Frankreich 1767,
Ich sehe zu ihm. Er starrt mit uninteressiertem Gesicht zwischen den Vorhängen der Kutsche hinaus. Seine grünen Augen, die von Sommersprossen umringt sind, sind klein und scheinen immer einen gewissen Punkt zu fixieren. Sein gelocktes, blondes Haar ist ordentlich nach hinten gebunden, zur Feier dieses Tages. Er hat sich einen Bart wachsen lassen, mit Sicherheit um älter und reifer zu wirken. Er trägt seine formelle Kleidung, alles nur für diesen Tag und ich vermute, dass es ihn ziemlich viel Überwindung gekostet hat dieses Gewand wegen etwas unwichtigen wie einer Hochzeit zu tragen.
Mein Blick wandert an mir herunter, vergleicht ihn mit mir. Mein braunes Haar, welches in ein sanften Rot überging, wellte sich über meine weiblichen Reize. Feuerrot, wie mein geliebter Bruder mein Haar nannte. Für mich war es eher ein normales rot, welches dunkler ist, als das einer reifen Erdbeere. Ich trage das alte Hochzeitskleid meiner werten Mutter, welches sie bei der Hochzeit von ihr und Vater trug. Es ist rot und mein Vater hat es extra fest zu geschnürt. Aber mein frisch angetrauter Ehemann scheint sich nicht dafür zu interessieren. Er sieht noch immer nach draußen und schenkte mir nicht einen Blick. Ich traue mich nicht, ihn anzusprechen, denn wenn ich früher meinen Vater angesprochen habe und dieser schlechte Laune hatte, konnte ich mich auf etwas gefasst machen.
Die Kutsche hält und ich wage einen Blick nach draußen, auf meine Umgebung, mein neues zu Hause. Ich werde in einem Haus leben. In einem Haus, das größer ist als das meines Vaters und meiner Mutter. Ich sehe nochmal zu ihm und warte, bis er ausgestiegen ist und mir seine Hand anbietet. Ich ergreife sie und steige aus. Ab jetzt lebe ich mit meinem Mann, Jacques Morin, Edelmann, hier.
Jacques führt mich wortlos ins Haus. Mir ist sofort bewusst, dass er kein Mann der vielen Worte ist.
»Gnädiger Herr, Ihr seit wieder hier.« Eine kleine, rundlichere ältere Frau kommt auf uns zu und macht einen höflichen Knicks in Richtung Jacques, ehe sie sich mir zuwendet. »Demoiselle.« Mit einem Lächeln machte sie auch vor mir einen Knicks.
»Jamette, das ist meine Frau, die neue Hausherrin, Helena. Helena, das ist meine Haushälterin, Jamette. Du wirst sie öfters sehen.« Auch ich mache einen höflichen Knicks, wie es mir beigebracht wurde.
»Jamette, wo ist Maurice? Ich will Helena noch mit ihm bekannt machen, ehe ich ihr das Schlafgemach zeige.«
»Hier, gnädiger Herr.« Ein ebenso rundlicher Mann, mit kleinen Schweinsaugen verbeugt sich vor uns. Er schenkt mir ein strahlendes Lächeln und zeigt dabei seine schiefen, gelblichen Zähne.
»Helena, dies ist mein Haushofmeister. Maurice, das ist meine Ehefrau Helena, Ihr habt ja schon von Ihr gehört.«
Maurice kommt auf mich zu, ergreift meine Hand und drückte mir mit seinen dicken, feuchten Lippen ein Kuss auf den Handrücken. »Freut mich sehr, Demoiselle Morin.« Ich lächle ihn höflich zu. Ich muss mich erst noch an meinen neuen Nachnamen gewöhnen und das ist nicht ganz so leicht für mich. Jacques legt mir seine rechte Hand ins Hohlkreuz und führte mich weiter, die Treppe hinauf.
Ich weiß, wohin er mich führt, weiß aber nicht, ob er jetzt schon den Wunsch verspürt den Beischlaf mit mir zu genießen. Wir halten vor der Tür des Schlafgemaches, die Jacques öffnet, und treten ein. Sofort fiel mir das mit rotem Samt bedeckte Bett auf. Es ist groß, viel zu groß für einen einzigen Mann, und das Holz ist fein verziert. Ein Tisch steht ihm gegenüber, auf dem einzelne Blätter verteilt sind. Neben dem Tisch steht ein breiter Schrank, welcher auch mit feinen Mustern verziert ist.
»Ich habe den Vertrag mit deinem Vater unterschrieben und er versprach mir eine unberührte, eine Jungfrau. Ist das richtig?«
»Ja, gnädiger Herr, das ist richtig.« Mein Herzschlag verschnellerte sich. Außer ein paar Ratschläge von meiner Mutter, weiß ich nicht wie man das Nachtlager mit einem Mann teilt. Jacques scheint zufrieden. »Sehr gut. Ich muss noch ein paar Sachen erledigen, der Page wird dir gleich deine Sachen raufbringen. Richte dich fertig ein, ich werde dir dann eine Zofe bringen, die dir alles zeigt.«
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Der Cicisbeo
RomanceDie junge Helena ist frisch verheiratet. Nun liegt ihr Schicksal nicht mehr in der Hand ihres Vaters, sonder in der ihres neuen Ehemannes. Es hätte sie schlechter treffen können, das ist ihr bewusst, aber ein was haben ihr Vater und ihr Mann ihr bei...