Prolog

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,,Habe ich dein Wort?", fragte der Mann in Schwarz sein Gegenüber.

,,Das hast du." Die Stimme des zweiten Mannes klang wie zersplitterndes Glas, wie ein ausbrechender Vulkan, wie stürmische Wellen, die hungrig an steile Klippen brandeten. Sie hallte leise und gleichzeitig auf seltsam unheimliche Weise laut in der Halle wider, so grausam, dass jeder in ihr erschauderte.

Genau genommen wurden der Mann in dem schwarzen Anorak und die schmächtige, in einen Kapuzenmantel gehüllte, Person, von einem Schaudern erfasst, denn sonst war die Halle, in der sie sich befanden, wie ausgestorben.

Ein knisterndes Kaminfeuer im hinteren Teil des Raumes war die einzige Lichtquelle, denn vor den hohen Fenster hingen schwere, samtene Vorhänge, die das Sonnenlicht schluckten und einen alten Eindruck vermittelten.

,,Aber ich brauche auch deines. Halte dein Versprechen, oder ich werde dafür sorgen, dass du es bereust, Midnight! Ich habe noch einen schönen Platz in der Hölle für dich frei", donnerte der Teufel und hielt dem Mann in Schwarz seine große, mit Klauen bewehrte Hand hin, über die sich tausende von Narben wie Spinnennetze zogen.

Mit einem leichten Schaudern nahm Midnight die Hand und schüttelte sie. Er zog sie allerdings rasch wieder zurück, da seine Handinnenfläche brannte, als hätte er sie in einen Brutkasten von Glühwürmern gesteckt. Unauffällig betrachtete er sie kurz und seine stechend roten Augen huschten über die Brandblasen, die sich auf seiner blassen Haut gebildet hatten. Ein undefinierbarer Ausdruck trat in seine Augen und er blickte wieder sein Gegenüber an.

Ein Grinsen, bösartig und dämonisch, schlich sich auf das Gesicht des Teufels, als er Midnights Hand los ließ. ,,Du wirst zufrieden mit ihr sein. Sie hat noch nie versagt", meinte er und klopfte der Person im Kapuzenmantel, die links von ihm stand, auf die Schulter. Sie zuckte leicht zusammen, als sie zu Midnight geschoben, und ihr die Kapuze unsanft vom Kopf gezogen wurde. Midnight runzelte die Stirn über das hübsche Mädchen vor ihm. Sie konnte nicht älter als fünfzehn sein.

,,Sie ist sehr jung", stellte er fest und drehte eine ihrer dunkelroten Haarsträhnen zwischen zwei Fingern. ,,Perfekt für den Job", grinste er dann und nahm das schmale Gesicht des Mädchens in beide Hände, vorsichtig, um seine verbrannte Haut zu schonen.

,,Was sollst du tun, Mädchen?", fragte er leise.

,,Faolas Storm unauffällig im Auge behalten und regelmäßig Bericht erstatten", sagte sie monoton und zog sich ihre Kapuze wieder tief ins Gesicht, als bereite es ihr großes Unbehagen, dieses zu zeigen.

,,Und für wen sollst du es tun?"

Sie legte leicht den Kopf schief. ,,Für meinen Vater und für dich", sagte das Mädchen leise und sah kurz zum Teufel, der mit vor Stolz schwellender Brust wohlwollend auf seine Tochter hinabblickte. Midnight nickte.

,,Und warum sollst du es tun?", flüsterte er, so sachte, dass sich seine Stimme kaum vom Knistern des Kaminfeuers abhob.

Das Mädchen hob das Kinn und sagte leise, aber bestimmt: ,,Weil die Prophezeiung nicht in Erfüllung gehen wird. Die Alphas werden sterben."

Und als sie sich zum Gehen wandte, der Feuerschein für einen Augenblick ihr Gesicht erhellte, konnte man eindeutig das Glimmen in ihren Augen erkennen - Ungestüm, wild, und unglaublich teuflisch. 

Die Welt des Glücks ~ Das Buch der NachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt