Mit einem lauten Knall zog Jessi die Tür hinter sich zu und fing an zu rennen. Sie rannte so lange, bis sie nicht mehr konnte und noch länger. Bis sie schließlich noch gerade so rechtzeitig ins Klassenzimmer kam.
„Jessi, schön das du auch noch erscheinst."
Ein schöner Schultag. Sie war fast zu spät und ihr Lehrer wie schon gestern sehr leicht reizbar.
„Tschuldigung." Jessis Stimme war nicht mehr, als ein kaum verstehbares Murmeln.
„Such dir bitte schnell auf deinen Platz, damit wir starten können."
Jessi wählte einen freien Tisch in der hintersten Reihe neben einem braunhaarigen Mädchen, dessen Namen sie nicht kannte. Das war nicht weiter ungewöhnlich, denn sie war erst seit vier Tagen auf der Elwig-Schroedel-Schule.
Jessi hatte wegen eines Zwischenfalls in eine Kleinstadt, etwa eine Stunde außerhalb von Berlin, umziehen müssen.
Es war nicht schlecht, hier bei ihrer Tante Wendy. Und doch konnte sie ihr altes Leben, so schön wie es einmal gewesen war noch nicht ganz vergessen.
Ihre Freunde, ihre Schule, ihren Lieblingsplatz im Park vor dem zugewucherten Teich unter den zwei Eichen und vieles mehr. Doch egal wie ihr Leben früher, vor dem Zwischenfall gewesen war, sie musste es einfach vergessen und von vorn beginnen. Ein ganz neues Leben starten. Und da halfen ihr ihre Erinnerungen nun wirklich nicht.
Nach dem Unterricht ging Jessi ihr Schließfach suchen. Der Schuldirektor hatte ihr einen Zettel gegeben, worauf ihre Nummer angegeben war. Sie hatte 233.
Zum Glück fand sie es sehr schnell und konnte ihre Bücher darin verstauen. Ihren Stundenplan hing sie von innen an die Tür. Dann schloss sie es zu und machte sich auf den Weg zu ihrem neuen Zuhause. Sie war es gewohnt, immer entweder abgeholt oder von jemandem mitgenommen zu werden. Aber der Schulweg war noch ihre kleinste Sorge. Wendy wohnte nicht weit von der Schule entfernt und so war sie schon kurze Zeit später bei ihrer Tante angekommen.
Schnell kramte Jessi in ihrer Tasche nach dem Haustürschlüssel und schloss, als sie ihn in dem Gewusel, das wie üblich in ihrer Tasche herrschte, endlich gefunden hatte, auf.
Drinnen stellte sie ihre Schuhe und die Tasche im Flur ab und ging in die Küche.
Etwas ungewohnt war es schon, früher war immer jemand zu Hause gewesen und hatte ihr Essen gemacht und sie gefragt wie es in der Schule gewesen war. Doch da ihre Tante manchmal länger arbeiten musste, hatte sie keine andere Wahl, als sich selbst Essen zu machen. Und auch das war kein großes Problem, schließlich war sie schon 17, nur ungewohnt war es trotzdem.
Jessi überlegte kurz, was sie essen sollte und entschied sich dann für Spaghetti. Ein typisches Essen für die, die nichts Besseres hinbekommen.
Sie holte ein Packung aus dem Schrank und kochte die Nudeln so lange bis sie ihr heiß genug erschienen. Dazu machte sie sich noch eine Soße und konnte schließlich satt in ihr Zimmer gehen.
Es war ein schöner Anblick, wie es so ordentlich dastand- ohne gefühlte tausend Kartons.
Sie schmiss ihre Tasche auf das Bett und ließ sich daneben fallen. Jessi musste zugeben, dass das Bett und so wie so alles hier gar nicht so schlecht war.
Nach ein paar Minuten stand sie auf, um ihre Haare zu kämmen, wobei ihr Blick im Spiegel hängen blieb.
Jessi hatte dunkelbraunes, mittellanges Haare. Passend dazu 0815 braune Augen. Ihr Gesicht war oval geformt und wenn sie lachte bildeten sich unter ihren Augen kleine Grübchen. Sie hasste das, es sah aus als hätte sie bereits Falten.
In ihrer alten Schule war Jessi sehr beliebt gewesen. Und das nicht wegen ihres Aussehens, sondern wohl vor allem wegen ihrer offenen Art. Aber diese Zeiten waren vorbei.
Nun ließ sie ihre Bürste durch ihr Haar gleiten, in dem sich schon wieder Knoten gebildet hatten. Eigentlich konnte Jessi sich ja glücklich schätzen, eigentlich.
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Das Leben danach
Teen FictionWas tun, wenn man plötzlich an seiner neuen Schule verfolgt wird, obwohl einen doch eigentlich noch gar keiner kennt? Dieser Frage muss sich Jessi wenige Wochen nach dem Beginn an einer neuen Schule stellen. Überhaupt wollte sie hier eigentlich alle...