Ein ganzes Leben
Es hatte immer nur sie beide gegeben. Seit diesem Tag vor endlos vielen Jahren, als sie noch Kinder waren und er ihr das Leben gerettet hatte, als sie in den Isen gefallen war. Die Rohirrim-Kinder lernten reiten noch bevor sie laufen konnten, aber schwimmen... Die großen Flüsse waren weit von der Hauptstadt entfernt und die kleinen Bäche in der näheren Umgebung, die die Wasserversorgung gewährleisteten, waren kaum knöcheltief. Es war also nicht nötig, den Kindern das Schwimmen beizubringen – zumal die meisten Erwachsenen selbst nicht schwimmen konnten und den meisten Rohirrim tiefere Wasser schlichtweg suspekt waren. Doch eines Tages, als sie etwa zehn Jahre alt gewesen war, war sie mit ihrem Pferd ausgeritten, viel weiter als jemals zuvor. Ihre Eltern hatten ihr verboten, so weit zu reiten, aber an diesem Tag hatte sie nicht darauf geachtet. Es war ein wunderschöner Frühlingstag gewesen, die Sonne schien mild vom Himmel herunter und eine sanfte Brise strich über die Ebene, während sie auf dem Rücken ihres Pferdes über die Weite preschte. Der Wind spielte mit ihrem langen blonden Haar und sie spürte die Sonnenstrahlen auf ihrer Haut.
Erst als sie den Fluss erreichten, bremste ihr Pferd schnaubend ab und sie öffnete die Augen, die sie geschlossen gehalten hatte, um den ungewohnten Anblick zu betrachten. Noch nie hatte sie derart viel Wasser auf einmal gesehen, auch wenn sie die Alten davon erzählen gehört hatte. Sie war sich sicher, dass es sich um den Isen handeln musste, der die äußere Grenze des Königreich Rohans bildete. Fasziniert schwang sie sich vom Rücken ihres Pferdes und trat näher an das Wasser heran. Angsterfüllt näherte sie sich nur langsam den Ufern, doch ihre Angst schwand langsam. Auch wenn es viel mehr Wasser war, als sie jemals gesehen hatte, war es nur Wasser. Ein großer Ast spannte sich damals über den schnell dahin fließenden Fluss und sie hatte nicht widerstehen können, darauf zu klettern. Sie wollte wissen, wie sich so viel Wasser anfühlte, Wasser, das sich viel schneller zu bewegen schien, als in den Bächen, die sie kannte. Sie hatte sich gerade hinunter gebeugt und die Hand ausgestreckt, als hinter ihr eine Stimme ertönt war. Seine Stimme. „Das solltest du lieber lassen", hatte er gesagt.
Sie hatte sich so erschrocken, dass sie den Halt verlor und kopfüber ins Wasser gefallen war. Und sie hatte zu spüren bekommen, wie schnell das Wasser wirklich war, und wie gefährlich. Sie bekam keine Luft, wusste nicht mehr, wo oben und wo unten war, bis sie mit ihrem Kopf wieder die Wasseroberfläche durchbrach und hastig nach Luft schnappte. Sie drohte, wieder unterzugehen, als sie das Hufgetrappel über das Rauschen des Flusses hinweg hörte, das schließlich in einem Platschen endete. „Greif nach dem Ast!", erklang erneut die Stimme, die für sie nun wie die eines Engels klang, der sie vor den tödlichen Fluten bewahren wollte.
Er hatte sein Pferd in den Fluss gelenkt und hielt einen langen Ast in der Hand, der auf ihrem Weg lag. Sie griff danach, sobald die Strömung sie dorthin getrieben hatte und bekam ihn tatsächlich zu fassen. Ein Ruck ging durch den Ast und den fremden Jungen und für einen Moment fürchtete sie, der Ast würde brechen oder den Händen ihres Retters entgleiten und sie wieder der Macht des Flusses überlassen, aber nichts dergleichen geschah. Mithilfe des Astes zog der Junge sie aus der reißenden Strömung. Am Ufer brach sie keuchend zusammen. „Ist alles in Ordnung?", hatte er gefragt und sich über sie gebeugt. Der Junge war nur wenige Jahre älter als sie, vielleicht zwölf, maximal dreizehn Jahre alt. Die typischen langen blonden Haare der Rohirrim umspielten in sanften Wellen um sein Gesicht. Und zum ersten Mal hatte sie seine Augen gesehen, die sie zu diesem Zeitpunkt besorgt musterten. Sie waren nicht einfach nur braun, wie bei den meisten ihres Volkes. Seine Augen waren so hellbraun, dass sie im Licht der Sonne beinahe golden aussahen. Zu diesem Zeitpunkt wusste sie noch nicht, dass diese Augen sie über all die Jahre, die seitdem vergangen waren, immer wieder faszinieren würden.
Sie nickte als Antwort auf seine Frage und er stellte sich als Grimbold vor. Als sie ihm ihren Namen nannte – Samantha, von allen Sam genannt – lächelte er und sagte, dass es ein schöner Name sei. Er begleitete sie damals nach Hause und als ihre Eltern besorgt fragten, was geschehen war, als sie durchnässt zu Hause ankam, meinte er, sie sei in einen der Bäche in der Umgebung gefallen. Dankbar hatte sie ihn angelächelt und er hatte ihr nur zugezwinkert. Bereits am nächsten Tag waren sie sich wieder begegnet. Da hatte sie ihm versprechen müssen, niemals wieder alleine an den Fluss zu reiten, nicht ohne ihn, nicht ohne ihren Retter. Sie versprach es ihm.
Seit diesem Tag waren sie unzertrennlich, beste Freunde, die sich gegenseitig vor allem beschützten. Er nahm sie vor den halbwüchsigen Jungen in Schutz, die sich immer über sie lustig machten, als sie älter wurden. Sie gewährte ihm Zuflucht in ihrem Haus, wenn sein Vater wieder betrunken war und ihn schlug – was leider sehr oft vorkam. Sie versorgte immer seine Wunden und bat ihn ständig, er möge sein Zuhause verlassen. Er könnte einfach bei ihr bleiben. Er schwieg immer, wenn sie das ansprach. Und mit der Zeit begann sie zu verstehen, warum er immer wieder zu seinem Vater zurückgekehrt war – um sie zu schützen, vor dem Gerede der Leute. Je älter sie wurden, desto weniger wollten ihre Eltern, dass er eine Nacht bei ihr verbrachte. Schon lange durfte er nicht mehr Seite an Seite mit ihr in einem Bett liegen, auch wenn es hin und wieder noch vorkam, wenn er sich nachts zu ihr schlich. Aber diese Besuche wurden immer seltener. Ihre Eltern gemahnten sie, dass es unschicklich sei. Sie verstand es anfangs nicht. Was war schon dabei, wenn sie, die beste Freunde seit Kindertagen waren, Seite an Seite schliefen? Sie beschützten sich doch nur gegenseitig!
Aber eines Tages verstand sie es. Sie verstand es an jenem Tag, als sie begriff, dass sie ihn nicht mehr nur als Freund betrachtete und sich mehr als Freundschaft von ihm wünschte. Es war ein völlig normaler Tag, sie hatten sich zum Ausreiten davon gestohlen. Ihre Eltern sahen es nicht gerne, wenn sie mit ihm alleine war, selbst wenn es zu einem Ausritt in die weiten Ebenen war, wo man immer Gefahr lief, jemanden zu treffen und ohnehin beinahe bis an den Horizont von Edoras aus zu sehen war. Ihre Ausflüge kamen immer seltener vor, daher genoss sie es umso mehr. Sie hielten an einem der klaren Bäche an, die sich vom Gebirge hinab durch die Ebene ihren Weg bahnten und sich schließlich in einem der größeren Flüsse weit in der Ferne vereinigten. Sie wusste nicht mehr genau, wie es passiert war, sie wusste nur, dass sie sich aufgezogen hatten, wie sie es gerne taten. Sie hatten sich eine kleine Wasserschlacht geliefert und als sie aus dem Bachbett sprang, folgte er ihr. Er geriet ins Stolpern, als er mit seinem Stiefel an einem Stein hängen blieb und ehe sie sich versah, hatte er sie mit sich zu Boden gerissen, da sie sich zu ihm umgedreht hatte, als sie seinen kleinen Schrei gehört hatte. Sie wollte ihn aufziehen, ihn ärgern, ihm sagen, dass er wie ein kleines Mädchen geschrien hatte, doch als sie in seine Augen schaute, vergaß sie jeden Gedanken. Er lag auf ihr und war ihr so nah, wie schon lange nicht mehr. Und es war anders als all die Male zuvor. Sie spürte seine Wärme durch den Stoff ihrer Kleidung so intensiv wie niemals zuvor und das einzige, woran sie denken konnte, war, wie sehr sie sich wünschte, er möge sie küssen. Sie wollte wissen, wie es war, wenn seine weichen Lippen ihre berührten, wie sich sein kratziger Bart an ihrer Haut anfühlte, wie sich seine Haare unter ihren Fingern anfühlen würden, wenn sie sie darin vergrub.
