Der erste Tag

9 0 0
                                    

Nervös betrat Tina das große Gebäude. Nachdem sie den Wegweiser studiert hatte, suchte sie das Zimmer mit der Nummer 01 und blieb vor der geschlossenen Tür einen Augenblick stehen. Sie blickte an sich hinunter und zupfte an ihrer Winterjacke. Der kurze Check hielt ihrem Blick stand. Nach einem tiefen Atemzug öffnete sie die Tür und ging in das Zimmer hinein, in dem sich die Leitung des Altenheims befand.
»Moin«, sagte sie aus Gewohnheit. Dabei fiel Tina sofort ein, dass es sich nicht um die übliche Begrüßung in Bayern handelte. »Guten Tag«, setzte sie nach.
»Ach, Frau Berger.« Die Leiterin des Heims sah von ihrem Schreibtisch hoch.
Tina zupfte nervös am Ärmel, während sie sich im Zimmer umsah. Die Möbel waren alle weiß und ließen den Raum steril wirken. In der Luft hing ein Hauch von Desinfektionsmittel.
»Sie können Elisabeth zu mir sagen«, sagte Frau Reinert. Sie musterte die junge Frau, die einige Meter von ihr entfernt verharrte.
»Ich bin Tina«, stellte sie sich knapp vor. Sie blieb auf der Türschwelle stehen und ließ den Blick ruhelos umher schweifen.
»Kommen Sie mit, ich zeige Ihnen zuerst, wo die Umkleideräume sind.« Frau Reinert klappte den Laptop zu, rutschte mit dem Stuhl nach hinten und stand schwerfällig auf. Sie öffnete schwungvoll die Tür und ging voraus aus dem Zimmer. Sie liefen an diversen Räumen, Teeküchen, Toiletten und Büros vorbei. Tina wurde währenddessen genauestens beäugt, nicht nur von den Bewohnern, die sie unterwegs antrafen, sondern auch von den anwesenden Pflegekräften. Sie ahnten, dass eine Neue heute anfangen würde.
Die Umkleidekabinen befanden sich im Keller. Es dauerte eine Weile, bis sie den Raum erreicht hatten. Das Gebäude ließ Tina an ein einziges, großes Labyrinth denken. So oft, wie sie nach links und rechts abgebogen waren, befürchtete sie, dass sie sich alleine hier nicht zurechtfinden würde.
Während sie ihre Arbeitsklamotten anzog, wartete Frau Reinert vor der Tür. In dem kleinen Raum gab es nur Schließfächer und einen einzigen Holzstuhl. Bevor Tina die Umkleide wieder verließ, um sich den neuen Aufgaben zu stellen, atmete sie einmal tief durch. Die Nervosität war immer noch da. Schließlich folgte sie der Leiterin in das erste Stockwerk. Frau Reinert hatte einen zügigen Schritt und rannte ihr voraus. Es dauerte nicht lange, bis sie einen Raum betraten, indem die Pfleger an den Rechnern saßen und Buchstaben in die Tastaturen klopften.
»Elena, kommst du bitte?«, sagte die Leiterin zu der großen Frau, die an dem ersten Computer Platz genommen hatte. Die Brünette drehte sich um, musterte die Neue durch ihre Brille und blieb weiterhin sitzen.
»Das ist Tina, unsere neue Pflegekraft. Weist du sie bitte ein?«
»Ja, mache ich«, antwortete Elena. Sie drehte sich wieder samt Stuhl um und konzentrierte sich auf ihren Bildschirm. Sie klopfte die Buchstaben auf der Tastatur weiter ein.
»Wenn etwas sein sollte, dann komm direkt zu mir«, sagte Frau Reinert zu Tina und verließ anschließend das Zimmer.
Tina ging auf Elena zu, gab ihr die Hand und stellte sich nochmals vor. Dass ihre neue Kollegin sie skeptisch beäugte, war ihr nicht entgangen.
»Gib mir bitte noch fünf Minuten«, sagte Elena beiläufig, während sie sich zurück zu dem Rechner umdrehte.
»Kein Problem«, antwortete Tina. Sie setzte sich währenddessen auf einen der freien Stühle, die um den großen Besprechungstisch in der Raummitte standen.
»Ich bin Marco.« Der junge Pfleger sah kurz hoch und lächelte seine neue Kollegin an. Er war bis soeben dabei, ein Formular auszufüllen.
