Kapitel 7

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Gemeinsam setzten sie sich auf das Sofa und schwiegen eine ganze Weile. Akemi wusste nicht, was sie von der ganzen Situation halten sollte. Geschweige denn, was sie sagen sollte. Wenn sie unten in seinem Studio saßen, dann war das ja immer noch etwas Berufliches und distanziertes. Aber jetzt saß sie in seiner Wohnung, auf seinem Sofa und würde sogar heute Nacht noch dort schlafen.

Dazu kam noch, dass seine Nähe sie langsam nervös machte.  Sie hatte sich bereits selbst eingestanden, dass sie ihn attraktiv und unheimlich anziehend fand. Das machte die ganze Situation wirklich nicht angenehmer.

Auch ihr ungutes Gefühl stieg wieder an. Sie wusste nicht was genau es war, aber er strahlte etwas Gefährliches aus. Sie dachte darüber nach Ken zu schreiben, wo sie war. Nur für den Fall.

Genau das tat sie dann auch. Möglichst normal nahm sie ihr Handy aus der Hosentasche und schrieb eine knappe Nachricht an Ken. >>Muss heute bei Uta bleiben. Kann ich morgen in dem Café, in dem du arbeitet, vorbeikommen?<<.

Nach nur zwei Minuten bekam sie seine Antwort. >>Warum? Soll ich dich abholen?<<.

Akemi musste überlegen. Sollte sie einwilligen? Wäre es nicht unhöflich Uta gegenüber? Außerdem,.. Sie sah ihn aus dem Augenwinkel an. Als hätte er ihren Blick sofort gespürt, richteten sich seine Augen auf sie. "Hast du Angst?". " Was?".

Uta hatte natürlich alles was sie tat mitbekommen. In dem Moment, als sie begann zu tippen, wusste er, dass sie jemandem schrieb, wo sie war. Er konnte ihre Angst riechen.

Es war klug von ihr, jemanden wissen zu lassen, wo sie war. Auch wenn sie eingewilligt hatte hier zu bleiben. Er sah ihr an, dass sie mit sich haderte. Dass sie abwog, doch zu gehen.
"Du überlegst zu gehen".

"Ich,.. Tut mir leid".

Er ließ es sich nicht anmerken, doch ihre Worte irritierten ihn.
"Warum entschuldigst du dich? Das ist doch nur vernünftig. Du solltest niemanden vertrauen, den du nicht wirklich kennst. Aber keine Sorge, ich werde dir schon nichts tun. Ich will ja nicht meinen liebsten Kunden verärgern".

Sie fasste es vermutlich als Scherz auf, nicht wissend, wie ernst Uta es eigentlich meinte. Würde er ihr etwas antun, bekäme er nur Probleme mit dem Antik. Und mit Yoshimura wollte er sich nur ungern anlegen.

Außerdem war er sich sicher, dass auch in Kaneki einiges mehr steckte, als die meisten vielleicht vermuteten.

"Ich bleibe. Ich möchte nicht, dass Ken extra hier her kommt".

Er wusste nun, dass Ken  Bescheid wusste, wo sie war. Selbst wenn er vorgehabt hätte, ihr etwas zu tun, glaubte sie nicht, dass er es jetzt noch tun würde.

Ihr war bewusst wie naiv sie eigentlich war. Aber wenn sie ehrlich war, glaubte sie generell nicht, dass er ihr etwas antun wolle.

"Woher kennst du Ken eigentlich?".

Diese Frage hatte sie schon interessiert, seit sie das erste Mal hier war. Wann, wenn nicht jetzt,  wäre die perfekte Gelegenheit ihn mal ein wenig auszufragen.

"Eine gemeinsame Bekannte".

"Das Mädchen aus dem Antik?".

"Ja".

"Hat er sich ihretwegen so verändert?", überlegte sie laut.

"Was meinst du damit?"

"Ken ist irgendwie anders als früher. Deswegen habe ich mir große Sorgen gemacht. Aber vielleicht ist es ja ihretwegen. Läuft was zwischen den beiden?".

"Woher soll ich das wissen?"

"Hätte ja sein können".

"Warum machst du dir solche Sorgen um ihn? Er ISG immerhin 18 und kann auf sich selbst aufpassen".

"Ha, vor den Ghoulen ist kein Mensch sicher. Außerdem fühle ich mich einfach für ihn verantwortlich. Das war schon so, als wir ganz klein waren".

"Du fürchtest dich also vor den Ghoulen".

"Natürlich. Du etwa nicht? Ich glaube zwar, dass es sowohl schlechte, als auch gute Ghoule gibt. So wie es gute und schlechte Menschen gibt. Aber am Ende des Tages sind wir ihre Nahrung. Warum sollte ich also keine Angst haben? Vielleicht brauchen wir uns nicht vor allen fürchten. Aber es gibt mehr als genug, vor denen wir uns in Acht nehmen müssen".

"Wenn du es dir aussuchen könntest, wärst du lieber Mensch oder Ghoul?".

Ein langes Schweigen folgte. Die Frage hatte sie überrascht. Darüber hatte sie sich bisher nie nachgedacht.
"Ich müsste Menschenfleisch essen".

"Wärst du als Ghoul geboren, wäre es vollkommen normal für dich. So wie die meisten Menschen Tierfleisch essen".

"Ich müsste keine Angst haben, dass mich jemand essen will".

"Bist du sicher? Ich hab gehört, es soll Ghoule geben, die Kannibalen sind".

"Was?! Wirklich? Sie.. essen sich gegenseitig?! Das,.. ist furchtbar".

"Freut es dich nicht? So gibt es weniger, die dich essen wollen".

Ein Schauer lief ihr über den Rücken.
"Ja. Aber ich dachte Ghoule würden wie wir in einer Gemeinschaft leben. Aber so müssen sie sich ja sogar selbst vor ihres gleichen fürchten".

"Auch unter Menschen gibt es Mörder und andere Verbrecher. Sie müssen sich auch voreinander fürchten. Also, für was würdest du dich entscheiden?".

"Was ist mit dir?".

Wieder Schweigen.

"Unfair. Das war meine Frage".

Gefährliches VerlangenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt