Prolog

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Gwyneth

Sie war eine betrogene Betrügerin.

Spielte für die falschen Leute mit dem Feuer, und bemerkte erst als es zu spät war, dass sie sich als Einzige verbrannt hatte.

Der Verrat wurde ein Teil von ihr, und mit ihm kamen die Bitterkeit und das tiefe Verlangen nach Rache an jenen, die sie ihre Asse spielen und verlieren liessen.

Manchmal träumte sie nachts davon, wie es wohl wäre, wenn sie keine Gefangene ihres Feindes wäre. Wenn ihre Hände nicht in Roteisen steckten, welches sie daran hinderte, ihre Kräfte zu nutzen.

Kräfte, gegen welche selbst die stärkste Armee von Amiten, die menschlichen Wesen Cheons, die ihrer Spezies, den Zeitensehern, den Planeten weggeschnappt hatten, nicht angekommen wäre.

Was wäre, wenn?

Diese Frage, das hatte ihre Mutter dem Mädchen mit den aschblonden Haaren immer eingebläut, würde sie ins Verderben reissen. Und hier lag sie nun. Zitternd vor Angst und Kälte, die Hände bewegungsunfähig, mit vor Hunger schmerzendem Bauch, in einer Einzelzelle, dessen Wände die Kälte aufsogen und auf sie projizierten. Fühlte sich so Verderben an? Fühlte sich so Sterben an?

Aber ihr Ende war noch nicht gekommen. Und sie würde alles dafür tun, dass sie aus der nach Verwesung und Moder riechenden Strafanstalt für Schwerverbrecher lebend hinaus kommen würde.

Und wenn sie dafür durch Wände gehen musste.

Es wurde ein schwerer Eisenriegel zur Seite geschoben, und das Tippen von Fingern auf einem Wanderer-Pad war zu hören.

Diese Geräte wurden nur benutzt, wenn es um Geheimhaltungsstufe Hochtausend ging. Oder wenn man einen Schwerverbrecher, der dazu noch über übernatürliche Kräfte verfügte, bloss mit einem Zahlencode einsperren wollte.

Die Tür öffnete sich.

„Gefangene 73-1. Aufstehen! Mitkommen!" Der Befehlston, welcher den Gefangenen gegenüber herrschte, war rau und eintönig.

Die Gardisten verhielten sich wie Roboter, darauf programmiert, das zu tun, was man ihnen sagte.

Sie rollte sich von ihrer Pritsche hinunter, und stolperte gegen die harte Brust des Gardisten, der mitten in ihrer Zelle stand.

Die Erschöpfung kribbelte in ihren Knochen, und es fiel ihr schwer, sich wieder aufzurichten. Aber das musste sie auch gar nicht, denn im nächsten Moment wurde ihr Oberarm gepackt, und sie wurde aus ihrer Zelle geschleift.

„Wo bringen Sie mich hin?", versuchte sie die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, doch der Gardist beachtete sie nicht.

Das gleissend helle Licht der Deckenlampen blendete ihre Sicht. Seit Wochen hatte sie kein richtiges Licht mehr gesehen. Die Zelle zu verlassen war ihr in der Zeit, in der sie bis jetzt hier gewesen war, nicht erlaubt gewesen.

„Was wird das? Wo gehen wir hin?" Die erneute Bemühung den Gardisten, der sie immer noch ziemlich grob an ihrem Arm hinter sich her schleifte, auf sie aufmerksam zu machen, traf auf taube Ohren.

Er blieb ruckartig stehen, und blickte sie aus kühlen, grauen Augen an und für einen Moment dachte sie, er hätte seine Zähne gefletscht.

„Halt die Klappe! Ich werde dir nicht sagen, wo wir hingehen. Aber etwas solltest du wissen."

Sie zog eine Augenbraue hoch. „Es wird wehtun", beendete er seinen Satz, und ein schmerzendes Prickeln huschte über ihren Rücken.

Der junge Gardist schien zu begreifen, dass er gewonnen hatte, also zog er sie weiter mit sich, durch den sterilen weissen Gang, bis hin zu einer Tür, hinter welcher sich, das wusste sie, die reinste Hölle befinden würde.

Die ZeitenseherinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt