Kapitel 1

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June:

Da steht er wie ein Pfau und lässt sich bewundern. Nicht, dass Sirius Black etwas besonderes geleistet hätte. Nicht, dass er durch gute Noten auffallen würde, so wie ich. Alles was er kann, ist reden. Andere von sich überzeugen. Witze reißen. Und mit seinen Freunden die ganze Schule unsicher machen. "Hört das denn niemals auf?", frage ich James. Mein bester Freund grunzt nur. Er stört sich nicht an Sirius' Machogehabe. Was mir auf den Keks geht, ist für ihn völlig normal. Eine Drittklässlerin hat ihre kleinen Hände auf Sirius' Arm gelegt und schmachtet ihn aus großen, blauen Augen an. Kurz bekomme ich Angst, dass sie in Ohnmacht fällt, als er sie anlächelt. Eine absurde Szenerie. Es ist fast so, als wäre sie ein verrückter Groupie und Sirius ist ihr Popstar. "Wer ist die Kleine überhaupt?", will Remus von mir wissen und zieht kritisch die Augenbrauen hoch. Ich zucke nur mit den Schultern. Keine Ahnung. James legt das Buch beiseite, in dem er bis eben geblättert hat, und mustert das Mädchen aufmerksam. "Ich glaube, das ist Lilith Malfoy."

Okay, wow. Eine Malfoy. Nachdem Sirius jahrelang von seiner Familie gequält wurde, weil er vom sprechenden Hut nach Gryffindor gesteckt wurde, angelt er sich jetzt eine Malfoy? Ein Mitglied von einer Familie, die auf nichts anderes Wert legt, als auf Reinblütigkeit? Also bitte. Peinlicher geht's ja wohl kaum. Remus sieht mich an und ich weiß, dass wir dasselbe denken. Einmal mussten wir Sirius während der Ferien ins Muggelkrankenhaus schleppen, weil seine Mutter ihm ins Gesicht geschlagen hat. Und der Dank dafür ist, dass er mit einem Mädchen aus einer radikalen Familie ausgeht. Jetzt muss sogar James schlucken. Eben noch hat er mich nicht für voll genommen, und nun starrt er seinen besten Freund mit derselben Verwunderung an wie wir alle. Liliths Freundinnen haben sich um die beiden geschart wie ein Schwarm Vögel. Alle quatschen rücksichtslos durcheinander und versuchen, einen Blick auf das Pärchen zu erhaschen. Himmel, manchmal hasse ich Hogwarts. Dämliche Teenager sollten hier eigentlich verboten werden. "Ist das überhaupt legal?", gibt Remus zu bedenken. Ich weiß, worauf er anspielt. Dieses Mädchen ist wirklich sehr jung und hat in einer richtig ernsten Liebesbeziehung nichts verloren. Man soll mich nicht falsch verstehen, ich glaube schon, dass die beiden sich verknallt haben könnten, aber...sie ist soo jung! Lily räuspert sich kräftig, als Sirius und seine Begleitung auf uns zusteuern. "Hey, June.", ruft er in meine Richtung und winkt mir zu. "Sehen wir uns später?"

Ernsthaft? Ich klatsche mein Buch demonstrativ auf den Tisch. "Nein.", antworte ich überzeugt. "Erstens will ich das deiner lieblichen Freundin nicht antun, und zweitens will ich lernen. Was du auch tun solltest, Idiot."Remus grinst und James kickt mir unter dem Tisch ins Schienbein. Er will wohl nicht, dass sie ganze große Halle meine Missbilligung mitbekommt. Lily nickt mir aufmunternd zu. Wir haben tausende Mädchengespräche darüber geführt, dass ich mich nicht von Sirius ausnutzen lassen sollte. Dieser schnallt allerdings gar nichts.

"June? Es ist der letzte Tag vor den Weihnachtsferien! Da gehen wir doch immer noch was trinken. Was ist denn los?", fragt er verwirrt.