Sie begriff, dass sie ihn liebte. Nicht wie einen Bruder, nicht wie einen Freund, sondern wie ihren Seelenverwandten, der all ihre dunklen Geheimnisse und all die Narben auf ihrer Seele kannte, so wie sie die seinen.
Er küsste sie an diesem Tag nicht. Er rappelte sich einfach wieder auf, half ihr ebenfalls auf und verhielt sich den Rest des Tages sehr schweigsam. Er bestand darauf, dass sie zurückritten und sprach kaum ein Wort mehr mit ihr. Es brach ihr das Herz. In den nächsten Wochen mied er sie und sie lernte die volle Wucht des Schmerzes kennen, der mit der Sehnsucht einher ging. Eines Tages hielt sie es nicht mehr aus und stellte ihn zur Rede. Er sagte ihr nicht, warum er ihr aus dem Weg ging, aber er versprach ihr, es fortan nicht mehr zu tun. Sie wurden wieder beste Freunde, verbrachten den Großteil der Tage zusammen und standen einander in allen Dingen bei.
Sie stand ihm bei, als er sich für die Armee bewarb, obwohl sie ihn dafür hasste, weil sie Angst hatte, ihn zu verlieren. Er stand ihr bei, als ihr Vater eine Heirat mit einem alten, aber reichen Kaufmann arrangierte, der sie stets lüstern bedacht hatte und den sie mit Haut und Haaren verabscheute. Immer wieder träumte sie davon, Grimbold würde sie eines Tages zu seiner Frau nehmen und mit jedem Tag wuchs ihre Liebe zu ihm, ihre Sehnsucht, aber niemals erweckte er den Eindruck, mehr in ihr zu sehen als eine Freundin. Eines Tages, als sie es nicht mehr länger aushielt, beschloss sie, es ihm zu sagen. Wenn sie Gewissheit über seine Gefühle hätte, dann könnten sie, wenn er sie auch liebte, ein gemeinsames Leben führen, oder sie könnte damit abschließen und lernen, wieder nur einen Freund in ihm zu sehen. Entschlossen machte sie sich gleich am nächsten Morgen auf den Weg zu ihm. Sie traf ihn nicht bei seinem Haus an, also wandte sie sich in Richtung der Ställe, wo er die meiste Zeit des Tages verbrachte, wenn er nicht auf Patrouille oder einem Ausritt war. Bereits nach der Hälfte des Weges fand sie ihn – mit einer kichernden Frau, die ihn immer wieder kokett anblinzelte. Er lächelte sie charmant an und schien sich bestens zu amüsieren, während er mit ihr schäkerte. Der Anblick brach ihr das Herz. Sie konnte es ihm nicht sagen, konnte ihm nicht sagen, wie sehr sie ihn liebte und wie sehr sie verletzte, ihn mit einer anderen Frau zu sehen. Nicht, wo er sie doch offenkundig nicht liebte. Sie wollte ihre Freundschaft nicht ruinieren, wenn das alles war, was sie bekommen könnte. Und so wandte sie sich ab und ging davon und versuchte, ihre Hoffnung auf ein gemeinsames Leben mit Grimbold zu begraben, auch wenn es wehtat.
