⚜2-Taehyung⚜

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Ausgehungert fahre ich mir durch die Haare, versuche, das unangenehme - beinahe schmerzhafte Ziehen in meinem Magen zu ignorieren und schleiche auf dem sterilen Krankenhausflur herum, der penetrant nach Desinfektionsmittel und allem voran nach bittersüßem Blut riecht. Wieso ich mir das antue, weiß ich selbst nicht genau. 

Ich könnte mich ohne jegliches schlechtes Gewissen einfach auf die Krankenschwester stürzen, die gerade in Zimmer 2 einem Patienten das Abendessen und die Medizin bringt. Oder ich könnte meinen Hunger an der hübschen Stationsschwester stillen, die einsam und allein am Tresen hockt und ihre viel zu langen Fingernägel betrachtet. Doch all diese Optionen verwerfe ich wieder, denn ich muss lernen, meinen Hunger zu kontrollieren. 

Der eigentliche Grund, weshalb ich hier bin, sind die Blutkonserven, die im Labor gekühlt gelagert werden. Diesen Tipp habe ich von meiner Schwester erhalten, die mir des Nachts Austritt gewährleistet. Schon seit so vielen Jahrzehnten gibt sie akribisch auf mich Acht, damit sich die Geschichte nicht wiederholt.

Ich schleiche also über den Flur, presse die gestohlene Blutkonserve, die ich unter meinem Trenchcoat versteckt habe an meine Seite und verlasse, ohne tatsächlich aufzufallen das Krankenhaus.

Auf den nächtlichen Straßen kommen mir nur noch vereinzelt Leute entgegen, die für mich eine ziemlich große Versuchung darstellen und ich im Begriff dazu bin, mich im Dunklen auf sie zu stürzen und ihnen die Kehle durchzubeißen. Doch meine Schwester sitzt in Form eines kleinen Engels moralisch auf meiner Schulter und versucht mich imaginär zu zügeln. 

Deshalb meide ich kleinere Seitengassen, denn in denen bin ich nur noch mehr versucht potentielle Blutspender mit meinen Reizen zu locken und an ihnen meinen Hunger zu stillen. Es fühlt sich deshalb für mich wie eine halbe Ewigkeit an, was ziemlich ironisch ist, da ich die noch vor mir habe, bis ich endlich bei meinem Häuserblock ankomme. 

Leise seufzend steige ich die Treppen herauf, öffne die Tür zu meinem momentanen Zuhause, wo ich für eine Weile eine Wohnung gemietet habe. Normalerweise bleibe ich nie lange an einem Ort, denn das würde nur für mehr Aufmerksamkeit sorgen, da ich nie älter werde. Und Aufmerksamkeit kann ich mir nicht leisten. Ich muss unauffällig bleiben, ehe mein Vater seine Drohungen wahr macht...

Als ich über die Schwelle meiner Tür trete, bemerke ich sofort den süßen Duft frischen Blutes, welches sogleich meine Sinne reizt. Ich bemerke sofort, dass ich nicht alleine bin und spüre im nächsten Augenblick, wie sich mir jemand von hinten nähert. Mit einem Satz schmeiße ich den Eindringling zu Boden, fahre zischend meine Fangzähne aus und hocke mich auf den warmen Körper, der sich kläglich unter meinem Gewicht windet. Sein Duft, sein Blut, welches ängstlich durch seine Venen rauscht, treibt mich geradezu in den Wahnsinn. Ehe ich hungrig meine Zähne in seine weiche Halsmulde rammen und meinen nie endenden Hunger stillen kann, krächzt er:  »Bitte...bring mich nicht um!«

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⏰ Last updated: Jul 19, 2020 ⏰

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𝑽𝒂𝒎𝒑𝒊𝒓𝒆 𝑲𝒊𝒔𝒔Where stories live. Discover now