"Was wünschst du dir?"

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An einem kalten Wintertag, lief ich durch die Stadt. Es war kurz vor Weihnachten, alle lachten, kauften ein, ergötzten sich an der funkelnden Deko in den zahlreichen Schaufenstern.

Ich lief vor bei an den Geschäften, als eine helle, warme Stimme, an mein Ohr traf.

Ich folgte dieser, und fand sie einem Mädchen am Brunnen zugehörig.

Sie hockte auf der kalten, feuchten Erde einem Mann gegenüber. Ich trat näher, blieb wie viele andere stehen und beobachtete die Szene, die sich mir bot.

Sie hielt dem Mann lächelnd die Hand hin und grinste ihn an: "Hey, schön dich kennenzulernen."

Der angesprochene, dessen hagerer Körper in löchrigen und kaputten Klamotten steckte, sah sie an, als wäre sie verrückt.

Ich glaubte damals das selbe, heute weiß ich sie war es zu 100%!

Sie sah ihn einfach nur an, bis sie plötzlich aufsprang.

Sie warf die Arme Richtung Himmel, als würde sie danach greifen und lachte alle Umstehenden an.

Dann drehte sie sie wieder zu dem Obdachlosen um und fragte etwas, dass alle erstickt murmeln ließ: „ Was wünschst du dir?"

Der Fremde stammelte nur, während im Publikum Rufe laut wurden. Worte wie, „Gib dich nicht mit solchen ab" oder „ Man sollte solche Menschen ignorieren" vernahm ich und sie machten mich wütend.

Aber das Mädchen sah nur die Person vor sich an, wartete auf dessen Antwort.

„Was meinst du damit?", hauchte dieser endlich.

„Sag mir was du dir jetzt wünschst, Was du jetzt möchtest, und ich werde es dir geben."

„Aber ..."

„ Sag mir was du dir jetzt von Herzen wünschst!", forderte sie ihn mit ruhiger, liebevoller Stimme auf.

Der Mann lachte auf, strich sich durch seine langen, schmierigen Haare. Sein Gesichtsausdruck spiegelte Verwirrung, Angst und Ungläubigkeit aus.

„ Alles?"

„Alles, was ich dir hier und jetzt geben kann"

„ Etwas zu essen, vielleicht für mehrere Tage. Eine Decke, eine neue Jacke, Socken, Unterwäsche. Zu Trinken, vor allem Alkohol. Hygieneartikel, Hundefutter. Ähmm ... Das geht nicht ... das ist viel zu viel...„

Das Mädchen lächelte ihn an,strich dann dem Hund, der sich an ihre Beine schmiegte durch das Schwarze, staubige Fell. Stumm forderte sie ihn auf weiter zu reden.

„ Also, ein Buch, etwas zu schreiben. Vielleicht noch Handschuhe."

Dann brach er ab und lächelte zaghaft zu ihr zurück.

Sie nickte, dann rief sie warte hier und verschwand in der Menge.

Durch die vielen Menschen die sich wie eine Traube um die beiden gebildet hatten, verlor ich sie aus den Augen. Stattdessen beobachtete ich den Mann, der unter den Blicken der Umstehenden zusammen schrumpfte.

Er wartete und wartete, mit jeder Minute erkannte ich wie seine Hoffnung verschwand und ich befürchtete schon, das sie nie wieder kommen würde.

Plötzlich aber hörte ich einen lauten Ruf: „Kann mir mal wer helfen? Die Scheiße ist ziemlich schwer!"

Eine Gasse bildete sich und gab den Blick auf die Hilferufende frei, welche voll gepackt mit allerlei Dingen, dort stand und sich bemühte nichts auf den matschigen Boden fallen zu lassen.

Ohne nach zu denken, half ich hier die Sachen zu dem Mann zu bringen, der mittlerweile mit geweiteten, ungläubigen Augen, auf uns starrte.

Mit einem unfassbar strahlendem Lächeln auf den Lippen, reichte sie ihm die ersten Sachen.

„ So erst mal, das wohl wichtigste..."

Sie überreichte ihm eine Tasche, die überfüllt war mit Nahrung. Ich erkannte Brot, Früchte, Süßigkeiten, viele Dinge, die nicht allzu schnell verdarben. Auch Wasser und der gewünschte Alkohol war dabei.

Im nächsten Beutel befanden sich allerlei Hygieneartikel, allen voran Zahnbürste und Zahnpasta.

Zum Schluss überreichte sie dem sichtlich geschockten Mann, der nicht mehr wusste wo oben und unten war, eine Packung mit Socken und Unterwäsche, zwei Paar Handschuhe und eine Mütze. Auch ein kleines Notizblöckchen und Stifte landete in den Händen des Mannes.

Mit einem letzten Lächeln und einem gehauchten „ Das war's" wickelte sie ihm einen dicken schwarzen Schal um, der bis eben noch um ihren eigenen Hals hing.

Ich sah wie sich Tränen in den Augen des Mannes bildeten, die sich langsam ihren Weg über das verdreckte Gesicht suchten.

„Du solltest Lachen, und nicht Weinen! Ich wünsche dir das Beste, Stärke und Kraft, vor allem aber, dass dir das hier eine kleine Freude macht! Ich wünsche dir Frohe Weihnachten!"

„Eine kleine? Eine kleine! Das hat noch nie jemand gemacht für mich. Wie kann ich dir bloß danken?", rief er als er seine Stimme wieder gefunden hatte.

„Du brauchst mir nicht zu danken, der beste Dank ist dein lächelndes Gesicht zu sehen! Aber du kannst mich gerne umarmen, dass würde mich sehr freuen!"

Er zögerte kurz, dann nahm er sie in seine Arme.

Die vielen Leute um uns herum, riefen und applaudierten, freuten sich wohl für den Mann.


„Warum?", fragte ich sie später, obwohl sie mir schon so oft die selbe Antwort gegeben hatte.

„ Weil ich es kann. Ich habe diese Sachen alle, vor allem aber die Möglichkeit sie jeder Zeit wieder zu kaufen. Ich habe keinen Mitleid mit diesen Menschen, ich bewundere sie für ihre Kampfkraft. Ich möchte zeigen, dass sie nicht alleine sind, ich möchte sie Lachen sehen. Wenn unser System so offensichtlich versagt, dass sie nicht mal das haben zum überleben, gebe ich es ihnen. Das ist das mindeste was ich tun kann, und solange ich es kann, werde ich es tun!"

In den letzten Jahren die ich mit ihr gemeinsam verbringen durften, gingen wir jeden Monat einmal auf die Straße. Erfüllten den Menschen ihre Wünsche, verbrachten Zeit mit ihnen, Lachten mit ihnen.

Und ich weiß, dass sie diesen Menschen geholfen hat. Mehr als es jeder andere tat oder jemals könnte.

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⏰ Last updated: May 20, 2019 ⏰

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