einmal stand ich rauchend da in friedhofsnähe, als mir etwas sonderbares widerfuhr. erst glaubte ich, ich könne meinen augen nicht trauen, doch das schien mir absurd! ich bin zwar brillenträger seit meinem vierten lebensjahr, doch lässt das nicht auf eine plötzliche verschlechterung meiner augen schließen, nein, ferner sollte dieser fakt einzig und allein dazu dienen, sich erst recht auf meine augen zu verlassen, wo sie doch durch ein angepasstes und mit sicherheit korrekt eingestelltes hilfsglas gucken. um zurück zur geschichte zu kommen; ich stand also da am friedhofstor gelehnt, eilig rauchend, da meine pause bald um sein würde, als ich das komischste zu gesicht bekam, dessen ich mich je unmittelbarer zeuge nennen durfte. auf den ersten blick sah ich bloß fünf gestalten in langen grau-braunen mänteln, welche ziemlich alt zu sein schienen, denn überall erkannte man flicken, die nicht zum rest des stoffes passten und deswegen schnell ins auge stachen. achja und ich kann mit sicherheit sagen, dass es fünfe waren, denn ich habe sie nachgezählt! mehrfach sogar, denn anfangs war es ziemlich schwierig aus der dunklen gewändermasse auch nur einen mantel und die dazugehörige person auszumachen. ständig verdeckte der eine mantel von person 1 den kopf der person 2 und diese widerrum verkreuzte sich aus meinem sichtfeld her immer zu mit den beinen der person 3 und 4 oder 5? das kann ich nicht genau beurteilen, muss ich zugeben, jedenfalls hat es mich einige mühe und zeit gekostet, rauszufinden wie viele mäntel und besitzer es tatsächlich gab. als sich gewänder samt druntersteckenden personen in einer geraden reihe nebeneinander aufstellten, klatschte ich vergnügt in die hände. es waren tatsächlich fünf personen, ich hatte richtig gezählt! ein stückchen asche fiel durch die kleine, aber feine erschütterung meiner hände auf die vordere spitze meines lederschuhs. etwas verärgert schlug ich den fuß nach vorne aus und trat nach erfolgreicher beseitigung des fremdkörpers auf meinem arbeitsschuh die zigarette unter selbigem aus. die letzten zwei züge, die man dem flimmerding noch hätte abgewinnen können, lohnten es nicht. zu sehr fesselte mich der anblick der mystischen gestalten, von denen ein jeder mittlerweile einen spaten in den händen hielt und wie mechanisch anfing, ein loch in den boden zu graben. im selben moment kam mir der gedanke, ob sie sich bei ihrem prozedere nicht durch einen fremden beobachter wie ich es einer war, gestört fühlen könnten. ‚ich bin ein eindringling, ein ungern gesehener gast', dachte ich mir im stillen, doch dann fiel mir auf, dass die gestalten sich wahrscheinlich gar nicht gestört fühlen könnten, da sie mich bisher überhaupt nicht bemerkt hatten. das hätte mir doch auffallen müssen, oder? außerdem konnte ich ihre gesichter gar nicht sehen, sie hatten sie durch tief ins gesicht gezogene kapuzen, die viel zu enorm für einen menschenkörper schienen, vor meinen blicken verborgen. folglich haben sie mein gesicht auch nicht gesehen, schlussfolgerte ich und in diesem moment ergab es sinn. jetzt wurden die spaten beiseite gelegt und aus einer schubkarre, die ich bisher noch gar nicht wirklich registriert hatte, hob eine der personen fünf eisblöcke und überreichte jedem von ihnen einen. ein unangenehmes gefühl beschlich mich und es schüttelte mich. noch hatte ich keine ahnung, was da in einiger entfernung vor sich ging, doch ich musste mich kurz abwenden und starrte auf meine schuhe, auf die stelle, wo das aschehäufchen vorher gelegen hatte. von einem plötzlich auftretendem knallen und schaurigem knacken, die gleichermaßen die stille durchbohrten, fuhr ich