Sie geht in den Park. Will ihren Kopf frei kriegen. Mal nichts hören außer das Plätschern des Baches und dem Zwitschern der Vögel. Weg von all’ den Stimmen, welche ihr befehlen, was sie zu tun hat, was gut für sie sei. Die ihr einreden und vorhalten, was sie alles falsch macht und falsch gemacht hat. Auch wenn sie nur ein paar Kilometer von dem Allem entfernt ist, fühlt sie sich sicher vor den ganzen Stimmen. Sie fühlt sich weit weg von all’ dem Stress und einfach seit langem mal wieder frei. Zu mindest freier als sonst. Sie läuft den gewohnten Weg im Park, als es plötzlich anfängt zu rascheln. Es ist ein Laubhaufen, über den sie läuft. Ein Laubhaufen voll mit Eichenblättern. Sie geht in die Hocke und nimmt sich eins. Langsam steht sie wieder auf, um weiterzulaufen. Nach einer kleinen Weile, kommt sie an eine, ihr nur allzu bekannte Schaukel. Diese hängt dort schon seit ihrer Kindheit an einem alten Baum. Sie setzt sich hin und beginnt langsam zu schaukeln. Nebenher beobachtet sie ihr Blatt. Es ist hellbraun und hat ein paar dunkle Punkte, welche sie an ihre eigenen Makel und Fehler erinnern. Doch sie findet sie nicht schlimm. Ganz im Gegenteil. Sie findet es passt zu dem Blatt. Die Punkte machen es so perfekt «unperfekt». Das Blatt hat Risse, wie sie selbst. Ein paar große und ein paar kleine, doch das macht es natürlich und irgendwie besonders und stärker. Die große, helle «Hauptader» des Blattes erinnert sie an den geraden Weg, welchen sie laut all’ den Stimmen gehen soll, doch da waren noch so viele kleine Adern und somit Möglichkeiten den Weg zu laufen und der Hauptstraße zu entfliehen. Auch durch die kleinen, unscheinbaren Adern kommt man ans Ziel. Sie denkt daran, wie sie damals mit ihrer Oma in genau diesem Park, Blätter für ihre Kunstmappe gesammelt hat … Sie erinnert sich daran, wie einfach damals für sie noch alles war. Ihr Vater hat sie genau auf dieser roten Schaukel angeschaukelt. Damals war es Frühling, doch jetzt ist alles dunkel und grau. Die rote, knallige Farbe der Schaukel ist verblasst und sie kann sich allein vom Boden abstoßen. Damals baumelten ihre Beine in der Luft. Sie hat es geliebt, wenn ihr Vater sie so sehr angestoßen hat, dass sie sich gefühlt hat, als würde sie fliegen und dann ist sie gesprungen und ins Gras gefallen, ist aufgestanden und hat begonnen zu lachen. Auf einmal nimmt sie Schwung, winkelt ihre Beine an und fliegt wieder genauso hoch wie damals. Dann springt sie ab und fällt in einen Blätterhaufen aus Eichenblättern, steht auf und beginnt zu lachen.
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Das Eichenblatt
Short Story"Das Eichenblatt" ist eine Kurzgeschichte, bei der ich mich an einem Eichenblatt orientiert habe und mich davon inspirieren ließ. In der Kurzgeschichte geht es um ein Mädchen, dass dem Erwartungsdruck ihrer Eltern entfliehen möchte und beschließt in...