Ich will schon tief Luft holen und zu einer ausschweifenden Moralpredigt ausholen, aber diesmal rammt Remus mir dem Ellenbogen in die Seite und lächelt. "June hat wirklich viel zu tun. Sie hilft James und mir noch beim Lernen. Sie wird dir schon sagen, wenn sie Zeit hat, dich zu treffen."

Nun runzelt Sirius die Stirn und blickt nachdenklich zwischen Remus und mir hin und her. "Seit wann sprichst du für sie, Remus?" Remus weiß sehr genau, was ich für Sirius empfinde, und warum sein Verhalten mich so sehr verletzt. Heute steht er auf meiner Seite. Er grinst seinen Freund breit an und legt frech einen Arm um meine Schultern. "Ich spreche für meine Freundin, seit sie meine Freundin ist.", erklärt er provokant. "Wundert es dich denn, dass June und ich jetzt zusammen sind? Ich meine, Lily hat James, du hast Lilith Malfoy und ich habe June Green. Wenn das nicht Schicksal ist?" Sirius entgleiten sämtliche Gesichtszüge und die Ungläubigkeit funkelt regelrecht in seinen Augen. Doch Remus zieht sein Schauspiel durch, lächelt fein, und Lily muss sich wirklich zusammenreißen, um nicht laut los zu kichern. James guckt einfach nur verdattert in die Runde und scheint nicht zu wissen, was er denn nun genau glauben soll. Doch so schnell Sirius' Unsicherheit kam, so schnell verfliegt sie auch wieder. Er reckt stolz das Kinn, nickt kurz und macht sich dann mit der kleinen Malfoy aus dem Staub. "Danke.", sage ich zu Remus und drücke ihm einen Kuss auf die Wange. Er lächelt. "Versprich mir, dass du mich heiratest, wenn es mit Sirius nichts wird." Ich nicke. "Oh ja, du bist meine Nummer zwei."

Seit ich nicht mehr Zuhause wohne, feiere ich auch nicht mehr großartig Weihnachten. Ich habe ein Einzelzimmer in einem Studentenwohnheim gemietet, seit meine Eltern mich verstoßen haben, weil ich eine Hexe bin. Zwar wird in den Gemeinschaftsräumen und Eingangshallen gefeiert, aber ich schließe mich nicht an. Wenn ich keine Familie habe, brauche ich auch kein Fest. Was auch der Grund ist, weswegen ich Hogwarts in den Ferien verlasse. Es schmerzt zu sehr. Also liege ich in einer bequemen Jogginghose auf dem Bett und denke nach. Die Lampe habe ich längst ausgeknipst, das einzige Licht kommt von der Straßenlaterne am Gehweg. Feine Schneeflocken glitzern in der Dunkelheit. Sie sind so fein, dass man sie kaum erkennen kann, wie ein Nebel aus Diamantstaub. So sollte man Heiligabend nicht verbringen. Ich seufze und überlege, ob ich etwas lesen soll. Aber ich kenne all meine Bücher und will mich nicht ablenken. Nicht heute. Ich muss alles, was bis jetzt passiert ist, auf mich wirken lassen. Sirius hat eine Freundin? Gut.

Ich falle vor lauter Schreck fast aus dem Bett, als plötzlich etwas gegen mein Fenster donnert. Terroristen?!Mit mulmigen Gefühl taste ich nach meinem Zauberstab und rutsche ganz langsam vom Bett. Zum Fenster sind es keine zwei Schritte. Ich schiele nach draußen...

