Ich demoliere Topfpflanzen

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Es war Freitag. Der letzte Tag vor den Ferien. Genervt schlug ich auf meinen andauernd klingelnden Wecker ein und fegte ihn mit einer energischen Handbewegung von meinem kleinen Schrank neben dem Bett. Warum musste die Schule auch so früh beginnen? Ich nahm mir vor, noch einen letzten Tag pünktlich zum Unterricht zu kommen und mich für meine Verhältnisse anständig zu benehmen.

Wobei ich letzteres wahrscheinlich nicht einhielt. Zwar war ich ein guter Schüler - einer der besten um genau zu sein, mal abgesehen von Chemie -, doch die Verlockung, sich über meine Lehrerin Miss Clarke lustig zu machen, war einfach zu groß. Sie war ganz nett, ihre Art und Weise, die sie an sich hatte, war eher, sag ich mal gewöhnungsbedürftig.

Immer redete sich wie ein Wasserfall, konnte keine Minute stillstehen. Selbst auf Stühlen wippte sie wie eine angestoßene Sprungfeder hin und her. Die Kreidestücke fielen in ihren Händen zu kleinen Bröseln zusammen. Feines weißes Pulver bedeckte das Lehrerpult und alles was sich darauf befand.

Die Putzfrauen hatten es längst aufgegeben, dieses Klassenzimmer zu putzen und so sah es aus wie eine Mehlstube. Nicht einmal die Lineale oder Projektoren waren sicher vor Miss Clarke. (Der Projektor hatte bei einem Überschlag einen Totalschaden erlitten und mindestens acht Lineale lagen zerbrochen, wenn nicht sogar zertrümmert, im großen Müllcontainer hinter der Schule) Aus reiner Hektik hatte sie schon einmal beim Erklären ihren Schlüsselbund quer durch das Klassenzimmer geworfen und meinen Freund Jack getroffen. Vielleicht lag es an der Aufregung, etwas falsch zu machen oder zu erklären. Sie war relativ jung und unerfahren, was diesen Punkt nicht unrealistisch erschienen ließ. Doch wäre der Beruf einer Lehrerin dann nicht falsch für jemanden wie sie? Müsste... Eine energische Stimme aus der Küche unterbrach meine Gedanken.

„Mick, wenn du weiter so trödelst, kommst du zu spät. Und du erinnerst dich doch noch an unsere Vereinbarung, nicht wahr?"

Diese nicht ganz so freundlichen, wohlwollenden Worte am Morgen stammten von meiner Mutter, Amy Harris. Und wenn ihr euch fragt, von welcher Vereinbarung sie sprach: Um die Sommerferien lang mit einen Freund nach Griechenland fliegen zu dürfen, musste ich jeden Morgen pünktlich zur Schule kommen.

Es war nie meine Stärke gewesen, mich morgens aus dem mollig warmen Bett zu quälen, mich auf mein Fahrrad zu schwingen und gute Laune zu versprühen. Ich musste mich zwingen, sonst konnte ich mir die Reise abschminken. Und es war immer mein Traum gewesen, nach Athen zu fahren und die alten Gebäude zu sehen. Mein Vater war Archäologe gewesen und hatte immer von den Sehenswürdigkeiten dort geschwärmt.

Eigentlich wollten wir zusammen fliegen, doch vor drei Jahren war er bei einem Erkundungsflug abgestürzt und gestorben.

Ich hatte ihm versprochen, unser Vorhaben zu verwirklichen. Und bald war es so weit. Nur leider ohne ihn und seine Kenntnisse über die Stadt.

Seufzend schlug ich meine Bettdecke zur Seite, zog die Hausschuhe an und machte mich auf den Weg in die Küche. Mein jüngerer Bruder Steve saß schon fertig angezogen auf der Holzbank und wartete sehnsüchtig auf sein Frühstück, das meine Mum ihm zubereitete. „Warum bist du erst jetzt hier? Ich will zur Schule und meine Freunde sehen." Ich schmunzelte über Steve. Er ging noch in die zweite Klasse auf die Grundschule, die etwa zwanzig Minuten von unserem Haus am Stadtrand entfernt lag. In diesem Alter war ich auch noch voller Vorfreude gewesen, was ich wohl als nächstes lernen würde. Doch diese Zeit war schon lange vorbei. Mit meinen siebzehn Jahren ging ich bereits in die elfte Klasse, die bedauernswerter Weise kein Zuckerschlecken mehr war. Unendlich viele Formeln und Berge von Hausaufgaben. Jeden Tag aufs Neue fragte ich mich, ob die Lehrer gemein sein wollten und uns deswegen so viel aufgaben. Oder dachten sie, wir hätten keine Freizeitbeschäftigungen, selbst wenn es sich dabei um faul in der Ecke liegen handelte?!

Teneral - verborgenes ReichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt