An diesem Tag, an dem sich alles in meinem Leben ändern sollte, wurde ich unsanft aus dem Schlaf gerissen, genauer gesagt schütteten meine zwei großen Brüder mir einen Eimer Wasser über den Kopf. Wace, der älteste von uns, spottete: ,, Hey All, wetten wir, dass du nächste Nacht mehr als vier Stunden heulst, weil kein Drache so lebensmüde war dich auszuwählen ?" Ich haßte es, wenn er mich ,,All" nannte. Ich boxte ihm in die Seite. Es tat ihm nicht doll weh, er hielt aber die Klappe. Wie immer musste ich fast lachen, als ich Wace und meinen zweit ältesten Bruder Seann nebeneinander stehen sah. Wace war zwar schon neunzehn, doch neben Seann, der zwei Jahre jünger war als er, sah Wace aus, als wäre er zwölf. Er hatte blonde Haare, die in alle Richtungen abstanden, doch Wace hatte längst aufgegeben sie zu bändigen. Er war gerade mal einssiebzig groß und hatte helle blaue Augen, die einen nicht mehr los ließen. Seann war das komplette Gegenteil, er war groß gebaut, hatte grüne Augen, bei denen man das Gefühl hatte durchbohrt zu werden, wenn man in sie blickte, und überragte jeden normalen Menschen mindestens um zwei Köpfe. Man würde nie denken, dass Seann der jüngere Bruder war. Trotzdem war es Wace, der unsere Familie über Wasser hielt. Er war nicht stark und auch nicht gerade geschickt, aber er konnte gut reden. Jeden Abend ging Wace in die nächste Kneipe und schländerte durch die Menge, bis er den reichsten Mann ausgemacht hatte. Diesem schlug er eine Wette vor, die er einfach nicht verlieren konnte und die jeder gesunde Mensch abgeschlagen hätte, doch nach dem sechsten Glas Schnaps willigen die Irren bei jeder Wette ein. Und so kam Wace jeden Abend leicht beschwipst und mit einem prall gefüllten Geldsack nach Hause. Doch viel nützte uns das Geld nicht, denn wir mussten unsere ganze Verwandtschaft mit durchfüttern, weil Wace der einzige war der einen Job hatte. Wir hatten schon oft versucht meinen Cousin zu überzeugen eine Ausbildung anzufangen, aber wir hatten es aufgegeben und waren uns sicher, dass er seiner Einberufung in die Armee in einem Jahr nicht mehr entgehen konnte. ,,Wo ist Mum?" fragte ich, aber Seann und Wace waren schon in den Flur geschlüpft. ,,Los Schlafmütze, frühstücke gefälligst!" rief Seann mir über die Schulter zu und scheuchte mich aus dem Zimmer. Ma war wahrscheinlich mit Kelda, meiner jüngeren Schwester, auf dem Markt und hatte unsere letzten Münzen zusammen gekratzt, um für das Fest der Auserwählung etwas Gutes zu Essen zu kaufen, doch in der Küche traf ich Pa. Wie immer hatte er sich in unserm kleinen dunklen Haus an das einzige Fenster gesetzt und guckte auf die Straße. Er begrüßte mich, blieb aber sitzen, als ich mich an den Tisch setze. Er hatte mal in der Armee gedient und war nicht ohne eine Prothese am Bein davon gekommen. Ich schmierte mir ein Brot und stürzte ein Glas Wasser runter. Normalerweise war unser Haus schmutzig und bedrückend, doch heute merkte ich davon nichts. Ich konnte nur an eines denken, daran, dass ich heute den vor einem Monat geschlüpften Drachen sehen würde. Es war der erste neue Drache seit 200 Jahren und heute Nacht würde er einen Reiter wählen. Doch heute war auch noch etwas anderes passiert, um genau zu sein heute vor sechzehn Jahren. Ich zog mir meine Jacke an und schlüpfte aus der Tür. Die Straßen von Ketema waren nicht unbedingt freundlich. Ich hätte mir viele schönere Orte vorstellen können in denen ich hätte aufwachsen können. Unsere Straße war bis auf ein paar Leute und den ein oder anderen herumstreunenden Hund verlassen. Alles wirkt grau und die Wände waren so hoch, dass kaum ein Sonnenstrahl es schaffte zu uns durchzudringen.