... und erkenne eine nur allzu bekannte Gestalt in der Nacht. Ich öffne das Fenster und starre nach draußen. "Sirius?", zische ich leise. "Was in Merlins Namen machst du denn da unten?" Ich wusste nicht einmal, dass er eine Ahnung hat, wo ich wohne. "Entschuldige.", sagt er, aber seine Stimme klingt anders als sonst. Irgendwie belegt. "Schon gut.", beruhige ich ihn. "Was ist denn los?" Endlich wendet er den Blick vom Boden ab und sieht zu mir hoch. "Lässt du mich rein?"Ich atme tief durch und will ihn schon fast anschreien, dass er doch zu Lilith gehen soll, wenn er ein Problem hat, aber ich bringe es nicht über mich. "Gut. Die Eingangstür ist abgesperrt. Ich komme mit dem Schlüssel runter." Ich glaube, dass er nickt. Also schließe ich das Fenster und schlüpfe im Vorbeigehen in meine Hausschuhe. Mein Schlüssel liegt auf der Kommode. Muggel bevorzugen es, wenn man ihre Schlösser nicht mit Magie sprengt. Ich gehe den langen Flur entlang, in dem alle Türen gleich aussehen und sich nur die Nummern der Zimmer unterscheiden, bis zur Treppe, deren Stufen Ähnlichkeit mit denen in einer Klinik haben. Steril, grau, unspektakulär. Als ich unten ankomme, wartet Sirius schon vor der Glastür darauf, dass ich sie öffne. "Du liebes bisschen.", entfährt es mir, als ich ihm ins Gesicht sehe. Er hat ein blaues Auge und eine aufgeschlagene Lippe, und überall klebt Blut. In seinen Haaren, auf der Haut und in den Klamotten. Sirius kann nicht einmal schief lächeln, so, wie er es immer tut, wenn wir uns begegnen. Er schaut mich einfach nur an, als würde er um seine Fassung kämpfen müssen, als wäre das Fass kurz vor dem Überlaufen. "Komm.", sage ich sanft und mein Zorn ist wie weggeblasen. "Wir sehen uns das an." Den Weg, für den ich gerade eben gefühlt zehn Sekunden gebraucht habe, gehen wir nun wesentlich langsamer. Ich halte Sirius am Arm fest, weil ich Angst habe, dass er ohnmächtig werden könnte. "Wie bist du überhaupt hergekommen?", frage ich gleichermaßen streng wie neugierig. Sirius sieht mich nicht an. "Muggelbahn." Als wir endlich vor meiner Tür stehen, bin ich froh, dass ich nur die Klinke herunterdrücken muss, und nicht erst den Schlüssel ins Schloss zu friemeln habe. "Setz dich aufs Bett.", befehle ich ruhig. Er nickt, aber mit hinsetzen ist nicht viel. Im Gegenteil, er fällt rückwärts auf die Matratze und ich habe fast eine Panikattacke.

"Sirius?!"

Er schließt die Augen und seufzt. "Schon gut. Mir geht's gut." Ich schalte das Licht an und setze mich neben ihm auf die Bettkante. "Ich glaube dir kein Wort." Sirius blinzelt, als ich ihm vorsichtig eine verklebte Haarsträhne aus der Stirn streiche um das ganze Ausmaß der Verletzungen zu verstehen. "Wird Remus wütend, wenn er herausfindet, dass ich hier bin?", krächzt er besorgt. Ich lächle. "Sirius, das war nur ein Scherz. Ich bin nicht mit Remus zusammen. Er wollte dich nur reinlegen."

"Aber warum?"

Ich schlucke. "Wir waren sauer wegen deiner neuen Freundin."

Sirius beißt sich auf die ohnehin schon lädierte Lippe. "Sie ist nicht meine Freundin."

"Ach nein?" Ich greife nach dem Päckchen mit Taschentüchern in meiner Schublade und tupfe seinen Mund vorsichtig und mit viel Fingerspitzengefühl ab. Währenddessen schüttelt er den Kopf als Antwort auf meine Frage.

"June, sie steht auf mich, okay? Das habe ich ausgenutzt, um dich eifersüchtig zu machen."

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⏰ Letzte Aktualisierung: Feb 28, 2019 ⏰

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Call me Black (Eine Hogwarts-Fanfiction zu Sirius Black)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt