Das nächste Erwachen war kein freiwilliges Erwachen. Ich wurde geweckt, indem jemand an meiner Schulter rüttelte. Und das nicht gerade sanft. Es war kein 'guten Morgen, na gut geschlafen?' sondern ein 'na los, wach schon auf, ich hab nicht ewig Zeit!'.
Nicht sehr nett.
Um die Person, die es sich erlaubte mich zu wecken, loszuwerden, öffnete ich die Augen.
Ich hatte immer noch die leise Hoffnung gehegt, dass ich die indianische Umgebung und die schwarzhaarige, ältere Frau nur geträumt hätte, doch diese Hoffnung wurde sofort im Keim erstickt, als ich die Augen öffnete. Vor mir saß die alte Frau, wieder mit einer Holzschale. Doch als sie mir wieder das Gebräu vom Vortag verabreichen wollte, schaffte ich es, den Kopf weg zu drehen. Die Frau machte einen leicht genervten Eindruck, aber immerhin ließ sie die Schale sinken. Ich wusste, dass das kindisch war, aber ich wollte nicht wie ein kleines Baby behandelt werden, das nicht alleine trinken konnte. Außerdem wenn es nicht unbedingt sein muss, wollte ich nicht schon wieder dieses gewöhnungsbedürftige Gebräu trinken müssen.Ich hatte schon gedacht, ich hätte es geschafft, das Gebräu nicht trinken zu müssen, als sich die Frau erhob, doch sie kam Sekunden später mit einem eigenartigen Gebilde zurück. Der Gegenstand bestand aus geflochtenen Zweigen und hatte Ähnlichkeit mit einer Stuhllehne.
Tatsächlich hatte er auch eine ähnliche Funktion, wie ich kurz darauf feststellen konnte. Die Frau half mir in einr aufrechte Position und lehnte mich an die Rückenstütze. Gar nicht mal so unpraktisch, fand ich.
Doch ich kam nicht drum herum, das Gebräu zu trinken. Sie drückte mir die Schale in die Hand und sah mich auffordernd an.
"Muss das sein?", fragte ich sie auf Englisch.
Sie zog eine Augenbraue hoch und runzelte die Stirn.
Ich seufzte und trank schließlich die Schale aus.
Ich gab die Schale der Frau zurück und sie erhob sich wieder. Ich dachte, sie würde nun wieder das Tipi verlassen, doch ich irrte mich. Denn sie kam mit einer weiteren Schüssel wieder, in der sich dieses Mal jedoch Suppe befand, wie ich erkannte, als sie mir auch diese Schüssel in die Hand drückte.
Ich wollte ihr eigentlich schon sagen, dass ich keinen Hunger hatte, aber ich bemerkte, dass das gar nicht stimmte. Ich hatte eigentlich sogar recht großen Hunger, was mir bisher nicht aufgefallen war. Also sagte ich stattdessen "Danke.", und lächelte ihr leicht zu. Sie zeigte darauf keine Reaktion. Ich begann die Suppe zu essen und sie kehrte zum Lagerfeuer zurück. Ich hatte nicht bemerkt, dass es leicht brannte. Ich roch auch keinen Rauch. Ich ließ meinen Blick noch oben wandern. Der wenige Rauch, der durch das Feuer enstand, zog durch die Klappe ab, die ich schon zuvor gesehen hatte, begriff ich kurz darauf.
Eigentlich sehr schlau.Als ich die Suppe gegessen hatte, nahm sie mir die Schüssel wieder ab. Die Rückenstütze zog sie ebenfalls weg. Als ich wieder in einer liegenden Position war, bemerkte ich, dass ich wieder etwas müde geworden war.
Immer wieder drohten mir die Augen zu zufallen. Irgendwann konnte ich es auch nicht mehr verhindern und ich schlief ein, doch kurz bevor ich endgültig einschlief, bemerkte ich noch, wie die Frau mir schon fast liebevoll über den Kopf strich.
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Wo Ich Hin Gehöre
FantasyDie 17-jährige Sarafina, von allen Sara genannt, ist schwer krank. Häufig hat sie Anfälle und Fieber. Ihre Pflegeeltern wollen mit ihr trotz allem in den Urlaub fahren. Auf eine Ranch. Sara begleitet ihre Familie, wenn auch etwas widerwillig. Doch...