Grimbold wurde Soldat und war oft auf Patrouillen unterwegs. Jedes Mal vermisste sie ihn furchtbar und freute sich über seine unbeschadete Rückkehr. Sie stritten sich, als sie ihn bat, ihr das Kämpfen beizubringen. Er wollte nicht, dass sie ein Schwert in die Hand nahm, aber sie bestand darauf, dass sie sich verteidigen wollte. Es war das erste Mal, dass sie sich so furchtbar stritten, dass sie dachte, ihre Freundschaft wäre zu Ende, aber er kam zu ihr zurück. So wie jedes Mal, auch in späteren Zeiten. Er fürchtete um sie, das sah sie in seinen Augen, doch irgendwann begriff er, dass es besser war, wenn sie lernte, sich zu verteidigen. Er würde nicht immer da sein, sie zu beschützen und dieser Gedanke machte ihnen gleich viel Angst, auch wenn sie es nicht aussprachen. Aber das war auch nicht nötig, denn in manchen Momenten verstanden sie sich ganz ohne Worte. Sie musste ihm versprechen, niemals in einen Krieg zu ziehen, und sie tat es – mit gekreuzten Fingern.
Die Jahre vergingen. Sie wurde älter und immer hübscher, worauf zumindest die Heiratsanträge schließen ließen, die sie bekam. Doch sie lehnte alle ab, denn ihr Herz gehörte nur einem Mann und sie wollte lieber als alte Jungfer enden, als mit einem anderen Mann alles zu teilen. Grimbold erwies sich als herausragender Kämpfer und stieg bald in den soldatischen Rängen auf. Sie wusste schon damals, dass er es eines Tages mal zum Hauptmann bringen würde. Er konnte seine Männer führen, er hatte diese autoritäre Ausstrahlung, die er nur ihr gegenüber niemals zeigen konnte, weil sie ihn so gut kannte wie sich selbst, und die sich mit Überlegenheit, taktischem und kriegerischem Geschick paarte. Er würde es weit bringen – wenn er denn so lange lebte. Jedes Mal, wenn er in den Kampf zog, bangte sie um seine Rückkehr. Er kam jedes Mal zurück, doch die Angst blieb.
Mit seinem Erfolg kamen auch die Frauen, immer mehr begannen ihn zu umschwärmen. Sie wurden von seiner imposanten Erscheinung angezogen und seinen unglaublichen Augen, die ihn schon vorher überaus attraktiv für die Frauenwelt gemacht hatten. Und nun kam seine Stellung hinzu, von der sie sich finanzielle Sicherheit und einen guten Ruf versprachen. Sie verachtete die Frauen, die sich ihm so an den Hals warfen. Sie waren ihr zuwider. Und sie wusste, dass es zu einem Teil auch an ihrer Eifersucht lag und der Angst, ihn zu verlieren. Was, wenn er sich in eine der Frauen wirklich verliebte? Viele von ihnen waren bildhübsch, viel hübscher als sie und es war nur eine Frage der Zeit, bis er sich entschloss, eine Familie zu gründen und dann würde er sich eine von diesen Frauen aussuchen. Es war schon schwer genug zu wissen, dass sie nur eine Freundin für ihn war und niemals mehr sein würde, aber solange er unverheiratet war, wollte ihre Hoffnung nicht sterben, dass er eines Tages doch noch erkennen würde, dass er sie liebte.
