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Vielleicht war es der Stress und die Wut, die dich durch die Arbeit aufgestaut hatten. Vielleicht war es auch die kürzliche Trennung von ihrem Freund. Wahrscheinlich aber, war es der Tod ihrer Schwester vor wenigen Wochen, der Darcy nun dazu trieb, hier im Regen zu stehen, am Rand dieser unsäglichen Stadt und an Kelsys Tür zu klopfen. Das Wasser lief in den Krangen ihrer Regenjacke, nachdem der Wind ihr mehrere Male die Kapuze vom Kopf geweht hatte. Sie klopfte erneut. Kelsy hatte ihr diese Adresse gegeben, warum öffnete niemand? Darcy trat von der Haustür zurück und besah sich das Haus vom Gehweg. Es war nicht sehr groß, wie alle Häuser in dieser Straße, doch wirkte es noch trostloser und heruntergekommener als die anderen. Sie konnte sich nicht vorstellen, das Kelsy in diesem Haus wohnte. Auch wenn sie sie einige Jahre nicht gesehen hatte, war sie sicher das sie sich eine bessere Unterkunft leisten konnte. Von ihrer Tante wusste Darcy, dass Kelsy schon seit einer Weile einen Job bei einer Immobiliengesellschaft hatte. Nicht zuletzt aus dem Grund war Darcy überrascht ein solches Haus anzutreffen, als sie aus ihrem Golf stieg. Der Himmel verdunkelte sich immer mehr, dabei war es erst vier Uhr nachmittags im April. Darcy wollte einen Blick durch die Fenster erhaschen, doch von drinnen waren die Gardinen zugezogen und sie konnte nichts erkennen. Als auch beim dritten Klopfen niemand öffnete, drehte Darcy sich schließlich verärgert um und ging zu Straße auf ihren Wagen zu.

„Darcy?", rief plötzlich eine Stimme über den Regen. Darcy blieb stehen und drehte sich um. Durch den dichten Regen erspähte sie eine Frau im Türrahmen. Die Frau winkte sie zu sich und verschwand im dunklen Flur. Darcy war bemüht, ihr schnell zu folgen um dem Regen zu entkommen, in der Haustür, blieb sie jedoch wieder stehen. Der Flur war klein und dunkel. Es roch leicht metallisch und nach Holz. Der Geruch erinnerte sie an die Werkstatt, in der sie früher ihrem Großvater bei der Arbeit zugesehen hatten.

„Kelsy?", rief Darcy durch den Flur. Vom Flur gingen zwei Türen und eine schmale Treppe in das Obergeschoss ab. Die Türen waren beide geschlossen.

„Oben.", rief Kelsy. Darcy zögerte und gab einen leises Stöhnen von sich bevor sie die Haustür schloss und die knarzende Holztreppe hinauf nach oben ging. Das Obergeschoss bestand aus einem einzigen Raum, mit zwei abgeschrägten Wänden, von denen bereits der Putz kam. Die beiden Fenster waren schmutzig, so wie die Holzdielen am Boden. Erhellt wurde der Raum einzig von einer nackten Glühbirne, die von der Decke hing. In der Mitte des Raumes, standen zwei ungleiche Stühle und ein kleines abgewetztes Sofa vor einem Klapptisch. Das einzige, das nicht so aussah, als sei es von einer Mülldeponie geklaut worden, war der Schreibtisch an der gegenüberliegenden Wand und der Computer, der drauf stand.

„Ich hab fast nicht damit gerechnet, dass du kommst.", sagte Kelsy, die wie aus dem nichts neben ihr erschienen war. Sie grinste und umarmte Darcy. Darcy war zu überrumpelt und verwirrt um die Umarmung, geschweige denn eine Antwort zu erwidern.

„Ich hätte gar nicht mitgekriegt, dass du da bist, hätte Ivy nicht den Wagen an der Straße gesehen.", sagte Kelsy und ging an Darcy vorbei auf den Schreibtisch zu. Erst jetzt entdeckte sie die junge Frau, die in einer Ecke des Zimmers an die Wand gelehnt stand und etwas in ihre Handy tippte. Sie sah auf, lächelte Darcy an und hob die Hand zum Gruß.

„Oh ja.", sagte Kelsy, die sich an den Schreibtisch gesetzt hatte. „Darcy, das ist Ivy, eine Freundin. Wir haben uns bei den Wahlen kennengelernt. Ivy, Darcy, meine Cousine."

Darcy blieb unentschlossen in der Tür stehen.

„Die Wahlen?", fragte sie. Kelsy nickte, sah aber nicht vom Bildschirm des Computers auf.

„Ich dachte, Mom hätte dir davon erzählt.", sagte sie.

„Nein. Sie hat mir nur von deinem Job erzählt." Ivy stieß sich von der Wand ab und setzte sich auf das Sofa. Mit einer Handbewegung bot sie Darcy an, sich zu setzen.

The Sparks of RiotWo Geschichten leben. Entdecke jetzt