Weshalb ein Suizidversuch gar nicht mal so easy ist

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Ich bin gerade von der Schule nach Hause gekommen und nun sitze ich hier vor meinem verkokelten Mittagessen. Kochen war einfach noch nie mein Ding...

Meine Eltern sin beide noch arbeiten und neben kochen konnte ich außer Kakteen verdursten lassen generell nicht allzu viel wirklich gut. Nachdem mir mal bei einem versuch in Chemie mein Jackenärmel verbrannt ist (und das bei einem versuch ohne Feuer!) nannten mich meine Mitschüler immer Bomben-Charly. Ich war total das Mobbingopfer und deshalb hatte ich heute in Mathe den Entschluss gefasst mich umzubringen. Na ja... nach 45Minuten Satz des Pythagoras würde wohl jeder kapitulieren. Oder wenigstens überlegen wie man sich mit den einzigen Stift den man noch nicht verloren hat am effektivsten umbringen könnte.

Ich kippte die letzten Stücke meiner Bratkartoffeln die ich noch nicht zu Holzkohle verwandelt hatte in den Mülleimer und ging in mein Zimmer. Vielleicht könnte man sich mit besagtem Stift die Pulsadern aufschlitzen? Ich kramte in meiner Schultasche und fand (nach einer Banane die bei meinem Anblick vor schreck aus der Tasche Sprang) Endlich einen zugegebenermaßen sehr kurzen, stumpfen Bleistift. Spitzer? Geklaut... den hat bestimmt immernoch Marie, und das nun schon seit der ersten Klasse. Falls sie ihn noch nicht verloren hat würde ich ihn gerne mal wieder haben.

Okay, eine andere Technik muss her. Ich klappte meinen Laptop auf und suchte nach „Suizid einfach". Der erste Treffer war die Nummer einer seelsorgestelle. Der zweite Treffer ein Artikel mit dem Titel „Einfach unglaublich- Witwe findet Selbstmörder in Gartenschuppen"- tja, hätte die frau mal besser auf ihren Mann aufgepasst. An seiner Stelle hätte ich wahrscheinlich auch keinen Ausweg mehr gewusst – ich klappte den Laptop wieder zu und ging ins Bad. Mein Blick fiel auf den Fön. Auch keine schlechte Idee...

Ich ging noch ein letztes mal auf die Toilette und holte dann einen Notizblock aus meinem Zimmer. Und überlegte... was schreibt man denn in so einen Abschiedsbrief? Ich begann mit „Mama, Papa, es tut mir leid" klang irgendwie nach „Mesdames, Messieurs, merci, Salut". Reicht ja eigentlich auch... ich faltete den ohnehin schon verknickten Zettel in der Mitte und legte ihn auf meinen Schreibtisch. Dass ihn bei dem Chaos jemals jemand finden wird ist sowieso fraglich!

Ich nahm mein Handy und suchte auf YouTube nach depri Musik... ich will ja die richtige Atmosphäre schaffen wenn man mich finden würde. Ich startete das erste Lied was mir vorgeschlagen wurde. Ein Klavier klimperte seine immer wiederkehrenden drei Töne. Kurz darauf begann ein mehr oder weniger (aber eher weniger) begabter typ einen unglaublich schlecht getexteten Deutschrap in das Mikro zu schmettern. Und das in einer Tonlage dass ich kurzzeitig dachte, dass ich den Fön doch nicht brauchen würde.

Ich lies mir warmes Wasser in der Badewanne ein und suchte mir währenddessen ein angemessenes Outfit. Was zieht man denn an wenn man sich das Leben nehmen will? Es ist schließlich mein erster Suizidversuch. Letztendlich entschied ich mich für meine geliebte skinny Jeans und einen dicken oversize Pulli. Ich stellte das Wasser aus und wechselte von der anfangs gewählten depri Musik zu Helene Fischer. Wenn schon, dann wenigstens mit Anstand sterben. Helene fing an zu singen „aaatemlos durch die Nacht" . den Text fand ich viel passender und von der Stimme her hatte ich ja nur die Wahl zwischen unfähigem typ und unfähiger Frau. Und weil Frauen toll sind hab ich mich dann für die gute alte Helene entschieden um den Sanitätern den tag gleich mit zu versauen.

Ich setzte mich in die Badewanne und meine Klamotten waren sofort vollgesogen. Ich angelte Richtung Waschbecken um den bereitgelegten Fön zu greifen aber ich kam nicht dran. Ich stand in der Wanne auf, rutschte aus und landete unsanft im Wasser welches so spritzte dass das Bad nun auch nass war. Na ja, nicht so schlimm. Ich stellte mich erneut hin, diesmal mit mehr Erfolg und setzte einen Fuß auf den Boden. Meine Klamotten klebten an mir und das Wasser lief auf den eh schon nassen Fliesenboden. Die Warnung dass man immer eine Badmatte benutzen solle war also echt nicht unbegründet. Ich griff den Fön und wollte mich grad wieder hinsetzen als ich hörte wie der Stecker aus der Steckdose gerutscht war. Fuck! Das Kabel ist zu kurz!

Ich stieg erneut aus der Wanne. Klatschnass wie ich war hinterließ ich eine wasserspur vom Bad bis zum Keller auf der suche nach einem Verlängerungskabel. Nichtmal in ruhe sterben kann man hier, dachte ich als meine Katze sich lautstark über das Wasser im Flur beschwerte. Solll sie sich halt mal nicht so anstellen. Im selben Moment hörte ich wie sich ein Schlüssel in der Haustür drehte. Verflixt!

Papa kam in den Keller uns sah mich dann da stehen, nass, in Klamotten, mir Verlängerungskabel in der Hand, oben der Gesang von Helene Fischer und von dort aus auch die spur in den Keller...

„ich...", stammelte ich, „ich... ich wollte baden aber habe vergessen mich auszuziehen und dann habe ich die Katze gehört die im Keller randaliert hat.... Ich bin also runter und dann lag da das Kabel und das wollte ich grad aufräumen..."

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⏰ Last updated: May 24, 2019 ⏰

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