Es war ein regnerischer Nachmittag, ferner Donner hallte über die Ebene, als sie es nicht mehr aushielt. Er war von einer langen Patrouille zurückgekehrt und sie hatte ihn in Empfang nehmen wollen, aber als sie im Stall ankam, fand sie ihn mit einer Frau, die ihre Arme um seinen Hals geschlungen hatte und die ihn leidenschaftlich küsste, vor. Sie drehte wortlos um, ihr gebrochenes Herz schlug schmerzhaft in ihrer Brust und die Tränen verschleierten ihre Sicht, sodass sie kaum wusste, wohin sie ging. Sie stieß gegen einen Eimer und das scheppernde Geräusch riss das Paar auseinander. Ohne ein Wort rannte sie los und flüchtete aus dem Stall, hinaus in den Regen, der ihre Tränen verbarg. Hinter sich hörte sie Grimbolds Stimme, der immer wieder ihren Namen rief, doch sie hielt nicht an. Erst als eine Hand ihren Arm umschloss und sie herum drehte, kam sie notgedrungen zum Halten. Grimbold drehte sie zu sich herum, aus seinen langen Haaren tropfte der Regen und sie hoffte, dass er ihre Tränen nicht sehen würde. Doch er kannte sie gut. Er drängte sie zu erfahren, was los war und mit diesen Worten kam die Wut. Sie hasste ihn dafür, dass er ihr immer und immer wieder das Herz brach und sie hasste sich selbst dafür, dass sie die Hoffnung nicht einfach wegsperren konnte. Sie warf ihm vor, keine Zeit mehr für sie zu haben, weil er sich ständig nur mit anderen Frauen vergnügte. Der Schmerz in seinen Augen raubte ihr damals den Atem. Er war enttäuscht, verletzt, dass sie so von ihm dachte. Sie sagte ihm, sie wolle ihn nie wieder sehen, obwohl es eine Lüge war. Sie wollte ihn immer an ihrer Seite wissen und doch ertrug sie es nicht mehr, nicht genug für ihn zu sein. Sie brauchte ihre Ruhe, um die Scherben ihres Herzens wieder zusammen zu setzen. Er brachte sie zum Schweigen, indem er sie küsste. Ein Kuss, so voller intensiver Gefühle, dass sie ihn bis heute nicht vergessen hatte. All ihre Sehnsucht, ihre Hoffnung, ihr Schmerz und ihre Liebe mischten sich mit seinen Gefühlen in diesem verzweifelten, brennenden Kuss, der ihr Herz ganz plötzlich wieder zu einem Ganzen formte – indem es mit seinem verschmolz. Als er sich von ihr löste, verpasste sie ihm eine Ohrfeige. Sie konnte nicht anders, als zu lachen, als er sie verdattert anschaute. Ihr Herz sang vor Freude. Er wollte wissen, wofür die Ohrfeige gewesen war. Und als sie ihm sagte, dass sie für den Kuss mit der anderen Frau war, schwor er ihr, dass er es nicht gewollt hatte, dass der Kuss von ihr ausgegangen war. Er sagte er ihr, dass er sie liebte. Und dass seine Sehnsucht ihn umgebracht hätte, wenn er noch einen Tag länger ohne sie als seine Frau verbringen müsste.
Er fragte sie, ob sie seine Frau werden wollte. Weil er sich keinen Tag ohne sie vorstellen konnte. Weil er jeden Tag seines Lebens mit ihr verbringen wollte. Mit Tränen in den Augen, dieses Mal vor Freude, sagte sie Ja.
Sie heirateten und lebten viele Jahre glücklich miteinander. Doch es war auch oft nicht einfach. Sie wünschten sich so sehr Kinder, doch sie sollte einfach keine bekommen. Sie hatte mehrere Fehlgeburten und an der Trauer zerbrach beinahe ihre Ehe. Doch sie fanden immer wieder zueinander – weil sie einander liebten und sie hatten sich Treue bis zum Lebensende geschworen. Auch als die Heilerin des Dorfes ihr mitteilte, dass sie wohl niemals Kinder haben würde, blieb er bei ihr, auch wenn sie ihm die Möglichkeit gab zu gehen, um mit einer anderen Frau eine Familie zu gründen. Er sagte nur, sie wäre seine Familie. Und so blieben es immer nur sie zwei, aber sie waren dennoch glücklich.
Viele Jahre des Friedens gingen ins Land. Die Falten gruben sich tiefer in ihre Gesichter und ihre Haare wurden immer grauer, doch das Leuchten in ihren Augen blieb. Seine goldenen Augen, die sie immer voller Liebe und Wärme ansahen, blieben immer die gleichen.
Dann nahmen die Kriegszeichen immer mehr zu. Grimbold kämpfte gegen Orks und wilde Menschen in der Ebene, die immer wieder Dörfer angriffen. Er verteidigte die Grenzen des Landes und immer wieder fürchtete sie um sein Leben. Doch er kam immer zu ihr zurück. Auch als die Schlacht an den Furten des Isen unzählige Tode forderte, darunter auch das Leben des Königssohnes.