Ich rannte los um ihn noch zu erwischen bevor er aus dem Haus ging. Als ich vor seinem Haus stand hielt ich kurz inne um zu verschnaufen, dann ging ich rein. Ich fand Ozaba noch in seinem Bett liegend. Wir kannten uns schon seit wir ganz klein waren. Er war der Sohn eines Fürsten und ich hatte anfangs geglaubt, dass sich alle Adeligen als etwas besseres sahen, doch Ozaba war ganz und gar nicht so. Er war schon fast in das bürgerliche Leben integriert und hatte sogar einen Job. Vor ca. 2 Jahren hatte er sich mit seinem Vater zerstritten und war auf die Straße gesetzt worden, natürlich mit dem kleinen Vermögen, das er damals besaß,. Doch er gab es viel zu schnell aus und schon bald hatte er nichts mehr als ein Hemd und eine Hose. In dieser Zeit lernte ich ihn kennen. Ich fütterte ihn durch, bis er einen Job als Hilfe in einer Bäckerei hatte. Er war für mich wie ein Bruder und hier sah ich meinen ,, Bruder " , dessen Leben von diesem Job abhängig war, im Bett faulenzen. Ich schüttelte ihn. Er klappte ein Auge auf, schloss es aber sogleich wieder. ,, Aufwachen Dornröschen!" rief ich ihm ins Ohr. Er purzelte vor lauter Schreck aus dem Bett, fuchtelte wild mit den Händen um sich und murmelte so etwas wie ,, schlafen ... scheiß Morgen ... Geburtstag! " ,, Ja genau, du hast Geburtstag und zu diesem würde ich dir auch wirklich gerne gratulieren, aber rein zufällig hast du heute nicht frei und musst zur Arbeit." warf ich ihm entgegen. ,, Doch !", meckerte er. " Wie doch? ", fragte ich verwundert. Endlich setzte er sich auf und sagte: ,, Ich hab heute frei!" ,, Aber Ozaba das kann doch nicht sein. Du brauchst das Geld!" stotterte ich. ,, Ich hab 'ne Nachtschicht übernommen, also haben wir jetzt den ganzen Tag für uns, nur du und ich." entgegnete er mir grinsend. In mir machte sich ein Gefühl breit, dass ich schwer beschreiben kann. Es fühlte sich ein bisschen wie Schweben an und doch krampfte sich mein Magen total zusammen, als er das sagte. Wir waren uns beide nicht ganz sicher, ob wir mehr waren als Freunde. Ich sammelte mich schnell wieder. Ich hatte mein ganzes Taschengeld zusammen gekratzt, um Ozaba ein Geschenk zu kaufen. Ich hatte ihm Schokolade gekauft. Es gab nichts was er sonst so abgöttisch liebte. ,, Nein Niall, ich hasse es, dass du dein Geld für so was blödes ausgibst wie mir ein Geschenk zu kaufen." behauptete er, doch ich sah den Glanz in seinen Augen, als er die Schokolade entgegennahm. Ich wusste wie viel ich ihm bedeutete, denn er hatte niemanden außer mich, schließlich war er von seiner Familie verstoßen worden. Ich hatte nie erfahren warum. Ozaba war nicht gerade der Typ, der über seine Geschichte, geschweige denn seine Gefühle sprach. Doch ich hatte gelernt es zu deuten, wenn er etwas in einem komischen Ton sagte oder sich merkwürdig benahm. Den Rest des Tages verbrachten wir damit rumzualbern und uns gegenseitig in den Springbrunnen auf dem Marktplatz zu schubsen. Wie unbesorgt und naiv ich damals war. Ich wünschte ich könnte nochmal einen dieser Tage durchleben. Als ich nach Hause kam wartete Seann schon an der Tür auf mich. Ich hatte versucht es den ganzen Tag zu verdrängen, doch ich wusste genau was mich jetzt