»Freut mich«, antwortete Tina. Sie ließ anschließend ihren Blick im Raum umher schweifen. Die vielen Zettel, Formulare und Post-it-Zettelchen klebten überall an den Wänden, was typisch für einen Raum war, in dem die Pfleger ihre Büroaufgaben erledigen konnten. Dieser Bereich, der nur für Bürotätigkeiten diente, war sehr schlicht eingerichtet. Fünf Computerarbeitsplätze, zwei große Tische in der Mitte des Raumes und mehrere Holzstühle möblierten den Raum. Schließlich beobachtete sie die Pfleger bei der Dateneingabe und hoffte, diese Arbeit würde ihr erspart bleiben. Sie hasste Computer.

Es dauerte tatsächlich höchstens fünf Minuten, bis Elena plötzlich von dem Stuhl aufsprang und das Wort an Tina richtete.
»Los geht´s. Ich zeige dir zuerst den Bereich, indem du anfangen sollst.«
»Super.« Tina folgte ihr durch die Gänge. Sie war froh darüber, nicht klein geraten zu sein, so fiel es ihr nicht schwer, dem zügigen Tempo zu folgen.
»Das hier ist der Bereich A. Momentan wohnen hier zehn Bewohner. Zwei von ihnen sind nur in Kurzzeitpflege da«, erklärte Elena. Tina gab sich Mühe, dabei gut zuzuhören, was ihre neue Vorgesetzte sagte, und sich so viel wie es ihr möglich war zu merken.
»Ich würde vorschlagen, du läufst bei der nächsten Runde bei mir mit, dann lernst du schon ein paar Bewohner kennen.«
»Das klingt gut.« Auf die Heimbewohner freute sich Tina bereits. Sie mochte alte Menschen und liebte die Arbeit mit ihnen. Die Aufgaben, die in knapper Zeit erledigt werden mussten, waren ihr nicht unbekannt. So lief es überall in dieser Branche. Tina ahnte bereits, dass zu wenige Pflegekräfte zu viele alte Menschen betreuen mussten. In den meisten Altenheimen war dies der Fall. Unter diesen Umständen gab es nicht die Möglichkeit, alle Arbeiten ordentlich zu erledigen.
Während sie die ersten Bewohner kennenlernte, machte Tina sich Gedanken darüber, wie sie ihre Prioritäten setzen sollte. Wie in jedem Job gab es Dinge, die zuerst abgearbeitet werden mussten, und wiederum Aufgaben, die liegenbleiben konnten, weil sie nicht so wichtig waren und keine Zeit dafür übrig war.
An diesem Morgen betrat sie zusammen mit Elena als Erstes das Zimmer mit der Nummer sieben.
»Das ist Frau Luca.« Ihre Kollegin stellte die Frau vor, die sehr nah vor dem Fernseher saß und hinein starrte. Die Bewohnerin löste sofort den Blick von dem Flimmerkasten und sah die beiden Frauen an.
»Marta Federica De Luca!« Elena wurde sogleich von der Heimbewohnerin korrigiert. Die Frau musterte Tina von oben nach unten und spitzte ihre Lippen. »Ist das ein neuer Bruder?«, fragte sie.
»Nein, das ist unsere neue Pflegekraft Tina.«
Tina reagierte nicht überrascht, sie wurde früher des Öfteren als männliches Wesen abgestempelt. Durch die kurzen Haare und burschikosen Gesichtszüge wurde sie hin und wieder dem anderen Geschlecht zugeteilt.
»Ich freu mich Sie kennenzulernen, Frau De Luca. Wir werden bestimmt noch sehr viel Spaß miteinander haben«, sagte Tina laut, nachdem sie die Hörgeräte hinter den Ohren bemerkt hatte.
»Das glaube ich auch«, antwortete die alte Frau und fing erneut an, Tina zu begutachten.
»Sie hat Alzheimer«, sagte Elena. »Sonst ist sie körperlich noch recht fit und macht vieles noch selbst. Etwas Unterstützung beim Anziehen reicht in der Regel.«
»Okay.« In dem Moment bereute Tina es, kein Notizbuch bei sich zu haben. Sie hatte die Befürchtung, die vielen Informationen bei der großen Anzahl von Bewohnern sich nicht merken zu können. Das war schlicht unmöglich.
Als sie das nächste Zimmer betraten, lag der männliche Bewohner noch im Bett und war nur mit Boxershorts bekleidet. Er stöhnte kurz auf, als sich die beiden Frauen in seinem Zimmer befanden.
