehen konnte, noch nicht einmal spüren, als er seine Hände an die Schläfen meines Vaters legte. Dessen Augen verloren an Ausdruck, bekamen einen milchigen Schein und mitsamt dem Rotweinglas sank er zu Boden, während ein ersticktes Wimmern über seine Lippen kam. Ich konnte nicht anders als zu lächeln, schritt über den zusammengekauerten Körper und machte mich auf nach oben, denn es galt nach wie vor einen Vertrag zu unterzeichnen.

...

"Was hast du mit ihm gemacht?" "Ich habe seine für ihn gravierensten und existensgefährdensten Ängste genommen und dafür gesorgt, dass er sie durchlebt; allesamt auf einmal." "Deine Methoden gefallen mir. Aber sage mir, wer von Ihnen bist du?" Er lachte, was jedoch keinesfalls spöttisch klang. "Sagen sie es mir. Eure Sehnsucht hat euch doch dazu bewogen, jede Information in euch aufzusaugen. Sagen sie mir doch, wer ich bin." "Deinem Erscheinen nach zu urteilen, tippe ich auf Demogorgon, der apokalyptische Reiter mit der passenderen Bezeichnung "Krieg", nicht wahr?" Er legte den Kopf ein weiteres Mal zur Seite, während seine Augen wie Diamanten funkelten." Ihr werdet wohl ausnahmsweise eine ebenbürtige Herrin sein." " Und jetzt geh auf die Knie, denn es wird Zeit zu besiegeln. " Mit geneigtem Kopf und vollkommener, dargestellter Unterwürfigkeit war er genau das, was er zu sein hatte: ein willenloser Butler. "Aber natürlich meine Herrin."

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⏰ Letzte Aktualisierung: Dec 13, 2018 ⏰

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