erwartete. Ich trat an die Tür und Seann zog eine Augenbraue hoch, musterte mich von Kopf bis Fuß und sah mich mit diesem ernsten, wütenden, besorgten und vor allem enttäuschten Blick an, bei dem ich zusammen zucken musste und in mich zusammen schrumpfte. Er guckte auf mich hinunter und fragte mich mit ernster Stimme ,, Wo warst du Niall ?" Ich sagte nichts, es würde nichts bringen ihm zu erzählen, wo ich war. Er würde keine Ausrede dieser Welt gut genug finden, um seinen Unterricht zu verpassen. Er ließ mich eintreten. Ich versuchte mich in mein Zimmer hoch zu stehlen, als er den Flur entlang kam. ,, Denk nicht mal dran !" meinte Seann und da wusste ich, dass ich da jetzt durch musste. ,, Wie oft habe ich es dir schon erklärt, wie oft hast du nicht auf mich gehört. Ich hatte wirklich gedacht du hättest es verstanden. Du weißt doch, wie wichtig dieser Unterricht eines Tages sein kann, oder?" fragte er mich. Oh ja, das wusste ich nur zu gut, er würde eines Tages überlebenswichtig für mich sein, wenn ich eingezogen würde. ,, Aber Seann !" entgegnete ich ,,Ja ?" schnitt er mich wütend das Word ab. Ich überlegte es mir anders und sagte nur ,, Ach nichts!". Er schüttelte langsam den Kopf. ,,Als Soldatin wirst du nicht so einfach davon kommen wie jetzt. Der Krieg ist gefährlich Niall ! Und die Chancen, dass du eingezogen wirst sind hoch, schließlich hat man uns andere bisher verschont, abgesehen von mir und Dad. Glaub mir, ein leichtsinniges und naives Mädchen wie du hat dort kaum eine Überlebenschance. Du musst vorbereitet sein alleine inmitten eines Schlachtfeldes zu stehen!", fauchte er mich an. Dieser Vortrag ging noch zehn oder zwanzig Minuten weiter, bis Mum uns zum Essen rief. Während wir Nudeln aßen, sagte niemand ein Wort, so angespannt war die Stimmung. Ich bereute es nicht wenigstens zehn Minuten bei Seann vorbeigeguckt zu haben um ein bischen Schwertkampf zu üben.
Der restliche Abend zog sich endlos hin, doch endlich war es Nacht. Wir liefen alle zum Schloss, das über der Stadt thronte, wie ein schwarzer Rabe und von dort in den Wald, in dem die Auserwählung stattfinden sollte. Natürlich ließ Wace diese Gelegenheit nicht aus um mich zu necken, indem er sich hinter einem Baum versteckte und mich erschreckte als ich vorbei lief, doch ich stellte ihm ein Bein und er fiel in dem Matsch. ,,So, jetzt sind wir quitt!" sagte ich und half ihm auf. Der Wald war dunkel und kalt. Von allen Seiten drangen komische Laute zu uns. Die Bäume bildeten in ihren Stämmen komische Gesichter und Bilder, neigten sich zu uns hinunter und schienen uns zu beobachten. Wir kamen an einer Lichtung an. Es war laut und hektisch, doch als König Caradoc die Lichtung betrat wurde es schlagartig still. Er war schmal gebaut und hatte etwas, das ihn wie einen erfahrenen weisen König aussehen ließ. Der König war erst seit einem Jahr auf dem Trohn, normalerweise hätte es seine Zeit gebraucht bis er vom Volk und den Fürsten akzeptiert worden wäre und sie aufgehört hätten Regeln und Grenzen auszutesten, denn hätten wir einen schwachen Herscher wäre das eine gute Gelegenheit für die Fürsten den König zu stützen und die Herrschaft zu übernehmen, aber jetzt sah ich hier alle Fürsten links und rechts in einer Reihe stehen obwohl der König nur zwei Meter neben ihnen stand und es so ein leichtes wäre ihn zu erledigen. Ich sah mir Caradoc genauer an und fing an zu begreifen, warum die Fürsten wie kleine friedliche Lämmer neben ihm standen. Er strahlte Selbstsicherheit aus und gleichzeitig irritierte er einen mit seinem komischen Aussehen. Er sah aus als wäre er grade aus dem Bett gefallen, seine Haare waren fast so dureinander wie die von Wace, aber bei Wace sah das irgendwie niedlich aus. Beim König hingegen erweckten die Haare eher den Eindruck, er befände sich mitten auf dem Schlachtfeld. Man hatte das Gefühl, er könnte einem an die Gurgel springen, wenn man ihm zu nahe kam.Plötzlich hörten wir aus dem Osten ein lautes Flügelschlagen und kurz darauf sahen wir einen großen, langen Schatten am Himmel. Die Menge stob auseinander und der Drache landete nur knapp 100 Meter von mir entfernt auf dem Boden. Seine Schuppen schimmerten im Mondlicht und als er den Kopf neigte, konnte ich in seine tiefen azurblauen Augen sehen. Er schaute die Menge um sich mit intelligenten Augen an, blähte die Nüstern und ein kleiner Junge direkt vor ihm taumelte zwei Schritte zurück. Die Flügel des Drachen schimmerten im Mondschein und sahen sowohl hart, als auch sehr elastisch aus. Unsere Blicke trafen sich und er legte denn Kopf schief. Plötzlich hatte ich alles vergessen und konzentriert mich nur auf die Augen dieses Drachen. Sie sahen eher wie die eines Menschen aus, als wie die eines Tieres. Ich hatte immer gedacht, wenn ich dem neunen Drachen begegnen würde, wäre er kleiner als ich. Schließlich war er erst vor einem Monat geschlüpft, doch in dieser Zeit musste der Drache unglaublich schnell gewachsen sein, denn der war mindestens drei Meter hoch. Plötzlich beschlich mich das unangenehm Gefühl, dass ich eher als Mittagessen enden würde, als ein Reiter zu werden. Ich war mir nicht einmal sicher, ob ich noch Reiter werden wollte, denn wenn ich mich in die Nähe dieses Tieres bagab, würde ich das wohl kaum überleben. Jetzt, da ich einen Drachen gesehen hatte, war ein neuer Respekt vor ihnen in mit erwacht und doch fühlte ich mich zu ihm hingezogen. Nun ergriff Caradoc das Wort und verkündete mit einer tiefen rauhen Stimme : ,, Heute wird sich Shinderun einen Nagkabayo, das heißt, einen Drachenreiter aussuchen. Der oder die Auserwählte wird eine Ausbildung zum Nagkabayo machen und in die Armee gehen, um unser Land zu verteidigen. Shinderun und alle am Hof, darunter auch ich, werden den Reiter während seiner Ausbildung auf die Probe stellen, um festzustellen, ob er eines Drachen würdig ist. Ist er es nicht, wird er aus dem Königreich verbannt und darf nie mehr zurück. Ihr solltet also nicht leichtfertig mit eurer Entscheidung ein Nagkabayo zu werden umgehen!!!" Mir sackte das Herz in die Hose.
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Shinderun
FantasyNiall hatte ihr ganzes Leben lang auf diesen Moment gewartet auf den einen Moment der ihr Leben zu Bessern wenden könnte. Sie wurde auserwählt einen Drachen zubekommen, doch wird sie es schaffen sich gegen die Fürsten durch zusetzen die ihr ihren Dr...