Prolog

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Vor zwei Jahren :

Der Hochsommer hatte die Stadt fest in seiner Hand. Seit Tagen brannte die Sonne auf die Menschen hinab, die Klimaanlagen der Geschäfte summten leise vor sich hin und in den Nachrichten wurde vom heißesten Sommer seit zehn Jahren berichtet. Die Menschen mieden den Tag mehr denn je. Überall in den Häusern liefen die Ventilatoren und Klimaanlagen, doch der Sommer schien auch von ihnen unbesiegbar. Es roch nach dem würzigen Düften der heißen Monate und den brennenden Abgasen der Großstadt, die die heiße Luft noch erstickender machten. Dumpf drückten sich die Motorengeräusche durch die Straßen und Gassen der Stadt, Zikaden zirpten in den hohen Gräsern, die im Sommer an den mit Graffiti beschmierten Fabrikmauern wuchsen, überall hatten die Bäume ihre Blätter hängen gelassen, als dürsteten sie nach Regen. Autos besiedelten die breiten Straßen der Großstadt, stauten lange Schlangen und pusteten ihre Abgase in die drückende, flimmernd heiße Luft.

Dies ist mit Abstand der heißeste Juli seit zehn Jahren. Die Meteorologen sehen keine Chance auf Regen in den nächsten zwei Wochen. Die Waldbrandgefahr ist auf höchster Stufe. Das Gesundheitsministerium möchte die Bevölkerung darüber informieren, wie wichtig die regelmäßige Flüssigkeitszufuhr in diesen Tagen ist..., hallte es aus dem Radio, das in dem leeren Internetcafé seit Stunden auf demselben Sender lief, der scheinbar nur drei Lieder kannte und sie, nur durch dieselben Nachrichten unterbrochen, in Dauerschleife spielte. Eine Klimaanlage summte im Takt dazu. Der Angestellte, der das Radio nicht ertragen musste, da er seine eigene Musik über riesige Kopfhörer hörte, verbarg sich hinter einem großen Monitor, über den er das Café überwachen konnte. Gelangweilt spielte er mit seinem Handy, denn an solch heißen Tagen, wie diesen, blieb das Internetcafé leer. Hitze stand in dem großen Raum, die Fenster ließen das ermüdende, flimmernde Licht der Sonne durch ihr Glas und erhitzten so die Plätze am Fenster. Dort wollte niemand sitzen, dort konnte man den Inhalt seines Bildschirms sowieso nicht erkennen und man drohte, trotz der summenden Klimaanlage, zu schmelzen. Nein, an solchen Tagen blieb das Internetcafé leer.

Es war leer, bis auf diese eine schwarze Gestalt in der hintersten Ecke, die mit schnellen Fingern über die klebrige Tastatur huschte. Das Gesicht hatte sie unter der Kapuze ihres Pullovers verborgen, den sie nur hier drinnen tragen konnte, denn draußen wäre sie darin wohl eingegangen, doch dank der diese Unbekannte auf dem Bildschirm des Angestellten nicht zu identifizieren war. Schnell huschten die schlanken Finger über die Tastatur und wer es wagte, einen Blick auf den Bildschirm zu werfen, würde nicht verstehen, was dort geschah. Zahlen tanzten über den Desktop, ein kleines Fenster war geöffnet und ein Quellcode wurde von dieser Fremden verändert.

Plötzlich veränderte sich der Desktop des Computers und ein fremder Desktop erschien. Der Eindruck eines Grinsens entstand auf dem im Schatten liegenden Gesicht.

„Mirroring complete.", flüsterte die Fremde mit leiser, heiserer Stimme. Mit einer einfachen Tastenkombination öffnete die Fremde einen Ordner, der nach einem Passwort verlangte.

„Natürlich.", zischte die Fremde. Aus der Bauchtasche ihres Pullovers zückte sie ein Handy und schloss es an den USB-Zugang des Rechners an. Ein neues Fenster öffnete sich und offenbarte eine Datei namens Crows Claw, die die Fremde aktivierte. Crows Claw machte sich sofort an die Arbeit. Binnen Sekunden durchrann es hunderte, sogar tausende Möglichkeiten eines Passwortes und es dauerte nicht einmal dreißig Sekunden, bis das Passwort zum Ordner geknackt war. Wieder schien die Fremde zu grinsen. „Bingo."

Als sich der Ordner auf dem fremden Desktop öffnete, öffnete sich auch die Tür zum Internetcafé. Ein junger Mann trat ein und gab dem Angestellten des Internetcafés lediglich ein Zeichen mit der Hand, bevor auch er sich an einen PC setzte.

Die Fremde durforstete währenddessen den Ordner. Sie schien etwas zu suchen, doch es war offensichtlich nicht so einfach, dieses Etwas zu finden, wie das Passwort zu knacken. Gerade, als diese Fremde eine weitere Datei aus ihrem eigenen Ordner öffnen wollte, griff jemand nach ihrer Schulter. Wie steifgefroren saß die Fremde eine Sekunde lang da, doch die Hand bewegte sich langsam zur Seite, bis sie die Tasten [Alt] und [F4] fand und sie drückte. Dann öffnete die Fremde mit schnellen Fingern das Ausführen-Dialogfeld, tippte cmd und dann shutdown /s, sodass sich der PC herunterfuhr. Erst nachdem all dies getan war, drehte die Fremde sich um. Die Augen blitzen bedrohlich unter der Kapuze hervor.

Codename: CROWWo Geschichten leben. Entdecke jetzt