Als der König seinen Neffen und Heerführer verbannte, ging Grimbold mit ihm. Es war der schwerste Abschied, den sie jemals durchstehen mussten. Sie hatte nie gewusst, ob er zurückkehren würde, aber niemals standen die Chancen so schlecht wie bei diesem Abschied und beide wussten es, auch als er ihr versprach, dass er zurückkommen würde und dass sie auf sich aufpassen sollte. Ein letzter Kuss, dann blieb sie allein zurück. Die Flucht nach Helms Klamm und die Schlacht, deren furchtbare Geräusche sie in den Höhlen hören konnte, musste sie ohne ihn an ihrer Seite durchstehen. Sie wusste nicht einmal, wo er sich befand. Als der Ausgang beinahe entschieden war, als die Niederlage der Rohirrim offenbar schon feststand, kam er an der Seite des weißen Zauberers herbei geritten und rettete das Volk vor dem Untergang. Sie war überglücklich, als sie ihn wieder in die Arme schließen konnte und wollte ihn am liebsten nie mehr loslassen.
Doch der Krieg war noch nicht vorbei. Sie erhielten Nachricht aus Gondor, um deren Weiße Stadt gekämpft wurde. Der König entschied sich, ihnen zu Hilfe zu eilen. Er schickte Grimbold aus, um die Krieger zu versammeln. Und sie entschied, dass sie ihn dieses Mal nicht alleine lassen würde. Sie spürte, dass das Ende nah war und gleich, ob es ein gutes oder ein schlechtes Ende war, sie würde es an seiner Seite erleben. So ritt sie mit ins Feldlager. Als Grimbold sie dort erblickte, war er außer sich vor Zorn, schloss sie aber letztlich in seine Arme und ließ sie die ganze Nacht nicht mehr los. Sie schwiegen, weil es keine Worte gab. Am nächsten Morgen sagte sie ihm, dass sie mit ihm reiten würde. Er widersprach nicht, weil er wusste, dass sie auch heimlich mitreiten würde, wenn er es verbot. Und er wollte sie lieber an seiner Seite wissen.
Und so ritten sie Seite an Seite in die Schlacht um Minas Tirith. Sie beschützten einander, wie sie es getan hatten, seit sie Kinder waren, und hielten aneinander fest in all dem Chaos des Todes und der Zerstörung.
Ein Pfeil traf Grimbold in die Brust, als er sie vor einem Ork rettete, der sie hatte töten wollen. Wie in Zeitlupe fiel er vom Pferd und versteinert konnte sie nur zusehen, wie die Liebe ihres Lebens zwischen die Leichen, die den Boden bereits säumten, fiel. Sie zögerte keine Sekunde, schwang sich von ihrem Pferd und eilte an seine Seite. Sie bettete seinen Kopf in ihren Schoß, ignorierte, was um sie herum geschah, nahm nichts von den Schreien, dem Klirren der Waffen wahr.
Flatternd öffneten sich seine Augen und sie versank in der Liebe in seinen goldenen Augen. In diesem Moment gab es nur sie und ihn. Sie beide und ein ganzes Leben, ein ganzes Leben in diesem einen Augenblick. „Ich liebe dich", flüsterte Grimbold mit erstickter Stimme. Blut lief aus seinem Mundwinkel. „Habe ich immer und werde ich immer. Auch im Tod."
„Ich liebe dich. Für immer", antwortete Sam, „Und ich weiß, im Tod werden wir wieder vereint sein."
Ein letzter Blick voller Liebe und Sehnsucht, ein letzter Kuss des Abschieds, dann verstummte Grimbolds Herz für immer.
Es hatte immer nur sie beide gegeben. Und nun blieb nur sie zurück. Alleine.
Ein Schwert bohrte sich von hinten durch ihr Herz, doch sie spürte es kaum. Es war bereits gestorben, als Grimbold seinen letzten Atemzug tat. Sie sank auf seinem toten Körper nieder, als auch sie ihr Leben aushauchte.Seite an Seite starben sie und Seite an Seite begrub man sie. Noch heute steht vor den Toren Minas Tirith ein Stein mit ihren Namen – eine Erinnerung an eine Liebe, die alle Widrigkeiten und alle Hindernisse überwand. Eine Liebe, die ein ganzes Leben dauerte.
Hier ruhen Grimbold, Grims Sohn und seine geliebte Frau Sam. Mögen sie auch im Tod vereint sein.
Pairing: @51pennys und Grimbold
Autor: Lukida-Atlas