»Herr Weigel, nehmen Sie die Hand aus ihrer Hose«, schrie Elena.
Tina sprang vor Schreck zur Seite.
»Sorry«, entschuldigte sich ihre Kollegin. »Bei ihm musst du immer drauf Acht geben, dass er dir nicht an den Busen geht. Alter Lustmolch. Er ist sehr .... Na, du weißt schon.«
»So schlimm?«, fragte Tina. Sie schmunzelte, als sie den fragenden Blick des Bewohners erblickte.
»Schlimmer«, antworte ihre Vorgesetzte und schüttelte den Kopf. »Bei ihm ist Hilfestellung hier und da notwendig. Vieles macht er noch selbstständig.«
»Was kann er selbstständig tun?«, wollte Tina wissen.
»Essen, Zähneputzen und solche Dinge macht er selbst.«
»Anziehen?«, fragte sie.
»Beim Anziehen benötigt er etwas Hilfestellung. In die Ärmel schlüpfen oder Hosen hochziehen, das schafft er nicht alleine. Das Bücken und auch längere Strecken laufen, fällt ihm schwer.«
»Verstehe.« Tina versuchte, sich das zu merken.
»Aber lass dich keineswegs ausnutzen. Er erwartet oft mehr, vor allem, dass man ihn da unten anfasst und so. Ich sag ja, er ist ein Lustmolch vom feinsten.«
»Gut zu wissen.«
»Wir waschen ihn, ziehen ihn an und anschließend kann er in den Aufenthaltsraum zu den anderen Bewohnern. In der Regel hält er sich dort dann länger auf.«
Tina leistete Elena Hilfestellung, als sie Herr Weigel unter die Dusche brachte und anschließend wusch. Dass es ihm an manchen Körperregionen gefiel, angefasst zu werden, war nicht zu übersehen. Die zwei Frauen ignorierten es gekonnt und konzentrierten sich auf ihre Arbeit.
»Und du? Wo hast du vorher gearbeitet?«, fragte Elena beiläufig.
»Ich habe mit behinderten Kindern gearbeitet, in Hamburg. Fünf Jahre lang. Davor war ich allerdings in einem Altenheim beschäftigt«, antwortete Tina, während sie Herr Weigel abtrocknete.
»Ach okay, dann kennst du dich ja aus.«
»Ja, sicher. Klar, in jedem Heim läuft es etwas anders ab, aber die Bewohner zu pflegen, ist nichts Neues für mich. Ich habe etwa zehn Jahre Erfahrung in diesem Bereich. Allerdings muss ich erst wieder rein kommen.«
»Und du hast vorher in Hamburg gewohnt? Ist ja nicht gerade um die Ecke. Was treibt dich denn nach Bayern?«
»Die Liebe natürlich, was sonst.« Tina schmunzelte.
»Das muss aber eine große Liebe sein, wenn du alles in Hamburg stehen und liegen lässt.«
»Ja, das ist es. Meine Freundin ist etwas Besonderes. Meine große Liebe sozusagen.«
»Ich wusste, dass du zu denen gehörst.« Elena musterte Tina.
»Zu denen?«
»Na, zu den Frauen, die Frauen lieben.«
»Ich hoffe, du hast damit kein Problem?«
»Nein, habe ich nicht«, antwortete Elena knapp. Sie wendete sich ab und schenkte ihre Aufmerksamkeit wieder dem Bewohner.
»Klingt irgendwie nicht so.« Tina wollte es direkt klären. Solche Gespräche hatte sie schon oft geführt.
»Verstehe mich nicht falsch, Tina, aber alle Lesben, die bisher hier im Heim angefangen hatten, waren eine Katastrophe. Kampflesben und so. Mit denen bin ich nicht klargekommen. Aber du scheinst anders zu sein.«
»Danke.« Tina schmunzelte. »Ich gehöre nicht zu dieser Sorte lesbischer Frauen und bin, denke ich mal, sehr umgänglich.«
»Ich hoffe.« Elena zog Herrn Weigel die Hose hoch und machte den Knopf und Schlitz zu. »Kannst du ihn auf der anderen Seite halten?«
»Natürlich«, antwortet Tina und hielt den Bewohner am Arm fest. Er wurde von beiden Pflegerinnen jeweils an einem Arm gestützt und aus dem Zimmer geführt.
Sie begleiteten den alten Mann langsam in den Aufenthaltsraum und setzten ihn auf seinen Stammplatz. Die Frauen, die bereits dort um den Tisch herum saßen, beäugten ihn angewidert. Einige fingen an, zu flüstern. Nicht wenige Bewohner waren aber auch an der neuen Pflegerin interessiert und musterten sie neugierig.
Tina stellte sich vor die Gruppe und fing an, laut zu sprechen, sodass auch die Schwerhörigen verstehen konnten, was sie sagte. »Hallo. Ich bin die neue Pflegekraft Tina.«
Hier und da murmelte jemand ein Hallo und guckte interessiert. Die Bewohner fingen erneut an, zu tuscheln, jedoch diesmal nicht über Herrn Weigel, sondern über Tina. Sie ließ sich nicht beirren und lächelte freundlich in die Runde.
»Komm, lass uns weitermachen«, sagte Elena und zog ihre neue Kollegin am Ärmel.
Somit gingen sie zurück in den Gang der Station, aus dem sie vor wenigen Minuten gekommen waren. Die Tür zu Zimmer mit der Nummer neun stand offen.
»Na endlich«, rief die alte Frau, als sie Tina und Elena kommen sah. Sie sprang aus dem Bett, drehte eine Pirouette und lächelte die Frauen an. »Ich bin Elise Brehm.«
»Das freut mich, Frau Brehm. Ich bin Tina.« Sie gab der alten Frau die Hand.
»Aber Elise reicht auch. Sonst fühle ich mich so alt, wenn Sie mich siezen.« Frau Brehm zeigte ihr drittes Gebiss, als sie schallend lachte.
»Bei Elise musst du nicht viel machen. Sie ist total fit. Nur Essen bringen, Tee oder Kaffee. Alles andere erledigt sie problemlos selbst.«
»Das stimmt, ich bin fit wie ein Turnschuh«, sagte Frau Brehm.
»Elise, wie alt bist du, wenn ich fragen darf?«, fragte Tina neugierig.
»Hunderteins«, antwortete sie lächelnd und drückte dabei stolz ihre Brust nach vorne.
»Wow.« Tina konnte es kaum glauben.
»Sogar meine Haare drehe ich mir noch selbst auf«, bemerkte Frau Brehm.
»Ich freue mich, dich kennenzulernen, Elise. Du bist ja eine Nette, das sehe ich jetzt schon.«
»Das finde ich auch«, antwortete sie freudig.
»Wir sehen uns morgen«, sagte Tina und verließ zusammen mit Elena das Zimmer.
»Die anderen Bewohner habe ich bereits betreut, bevor du gekommen bist. Ich zeige dir jetzt unsere Küche, dann machen wir kurz Pause«, schlug ihre Kollegin vor.
»Pause klingt gut«. Tina war freudig gelaunt bei dem Gedanken an eine Tasse Kaffee und Zigarette.
Sie gingen den Weg wieder zurück, vorbei an dem Aufenthaltsraum und bogen in einen weiteren Gang ein. In dem Bereich C befand sich die Küche. Eine Pflegerin stand mit dem Rücken zur Tür und schnippelte für die Bewohner das Gemüse klein. »Hallo«, sagte sie, nachdem sie Tina und Elena hereinkommen hörte.
»Das ist Tina, ab heute neu bei uns«, sagte Elena.
»Hallo, ich bin Verena. Nur stundenweise als Küchenaushilfe da«, erklärte sie.
»Hallo Verena.« Tina sah sich in der Küche um. Sie wirkte extrem steril. Die Möbel waren weiß, die Wände ebenfalls und der Tisch genauso.
»Rauchst du?«, fragte Elena.
»Ja. Du auch?«
»Ja. Dann lass uns auf den Balkon gehen. Falls du Kaffee möchtest, der ist dort in der Kanne. Du kannst dir einfach einen nehmen. Tassen sind in dem Hängeschrank.«
Tina holte sich einen weißen Becher, goss einen Kaffee ein und folgte Elena, mit dem heißen Getränk in der Hand, auf den Balkon. Der junge Pfleger von heute Morgen, den Tina als Marco kennengelernt hatte, saß bereits draußen auf einem Stuhl und rauchte eine Zigarette.
»Und wie läuft's?«, fragte er Tina.
»Viel für den ersten Tag. Es ist schwer, sich alles zu merken, aber das wird schon. Ich habe ja zuvor Jahre lang in einem Altenheim gearbeitet, dauert bestimmt nicht so lange, bis ich mich auskenne.«
»Ach, cool. Dann schaffst du das bestimmt mit links«, antwortete Marco und zog kräftig an seiner Zigarette. »Quereinsteiger schaffen es oftmals nicht und hören nach ein paar Tagen wieder auf.«
»Das glaube ich«, sagte Tina.
