Italienische Reise Johann Wolfgang Goethe
Zweiter Römischer Aufenthalt vom Juni 1787 bis April 1788
Juni 1787
Korrespondenz Nachtrag: Päpstliche Teppiche
Juli 1787
Korrespondenz Bericht Störende Naturbetrachtungen
August 1787
Korrespondenz Bericht
September 1787
Korrespondenz Bericht
Oktober 1787
Korrespondenz Bericht
November 1787
Korrespondenz Bericht
Dezember 1787
Korrespondenz Bericht Moritz als Etymologe
Philipp Neri,der humoristische Heilige Januar 1788
Korrespondenz Bericht Aufnahme in die Gesellschaft der Arkadier
Das Römische Karneval Februar 1788
Korrespondenz Bericht
März 1788
Korrespondenz Bericht
über die bildende Nachahmungdes Schönen. Von Karl Philipp Moritz April 1788
Korrespondenz Bericht
Zweiter Römischer Aufenthalt
vom Juni 1787 bis April 1788
"Longa sit huic aetas dominaeque potentia terrae, Sitque sub hac oriens occiduusque dies."
Juni
Korrespondenz
Rom, den 8. Juni 1787
Vorgestern bin ich glücklich wieder hier angelangt, und gestern hat der feierliche Fronleichnamstag mich sogleich wieder zum Römer eingeweiht. Gern will ich gestehen, meine Abreise von Neapel machte mir einige Pein; nicht sowohl die herrliche Gegend als eine gewaltige Lava hinter mir lassend, die von dem Gipfel aus ihren Weg nach dem Meere zu nahm, die ich wohl hätte in der Nähe betrachten, deren Art und Weise, von der man so viel gelesen und erzählt hat, ich in meine Erfahrungen hätte mit aufnehmen sollen.
Goethe auf zurückgelehntem Stuhl. Zeichnung von Tischbein
Heute jedoch ist meine Sehnsucht nach dieser großen Naturszene schon wieder ins gleiche gebracht; nicht sowohl das fromme Festgewirre, das bei einem imposanten Ganzen doch hie und da durch abgeschmacktes Einzelne den innern Sinn verletzt, sondern die Anschauung der Teppiche nach Raffaels Kartonen hat mich wieder in den Kreis höherer Betrachtungen zurückgeführt. Die vorzüglichsten, die ihm am gewissesten ihren Ursprung verdanken, sind zusammen ausgebreitet, andere, wahrscheinlich von Schülern, Zeit--und Kunstgenossen erfundene, schließen sich nicht unwürdig an und bedecken die grenzenlosen Räume.
Rom, den 16. Juni.
Laßt mich auch wieder, meine Lieben, ein Wort zu euch reden. Mir geht es sehr wohl, ich finde mich immer mehr in mich zurück und lerne unterscheiden, was mir eigen und was mir fremd ist. Ich bin fleißig und nehme von allen Seiten ein und wachse von innen heraus. Diese Tage war ich in Tivoli und habe eins der ersten Naturschauspiele gesehen. Es gehören die Wasserfälle dort mit den Ruinen und dem ganzen Komplex der Landschaft zu denen Gegenständen, deren Bekanntschaft uns im tiefsten Grunde reicher macht.
Am letzten Posttage habe ich versäumt zu schreiben. In Tivoli war ich sehr müde vom Spazierengehen und vom Zeichnen in der Hitze. Ich war mit Herrn Hackert draußen, der eine unglaubliche Meisterschaft hat, die Natur abzuschreiben und der Zeichnung gleich eine Gestalt zu geben. Ich habe in diesen wenigen Tagen viel von ihm gelernt.