mit weit aufgerissenen augen auf. die vorher so statisch und mechanisch wirkenden gestalten in den riesigen mänteln hackten mit undefinierbaren werkzeugen auf den eisblöcken herum. entgeistert folgten meine augen diesem spektakel – was sollten sie auch sonst tun! - noch eine gute viertelminute, bis es endlich vorbei war. als wäre weiter nichts passiert, wurden die sonderbaren werkzeuge verräumt und die zerstückelten eisblöcke mit den händen in den jeweiligen gegrabenen löchern versenkt. um die löcher zu füllen, wurde die selbe erde genutzt, die vorher herausgegraben wurde, allerdings wurde auch diesmal mit den händen gearbeitet. ich fragte mich, wieso. ich hatte generell viele fragen und nur wenig von dem, was sich mir innerhalb kürzester zeit auf diesem friedhof offenbart hatte, verstanden.einerseits wollte ich unbedingt wissen, was es war, was die fünf gestalten dort so diszipliniert vergraben hatten, doch andererseits scheute ich mich davor, mit bloßen händen im dreck zu wühlen, bis ich etwas fand, von dem ich nicht wusste, was es war. ungeduldig beobachtete ich wie die gestalten einige komische gesten vor den eigens angelegten gräbern machten; für mich sah es aus, als würden sie wild miteinander diskutieren, doch weder konnte ich etwas hören, noch waren sie zueinander gedreht; sie standen immer noch in einer linie. gerade dachte ich, sie würden diesen ort nie mehr verlassen, als sich die erste person von ihnen umwandte und die anderen ihr folgten. sie verschwanden nacheinander im angrenzenden gebüsch, ohne eine sichtbare spur zu hinterlassen. ich wartete einige atemzüge und als ich es vor neugier kaum noch aushielt, führte es mich geradewegs zu der stelle, an welcher die fünf personen zuvor gestanden hatten. ich vergewisserte mich, dass ich allein war und schlug die zu einer schale geformten hände in die erde des ersten grabes. es sollte nicht lange dauern, da stießen meine fingerspitzen auf etwas kaltes, feuchtes. angeekelt zog ich die hände zurück und beschloss den fund mit einem stock, den ich im gebüsch fand, freizulegen. ziemlich schnell erkannte ich die aus der ferne gesehenen eisblöcke wieder und sah erst jetzt, dass noch etwas darin steckte. es hatte die farbe von fleisch und erinnerte mich an irgendein organ, das ich schon mal gesehen hatte. ich versuchte die paar blöcke zusammenzusetzen so gut es mir eben möglich war und erkannte tatsächlich nach wenigen versuchen eine form des ganzen. es war ein herz, doch diese feststellung beunruhigte mich nicht, denn es schien kleiner als ein menschliches herz zu sein. doch ich war auch kein kenner; ich hatte noch nicht so oft in meinem leben mit organen zu tun gehabt, es konnte alles möglich sein. das zweite grab enthielt ebenfalls ein zerbrochenes herz, so dass ich mir die mühe sparte, auch noch in den restlichen gräbern nachzusehen.‚gebrochene herzen in humus', dachte ich noch, während mein bart von einem auf den anderen moment fürchterlich zu jucken begann und ich dem verlangen, etwas dem juckreiz entgegenzusetzen, nachgab und mich schließlich in der geschwindigkeit, die meine gedanken angenommen hatten, kratzte; ganz langsam. meine armbanduhr gab ein paar dezente töne von sich; das signal, dass meine pause vorbei war und die letzten zigarettenzüge getan werden mussten, sofern ich noch dabei sein sollte, eine zu rauchen. verwirrt setzte ich mich mechanisch und steifen körpers in bewegung und verließ das friedhofsgelände, passierte das tor und erreichte schließlich das bürogebäude ohne mich noch einmal umzudrehen ‚gebrochene herzen in humus', wiederholte ich im geiste. das war etwas, worüber ich nachdenken musste.