Tina genoss die fünfzehnminütige Pause. Sie war froh über den warmen Kaffee, immerhin war Winter und auf dem Balkon bei zwei Grad Celsius nicht sonderlich warm. Elena war ebenfalls erleichtert, sich für ein paar Minuten setzen zu können. Alle drei starrten auf ihre Handys, während sie genüsslich an ihren Zigaretten zogen.
»Pause ist zu Ende«, sagte Elena. »Simone führt die Toilettengänge auf A durch. In der Zwischenzeit können wir das Mittagessen vorbereiten und verteilen. Das ist nicht so anstrengend wie der Dienst am Morgen. Zumindest auf der Station A nicht.«
»Na, dann los.« Tina steckte ihr Handy ein und folgte Elena zurück in die Küche.
Nachdem Elena ihr die Liste erklärt hatte, auf der genauestens dokumentiert war, wer was zum Essen erhalten sollte und wer was nicht essen durfte, erhielt sie einen Anruf von der Heimleitung. Tina sollte gleich zu ihr kommen, um einige Formulare zu unterschreiben und den fertigen Dienstplan für Januar abzuholen. So blieb ihr am ersten Tag die Verteilung vom Mittagessen erspart. Als sie wieder im ersten Stock ankam, waren alle Bewohner freudig am Essen und die Pflegekräfte legten eine kurze Pause ein, bevor sie sich an die Computer begaben.

Nachdem alle Bewohner zufrieden gestellt waren, blieb für die Pfleger noch eine halbe Stunde Zeit, um den heutigen Tag zu dokumentieren. Elena erklärte Tina, wie die Rechner zu bedienen waren.
»Hier wählst du den Bewohner aus und klickst alles an, was bei ihm gemacht wurde. Am Ende kannst du noch in dieses Feld rein schreiben, ob etwas Besonderes vorgefallen ist. Dann nur noch bestätigen und das war´s«, erklärte Elena.
»Boh, ich hasse Computer.« Tina hatte keine Geduld für diese Art von Technik.
»Es ist nicht schwer«, sagte Elena.
»Das sagst du so einfach. Ich werde es zumindest versuchen. Bleibt mir ja nichts anderes übrig«, gab sich Tina geschlagen.

Nachdem Tina bei der Eingabe zugeschaut hatte, gingen alle Pfleger in den Keller, um sich umzuziehen. Tina war froh, dass der Tag zu Ende war. Sie fühlte sich erledigt und in ihrem Kopf rauchte es. Zuhause angekommen versuchte sie, den Tag Revue passieren zu lassen und sich zu entspannen. Mit einem Kaffee und Zigarette saß sie eine Weile auf dem Balkon, bis es ihr zu kalt wurde und sie hinein gehen musste. Anschließend legte sie sich auf das Sofa und schloss ihre Augen. Begleitet von einem Traum über ihren ersten Arbeitstag schlief sie sofort ein.

Erst als ihre Freundin von der Arbeit nach Hause kam, wurde sie wach. Nachdem Jenny sie fragte, wie der erste Tag gelaufen war, konnte Tina sich alles von der Seele reden, was ihr sehr gut tat. Tina war müde und fühlte sich so erledigt, wie schon lange nicht mehr.
»Komm, lass uns früh zu Bett gehen. Morgen hast du wieder Frühdienst«, sagte Jenny schließlich zu ihr.
»Da habe ich nichts dagegen, aber eine Sache muss ich noch erledigen. Ich brauche unbedingt ein Notizblock. Diese vielen Informationen über die Bewohner kann ich mir nicht merken. Die muss ich mir aufschreiben.«
»Das ist eine gute Idee«, sagte Jenny und verschwand kurz im Schlafzimmer. Nach wenigen Minuten tauchte sie mit einem Notizblock in der Hand auf. »Passt das?«, fragte sie.
»Oh ja, das ist perfekt. Danke.«
Nachdem sie noch eine Weile geredet hatten, machten sie sich im Bad fertig und gingen zeitig schlafen. Ihre Freundin im Arm haltend, dachte sich Tina: Ich schaffe das schon. Ganz bestimmt. Sie schlief mit gemischten Gefühlen sofort ein.

Walzer, Wein & Altenheim Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt